Maigret 17
Informationen.«
Boutigues hatte die Haustür aufgeschlossen, und sie traten in die Kühle einer Halle, die sich zum Meer hin öffnete.
»Brown wohnt hier seit zehn Jahren.«
»Arbeitet er?«
»Er tut nichts. Er muß Vermögen haben. Die Leute sagen immer: Brown und seine zwei Frauen …«
»Zwei?«
»Eigentlich war nur eine seine Geliebte. Die Tochter. Sie heißt Gina Martini.«
»Ist sie im Gefängnis?«
»Ja. Die Mutter auch. Sie haben zu dritt in diesem Haus gelebt. Ohne Angestellte.«
Das wunderte einen nicht, wenn man das Haus sah. Es war von durchaus zweifelhafter Sauberkeit. Es mochten wohl einige schöne Gegenstände herumstehen, einigermaßen wertvolle Möbel, Dinge, die ihre Zeit des Glanzes gehabt hatten.
Aber alles war schmutzig und in Unordnung. Viel zu viele Teppiche lagen auf dem Boden, Kleidungsstücke hingen herum oder waren über Sessel geworfen, die Räume waren mit viel zu vielen Dingen vollgestopft, auf denen überall dichter Staub lag.
»Also die Fakten: Browns Garage liegt gleich neben der Villa. Er hatte einen altmodischen Wagen, den er selbst fuhr. Vor allem zum Einkaufen in Antibes.«
»Ja, ja«, seufzte Maigret, der zusah, wie ein Seeigelfischer mit seinem angespitzten Schilfrohr im klaren Wasser den Grund aufwühlte.
»Es war aufgefallen, daß das Auto drei Tage lang Tag und Nacht auf der Straße stand. Die Leute hier kümmern sich wenig umeinander, niemand hat sich darüber Gedanken gemacht. Am Montagabend …«
»Entschuldigung! Wir haben Donnerstag? … Gut!«
»Am Montagabend sah der Metzger, der mit seinem Lieferwagen zurückkam, wie der Wagen losfuhr. Sie werden seine Aussage ja lesen. Er kam von hinten auf den Wagen zu und hat zuerst gedacht, Brown sei betrunken, denn er fuhr gewagte Schleifen. Dann fuhr der Wagen ein Stück geradeaus, und zwar so stur, daß er vorne in der Kurve, dreihundert Meter von hier, voll auf den Felsen prallte. Bevor der Metzger noch was tun konnte, waren zwei Frauen ausgestiegen, und als sie das Motorengeräusch hörten, rannten sie davon, auf die Stadt zu.«
»Hatten sie Gepäck?«
»Drei Koffer. Es wurde dunkel. Der Metzger wußte nicht, was er tun sollte. Er ist hierher zur Place Macé gefahren, wo, wie Sie sehen konnten, ein Wachposten steht. Der Polizist hat sich auf die Suche nach den beiden Frauen gemacht und sie schließlich gefunden, als sie zum Bahnhof liefen, nicht zu dem von Antibes, sondern nach Golfe-Juan drei Kilometer weiter.«
»Immer noch mit den Koffern?«
»Einen hatten sie auf der Straße weggeworfen. Er ist gestern in einem Tamariskenwald gefunden worden. Sie haben lauter wirres Zeug geredet. Daß sie eine kranke Verwandte in Lyon besuchen wollten. Der Polizist kam auf die Idee, die Koffer öffnen zu lassen, und er hat einen ganzen Packen Wertpapiere gefunden, lautend auf den Inhaber, einige Hundertpfundscheine und noch verschiedene andere Sachen. Eine Menge Leute sind zusammengelaufen, es war gerade die Zeit für den Aperitif. Alle waren auf der Straße und haben die beiden erst zum Kommissariat und dann zum Gefängnis eskortiert.«
»Ist die Villa durchsucht worden?«
»Am nächsten Morgen in aller Frühe. Zuerst hat man nichts gefunden. Die beiden Frauen haben behauptet, sie wüßten nicht, was mit Brown passiert sei. Schließlich hat ein Gärtner gegen Mittag umgegrabene Erde entdeckt. Unter einer Schicht von weniger als fünf Zentimeter Erde fand man Browns Leiche, vollständig bekleidet.«
»Und die beiden Frauen?«
»Die haben dann ein anderes Lied angestimmt. Sie behaupteten nun, sie hätten drei Tage zuvor gesehen, wie das Auto vor dem Haus hielt, sich aber gewundert, daß Brown nicht in die Garage fuhr. Er kam schwankend durch den Garten gelaufen. Gina hat ihm durchs Fenster Schimpfwörter entgegengerufen, weil sie dachte, er sei betrunken. Auf der Außentreppe ist er dann zusammengebrochen.«
»Tot, natürlich.«
»So tot, wie man nur sein kann. Einen Messerstich hatte er im Rücken, genau zwischen den Schulterblättern.«
»Sie haben drei Tage mit dem Toten im Haus verbracht?«
»Ja! Sie geben keinen einleuchtenden Grund an. Sie sagen, Brown hätte einen Horror gehabt vor der Polizei und allem, was damit zusammenhängt …«
»Und dann haben sie ihn beerdigt und sind mit dem Geld und den wertvollsten Sachen abgehauen … Warum das Auto drei Tage auf der Straße stand, kann ich mir erklären. Gina, die nicht gut fahren kann, wollte den Wagen nicht in die Garage manövrieren … Aber sagen Sie:
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