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Maienfrost

Maienfrost

Titel: Maienfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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schlug ihm anerkennend auf die Schulter. »Wie es aussieht, habe ich mich wohl in dir getäuscht. Einen besseren Weg, um die Polizei in die Irre zu führen, hätte selbst ich nicht finden können.« Sein Lob ließ ihn erkennen, dass er es geschafft hatte, sich des Namens Austen würdig zu erweisen. Als Zeichen seiner Anerkennung bedachte ihn sein Vater mit einer wertvollen Gabe. Gleichzeitig weihte er ihn in das mit ihr verbundene Familiengeheimnis ein. Flimmerndes Gold tanzte vor seinen Augen, als er, den Blick auf das Geschenk gerichtet, davon Besitz ergriff. Einem Kreisel gleich, begann sich daraufhin die Welt um ihn zu drehen. Was als langsamer Reigen begann, mündete in einem halsbrecherischem Finale. Sein Leben schien sich auf Bilder zu reduzieren, die Schneeflocken gleich, durcheinander wirbelten. Bei dem Versuch sie zu ordnen, verloren sie sich im Nichts. Die daraufhin folgende Offenbarung ließ ihn starr vor Schreck werden: der Finsternis einer mondlosen Nacht entlehnt, sah er ein elfenhaftes Wesen auf sich zuschweben. Der Albtraum, den er nach dieser Nacht für immer gebannt wähnte, begann erneut. Während Carmen sich anschickte, ihn zu verspotten, vernahm er plötzlich von ganz weit her ein Geräusch, das ihn intuitiv in Alarmbereitschaft versetzte und ihn schweißüberströmt erwachen ließ.
    Blinzelnd sah er sich um. Im Zimmer war es der geschlossenen Fensterläden wegen stockdunkel. Sein Herz galoppierte. Darum bemüht, Ruhe zu bewahren, erhob er sich und verließ das Zimmer. Auf dem Gang angekommen, lauschte er nach unten. Jemand machte sich in der Garage zu schaffen, er hörte es ganz deutlich …

22
    Die geöffnete Hecktür des Transporters gab den Blick auf eine, auf der Ladefläche stehende Plastikbox frei. Nachdem Henning sie zu sich herangezogen hatte, nahm er sie in Augenschein. Sie enthielt mehrere verschweißte Einwegspritzen und eine mit wasserklarer Flüssigkeit gefüllte Glasampulle. Obwohl das Behältnis keine Aufschrift trug, ahnte der Kommissar, dass es sich um Kaliumchlorid handelte. Auf der Suche nach weiteren Indizien fiel ihm ein Müllsack auf, der achtlos hingeworfen, an der Innenwand des Transporters lehnte. Als er ihn aufgeschnürt hatte, kamen ein dünnes rotes Trägerkleid und ein paar hochhackige Absatzsandaletten zum Vorschein. Den Gegenständen nach zu urteilen, konnte es sich nur um die Kleidung eines der Opfer handeln. Den Müllsack in der Hand, nahm er hinter sich eine Bewegung wahr.
    Instinktiv duckte er sich. Seine Reaktionsschnelle hatte ihm womöglich das Leben gerettet. Einem Schatten gleich nahm er über seinem Kopf die Umrisse eines eisernen Schürhakens wahr, der, da es ihm gelungen war ihm auszuweichen, nun mit ungeminderter Wucht gegen die Metalltür des Transportes prallte. Während Henning herumwirbelte, griff er, einem Reflex folgend, nach der in seinem Hosenbund steckenden Pistole.
    Perplex starrte Pascal Austen in die Mündung der Waffe.
    »Hände hoch und umdrehen!«, befahl der Kommissar. Den Immobilienmakler mit dem mehr zu seiner Beruhigung als zu seinem Schutz dienenden Revolver in Schach haltend, tastete er ihn ab. Als er sicher sein konnte, dass der Mann unbewaffnet war, zog er sich zurück. Aus ihm angemessen erscheinender Distanz wies er ihn an, sich langsam auf die neben der Tür stehende Holzkiste zu setzen.
    Nachdem der Immobilienmakler, seinen Anweisungen Folge leistend, mit erhobenen Händen Platz genommen hatte, sah sich Henning nach etwas Brauchbarem um, womit er ihn fesseln konnte.
    »Sie müssen sich nicht die Mühe machen, mich wie ein Paket zu verschnüren. Ich habe auch so begriffen, dass das Spiel aus ist«, gab Pascal Austen ihm zu verstehen.
    Henning überlegte. Ihn festzubinden, erforderte, sich ihm mit der Waffe zu nähern. Angesichts des damit verbundenen Risikos, hielt er es für vertretbar, darauf zu verzichten. Um seine Überlegenheit zu demonstrieren, beschied er ihm: »Mich auszutricksen, würde Ihnen auch nichts nützen. Ich habe die Polizei benachrichtigt. Sie wird in Kürze hier sein.« Seine Worte, obwohl erlogen, schienen zu wirken.
    Die Männer musterten einander. Es war offenkundig, dass der Kommissar auf eine Erklärung wartete. Anstelle einer Antwort überschattete eine plötzliche Traurigkeit Pascal Austens zur Schau getragene Gleichgültigkeit. Für einen Moment glaubte Henning, es sei ihm gelungen, einen Blick hinter die bröckelnde Fassade zu werfen. Der Ausdruck, mit dem sein Gegenüber ihn ansah, ließ darauf

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