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Maigret 17

Maigret 17

Titel: Maigret 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simenon
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vor allem hatte er genug von dieser Umgebung, die ihm einfach gegen den Strich ging.
    Warum hatte man ihn auch mit einer so lächerlichen Anweisung hergeschickt: Möglichst ohne Aufsehen!
    Kein Aufsehen? Und wenn er nun das Testament herausholte, ein ordentliches, unanfechtbares Testament? Und damit die vier Frauen nach »dort unten« schickte?
    Schritte … Er wandte sich nicht einmal mehr um. Aber kurz darauf drehte sich ein Schlüssel im Schloß, und eine kränkliche Stimme fragte schnaufend:
    »Sind Sie die ganze Zeit dagewesen?«
    Es war Jaja. Eine müde Jaja, der die Schlüssel in der Hand zitterten. Jaja in Robe, mit malvenfarbenem Mantel und stierblutroten Schuhen.
    »Kommen Sie rein. Warten Sie, ich mache Licht …«
    Die Katze rieb sich bereits schnurrend an ihren geschwollenen Beinen. Sie suchte den Lichtschalter.
    »Wenn ich an die arme Sylvie denke …«
    Endlich hatte sie Licht gemacht, und man konnte etwas sehen.
    Der Kellner von gegenüber hielt sein häßliches Gesicht an die Scheibe.
    »Kommen Sie bitte rein. Ich kann nicht mehr. All die Aufregungen …«
    Die Tür zum Hinterzimmer ging auf. Jaja lief zum geheizten Herd, schloß halb die Klappe auf und nahm einen Topf vom Feuer.
    »Setzen Sie sich, Herr Kommissar. Ich zieh mich nur schnell um, dann stehe ich zu Ihrer Verfügung.«
    Sie sah ihm nicht ins Gesicht. Mit abgewandtem Rücken stöhnte sie noch einmal:
    »Arme Sylvie …«
    Sie stieg die Treppe zum Zwischenstock hinauf, und während sie sich umzog, redete sie mit etwas lauterer Stimme weiter.
    »Ein so gutes Mädchen. Wenn sie auf mich gehört hätte … Aber es sind eben immer die gleichen, die für die anderen bezahlen müssen. Ich hab’s ihr ja gesagt …«
    Maigret hatte sich an den Tisch gesetzt, auf dem Käsereste, Wildpastete und Sardinen standen.
    Über seinem Kopf hörte er, wie Jaja ihre Schuhe auszog und die Pantoffeln unter dem Bett hervorzog.
    Dann, wie sie einen Bärentanz aufführte, um im Stehen die Hosen anzuziehen.

9
    Eine Plauderei
    B
    ei den ganzen Aufregungen schwellen mir die Füße noch mehr an …«
    Jaja hatte für eine Weile aufgehört herumzulaufen und sich hingesetzt. Sie hatte die Schuhe ausgezogen und massierte sich nun mit geübten Handgriffen die schmerzenden Füße, während sie weiterredete.
    Sie sprach laut, weil Maigret unten saß, und war erstaunt, als er plötzlich über der Treppe auftauchte.
    »Ach, da sind Sie! Achten Sie nicht auf die Unordnung. Seitdem das alles passiert ist …«
    Maigret hätte nicht sagen können, warum er hinaufgestiegen war. Vielleicht war ihm nur, als er Jaja reden hörte, eingefallen, daß er das obere Stockwerk noch gar nie gesehen hatte.
    Er blieb auf der obersten Stufe stehen. Jaja rieb sich immer noch die Füße und redete mit zunehmender Zungenfertigkeit weiter.
    »Ich hab glaub ich nicht mal was gegessen, so hat es mich aufgeregt, Sylvie da zu sehen, wo sie ist!«
    Sie hatte jetzt ebenfalls einen Morgenmantel an, aber darunter trug sie hellrosa Wäsche. Ein kurzes Hemd mit Spitzen, das nicht recht zu ihrem zu fetten und zu weißen Fleisch paßte.
    Das Bett war nicht gemacht. Maigret fiel ein, daß er, wenn man ihn jetzt so sähe, schwer hätte glaubhaft machen können, daß er nur zum Plaudern hier war.
    Es war ein einfaches Zimmer, aber weniger ärmlich, als man hätte annehmen können. Ein Mahagonibett wie in Bürgerwohnungen, ein runder Tisch, eine Kommode. Die Waschschüssel allerdings stand mitten im Zimmer, und der Tisch war über und über mit Schminkzeug, schmutzigen Handtüchern und Cremetöpfen vollgestellt.
    Jaja zog endlich seufzend ihre Pantoffeln an.
    »Ich frage mich, wie das alles noch enden wird.«
    »Schlief William hier, wenn er …«
    »Ich habe nur dieses eine Zimmer, die beiden Räume unten …«
    In einer Ecke stand ein abgewetztes Plüschsofa.
    »Schlief er auf dem Sofa?«
    »Manchmal. Manchmal auch ich.«
    »Und Sylvie?«
    »Bei mir.«
    Das Zimmer war so niedrig, daß Maigret mit dem Hut an die Decke stieß. Vor dem schmalen Fenster hing ein grüner Samtvorhang. Das Licht kam aus einer nackten Glühbirne.
    Man brauchte nicht viel Phantasie, um sich vorstellen zu können, was sich in diesem Raum abgespielt hatte. William und Jaja, die hinaufstiegen, fast immer betrunken, dann Sylvie, die heimkam und sich neben die dicke Frau legte …
    Aber morgens, wenn sie aufstanden und das helle Tageslicht von draußen hereinschien?
    Jaja war noch nie so gesprächig gewesen. Sie sprach mit einer

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