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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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ist geschlossen!« sagte sie mit einer von Halsschmerzen gekennzeichneten Stimme.
    »Ich weiß, Madame. Man hat mir berichtet, daß Sie leidend sind …«
    O wei! War dieses lächerlich schwache Wort ›leidend‹ nicht eine Beleidigung?
    »Sie meinen, ich sei fast tot? Keiner will es glauben … Man quält mich …«
    Trotzdem warf sie die Decke zurück, in die ihre Beine gehüllt waren, und stand auf. Sie hatte dicke Waden und trug Filzpantoffeln.
    »Wer hat Sie hergeschickt?«
    »Wissen Sie, ich bin früher einmal hiergewesen, vor mehr als zwanzig Jahren. Es ist gewissermaßen eine Pilgerfahrt, die …«
    »Dann haben Sie Marius gekannt?«
    »Weiß Gott!«
    »Armer Marius … Wissen Sie, daß er tot ist?«
    »Man hat es mir erzählt. Ich wollte es nicht glauben.«
    »Warum? … Auch er war nie bei guter Gesundheit … Er ist vor drei Jahren gestorben, und seitdem schleppe ich mich herum … Wollen Sie hier übernachten?«
    Sie hatte den Koffer bemerkt, den er an der Türschwelle abgestellt hatte.
    »Ja, ich möchte gerne ein paar Tage bleiben. Vorausgesetzt, daß ich Ihnen keine Ungelegenheiten bereite … In Ihrem Zustand …«
    »Kommen Sie von weit her?«
    »Aus der Gegend von Orléans.«
    »Sind Sie mit dem Auto da?«
    »Nein. Ich bin mit dem Zug angereist.«
    »Und heute fährt kein Zug mehr, der Sie zurückbringen könnte. Mein Gott! Mein Gott! Raymonde! … Raymonde! … Ich wette, die ist noch unterwegs. Also, ich will sehen, ob ich mit ihr … Wenn sie will … Denn sie hat einen merkwürdigen Charakter. Sie ist die Kellnerin, aber sie nutzt es aus, daß ich krank bin, und macht, was sie will. Man könnte meinen, sie habe hier das Sagen. Sieh an! Was will der denn bei uns?«
    Sie erblickte durchs Fenster einen Mann, dessen Schritte man auf dem Kies hörte.
    Auch Maigret sah ihm entgegen und begann, die Stirn zu runzeln, da der Ankömmling ihn dunkel an jemanden erinnerte.
    Er trug Tennis- oder Freizeitkleidung, weiße Flanellhosen, weiße Jacke und Schuhe, und was den ehemaligen Kommissar überraschte, war der Trauerflor an seinem Arm.
    Er trat ein wie ein Stammgast.
    »Guten Tag, Jeanne …«
    »Was wollen Sie, Monsieur Malik?«
    »Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob …«
    Er unterbrach sich, schaute Maigret ins Gesicht, lächelte plötzlich und rief aus:
    »Jules! … Das ist doch nicht wahr! … Was machst du denn hier?«
    »Verzeihung …«
    Denn seit endlosen Jahren nannte ihn niemand Jules, so daß er seinen Vornamen fast vergessen hatte. Selbst seine Frau hatte die Angewohnheit, ihn mit Maigret anzureden, was er vergnügt zur Kenntnis nahm.
    »Erinnerst du dich nicht?«
    »Nein …«
    Dennoch kam ihm dieses Gesicht mit seiner gesunden Farbe, den markanten Zügen, der vorspringenden Nase, den hellen, gleichsam zu hellen Augen nicht unbekannt vor. Genausowenig wie der Name Malik, der bereits eine vage Erinnerung in ihm geweckt hatte, als Madame Amorelle ihn erwähnte.
    »Ernest …«
    »Wie, Ernest?«
    Hatte Bernadette Amorelle nicht von einem Charles Malik gesprochen?
    »Das Gymnasium von Moulins …«
    Sicher hatte Maigret drei Jahre das Gymnasium in Moulins besucht, damals, als sein Vater Verwalter auf einem der Schlösser dieser Gegend gewesen war. Trotzdem …
    Merkwürdig, wenn ihn sein Gedächtnis auch im Stich ließ, so war er sich doch sicher, daß es eher eine unangenehme Erinnerung war, die dieses gepflegte Gesicht, dieser selbstsichere Mann in ihm wachrief. Außerdem schätzte er es nicht, geduzt zu werden. Vertraulichkeiten waren ihm stets ein Greuel gewesen.
    »Der Steuereinnehmer …«
    »Ach ja … Ich hätte Sie nicht wiedererkannt.«
    »Was machst du hier?«
    »Ich? …«
    Der andere lachte laut auf.
    »Darüber können wir gleich sprechen … Ich wußte doch, daß der Kommissar Maigret kein anderer sein konnte als mein alter Freund Jules. Erinnerst du dich an unseren Englischlehrer? … Nicht nötig, Jeanne, ihm ein Zimmer herzurichten. Mein Freund übernachtet in der Villa …«
    »Nein!« erwiderte Maigret brummig.
    »Wie? Was sagst du?«
    »Ich sage, daß ich hier übernachte … Das ist mit Jeanne bereits vereinbart.«
    »Bestehst du darauf?«
    »Ich bestehe darauf.«
    »Wegen der Alten?«
    »Welcher Alten?«
    Ein spöttisches Lächeln spielte um die schmalen Lippen von Ernest Malik, und dieses Lächeln war noch das gleiche wie das Lächeln des Knaben von einst.
    Man nannte ihn den Steuereinnehmer, weil sein Vater dieses Amt in Moulins ausübte. Er war sehr mager, hatte

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