Magnolia Haven 02 - Mittagsglut
diesen Sachen belasten.«
»Das ist ja im Prinzip auch richtig, aber ich denke, dass es auf Dauer nicht gut sein wird, wenn ihr diese Dinge totschweigt. Irgendwann wird das unweigerlich wieder ans Tageslicht kommen, und wer weiß, was dann passiert.«
»Ich glaube, Jake hat Angst, die Wahrheit zu erfahren«, sagte Joanna leise. »Immerhin habe ich zugegeben, dass ich aus einem Bordell komme, und Tom hat es ja so dargestellt, als hätte ich mich dort verkauft. Wahrscheinlich fürchtet Jake sich davor, zu hören, dass die Mutter seines Kindes eine Prostituierte ist. Für seinen Seelenfrieden ist es einfacher, dieses Thema zu vergessen.«
Jake hatte das Thema nicht vergessen. Er dachte ununterbrochen daran. Im Prinzip war er bereit, Joanna wieder zu vertrauen, er liebte sie, und sie wäre sicher nicht bereit gewesen, dieses kärgliche Leben hier mit ihm zu führen, wenn sie ihn nicht ebenfalls lieben würde.
Ihm war bewusst, dass sie sich irgendwann aussprechen mussten, er spürte, dass sie sich genauso damit herumquälte wie er, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. Allerdings war ihm klar, dass diese Aussprache ihr sehr zusetzen würde, und er wollte ihr jede unnötige Aufregung ersparen.
Eines Abends, als er in der Schublade des kleinen Schreibtischs nach einem Katalog suchen wollte, fiel sein Blick auf einen angefangenen Brief, der offen darauf lag. Er stutzte, als er die Anrede sah. Joanna war bereits im Bett, und obwohl er nicht die Absicht hatte, zu schnüffeln, gab er seiner Neugier schließlich nach und las weiter.
»Liebe Mom,
auch wenn Du mir auf meine vielen Briefe leider nicht antworten kannst, schreibe ich Dir trotzdem, damit Du weißt, dass es mir gut geht. Jake und ich haben uns wieder versöhnt, und ich bin überglücklich, denn ich liebe ihn wirklich sehr. Das Baby wächst und gedeiht, und ich kann es kaum abwarten, bis es endlich so weit ist. Nur noch ein paar Wochen, dann bist Du Großmutter. Ich habe ein bisschen Angst vor der Geburt, aber Jake wird bei mir sein, und es wird sicher alles gutgehen. Einen Namen haben wir uns noch nicht überlegt, weil wir ja noch nicht wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Ich glaube, Jake hätte gerne einen Sohn, und ich hoffe, ich kann ihm diesen Wunsch erfüllen.«
Hier hörte der Brief auf, und erschüttert ließ Jake das Blatt sinken. Zum einen berührte es ihn zutiefst, wie liebevoll Joanna über ihn sprach, zum anderen war er mehr als irritiert darüber, dass ihr Mutter offenbar lebte.
Auf Phillips Jacht hatte Joanna von einem entfernten Onkel gesprochen, der ihr Vormund sei – ganz offensichtlich hatte sie ihn belogen. Sein Magen krampfte sich zusammen, und er fragte sich, ob Toms Behauptungen vielleicht doch der Wahrheit entsprachen.
Er drehte das Briefkuvert herum, welches neben dem Schreiben lag, es war an eine Elisabeth Shepherd im »Red Lantern« in New Orleans adressiert.
Der Name »Red Lantern« ließ keinen Zweifel daran, um was für ein Etablissement es sich dabei handelte, und ihm wurde hundeelend.
Nach kurzem Überlegen fasste er einen Entschluss. Er liebte Joanna, er war bereit, ihr zu vertrauen und er wollte sie nicht wieder verlieren, aber er musste sich Klarheit verschaffen, und es war besser, das selbst zu tun.
»Liebling, ich werde morgen für ein oder zwei Tage wegfahren«, erklärte er am nächsten Abend, als er mit Joanna im Bett lag.
Überrascht sah sie ihn an. »Wohin denn?«
»Ich habe da jemanden in Galveston, der mir eventuell günstig eine Baumwollpresse und ein paar andere Geräte verkaufen würde«, log er, und fühlte sich dabei äußerst unbehaglich. »Es wäre einfacher, wenn ich die Baumwolle selbst pressen könnte, das spart mir eine Menge Zeit und Geld.«
»Ja sicher«, nickte sie, »das ist eine gute Idee.«
»Ich würde dich ja mitnehmen, doch ich glaube, die lange Fahrt wäre zu anstrengend für dich«, fügte er noch hinzu.
»Schon gut«, sie kuschelte sich an ihn, »ich werde dich zwar fürchterlich vermissen, aber du hast recht. Ich würde dir sowieso nur zur Last fallen, weil du alle fünfzehn Minuten anhalten müsstest, damit ich zur Toilette gehen kann.«
Er lächelte. »Bald hast du es hinter dir, und wenn der Kleine dann etwas größer ist, fahren wir zusammen ein paar Tage weg.«
»Der Kleine?«, wiederholte sie schmunzelnd. »Also wünschst du dir doch einen Sohn?«
»Naja«, er zwinkerte ihr zu und küsste sie, »es wäre ein guter Anfang.«
17
Als Jake am darauffolgenden
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