Magnolia Haven 02 - Mittagsglut
dabei anzusehen, reichte er ihr eine Fünzig-Dollar-Note, verabschiedete sich rasch und strebte zur Tür.
Als er wenige Minuten später auf der Straße stand, atmete er ein paar Mal tief durch und fragte sich, was er am nächsten Tag wohl alles erfahren würde.
18
»Endlich zuhause«, ging es Olivia erleichtert durch den Kopf, als das Taxi vor dem Eingang des Herrenhauses auf Magnolia Haven anhielt.
Sie bezahlte den Fahrer, ließ sich von ihm noch ihre unzähligen Koffer und Taschen ins Haus bringen und schaute sich suchend in der Halle um.
Martha kam auf sie zugeeilt. »Hallo Mrs. Prescott, schön dass Sie wieder da sind«, begrüßte sie sie höflich und wollte nach dem Gepäck greifen.
»Wo ist Mr. Prescott?«, fragte Olivia barsch, ohne den Gruß zu erwidern.
Die junge Frau machte eine Kopfbewegung in Richtung des Esszimmers. »Beim Frühstück.«
»Beim Frühstück?« Olivia runzelte die Stirn. »Es ist elf Uhr.«
Hilflos zuckte Martha mit den Achseln und hielt es für besser, darauf keine Antwort zu geben.
Mit energischen Schritten steuerte Olivia auf das Esszimmer zu und riss die Tür auf.
»Olivia, meine Liebe«, tönte ihr Tom fröhlich entgegen. »Sind denn die sechs Monate tatsächlich schon um?«
»Sieht wohl so aus«, sagte sie spitz und warf dann einen fragenden Blick auf Robert, der neben Tom saß. »Was macht er denn hier? Ist Michael etwa zurück?«
»Nein. Robert ist … mein Gast.«
»Dein Gast«, wiederholte sie irritiert. Erst jetzt bemerkte sie, dass Tom am Kopfende des Tisches thronte, auf dem Platz, auf welchem Jake üblicherweise saß. Eine dunkle Vorahnung überkam sie.
»Wo ist Jake?«, fragte sie scharf.
Tom grinste. »Nicht mehr da.«
»Was soll das heißen, ‚nicht mehr da‘?« Ihre Stimme überschlug sich beinahe.
»Nun, eben nicht mehr da. Er hat es vorgezogen, sich mit seinem kleinen Flittchen aus dem Staub zu machen.«
Olivias riss die Augen auf. »Mit seinem kleinen Flittchen? Sprichst du von Joanna?«
»Genau. Nachdem er so blöd war, sie zu schwängern, blieb ihm nichts anderes übrig, als hier zu verschwinden. Bestimmt sind die Zwei jetzt irgendwo weit weg, haben sich fürchterlich lieb und spielen glückliche Familie.«
»Schwanger«, ächzte Olivia fassungslos.
Also doch. Sie hatte es geahnt. Die ganze Zeit hatte sie geahnt, dass die Beziehung zwischen Jake und Joanna nicht so harmlos war, wie es die beiden nach außen immer dargestellt hatten. Und nun hatte dieses kleine Miststück sich nicht nur Jake unter den Nagel gerissen, sondern ihm auch noch ein Balg angehängt.
»Ich hätte sie rauswerfen sollen«, dachte sie wütend, »sie hätte niemals hierbleiben dürfen – und das ist alles Toms Schuld.«
Zornig machte sie einen Satz auf Tom zu und packte ihn am Ärmel seines Hemds.
»Du Mistkerl, du hast mir versprochen, dass
sie
weg ist, wenn ich zurückkomme. Davon, dass Jake mit ihr geht, war nie die Rede gewesen«, schrie sie ihn an.
Gleichgültig zuckte er mit den Achseln. »Du kennst ja Jake, er ist eben ein unverbesserlicher Romantiker.«
»Wie konntest du das zulassen?«, tobte sie weiter und schüttelte seinen Arm. Dann hielt sie plötzlich inne und starrte ihn an. »Du hattest das von Anfang an geplant, stimmt‘s? Du wolltest, dass er verschwindet, damit du dir Magnolia Haven unter den Nagel reißen kannst.«
»Wie scharfsinnig du doch bist«, grinste Tom.
»Du verdammter Scheißkerl, ich werde dafür sorgen, dass Jake zurückkommt«, zischte sie ihn an.
Sie hatte noch nicht richtig ausgesprochen, da sprang Tom auf, schlug ihr so heftig ins Gesicht, dass sie zurücktaumelte.
»Das würde ich mir an deiner Stelle gut überlegen«, drohte er. »Du kannst es dir aussuchen: Entweder hältst du deine dämliche Klappe und genießt weiter dein sorgenfreies Leben hier, oder dein lieber Jake wandert hinter Gitter. Er hat sich an einer Minderjährigen vergriffen, du weißt, dass die Richter mit so etwas nicht spaßen.«
Wütend rieb Olivia sich die Wange und funkelte ihn an, und er fügte kalt lächelnd hinzu: »Es dürfte auch in deinem Interesse sein, dich zurückzuhalten – wir wissen schließlich beide, dass du ebenfalls keine weiße Weste hast.«
Unruhig rührte Jake in seiner Kaffeetasse herum. Es ging bereits auf die Mittagszeit zu und Elisabeth war bisher noch nicht aufgetaucht. Fast befürchtete er, sie habe es sich anders überlegt, oder hätte keine Möglichkeit gehabt, das »Red Lantern« zu verlassen, da sah er sie
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