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Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen

Titel: Maigret - 66 - Maigret in Künstlerkreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Wahrscheinlichkeit nach hatte einer von ihnen Sophie ermordet. Maigret, dem die Hitze das Blut in den Kopf trieb, sah forschend von einem Gesicht ins andere.
    Carus war am Mittwochabend in Frankfurt gewesen, das hatte man ihm in Orly bestätigt. Nora hatte zwischen zehn und elf in dem hektischen Treiben des ›As de Pique‹ eine geschäftliche Besprechung gehabt.
    Maki? … Aber warum hätte Maki sie umbringen sollen. Er hatte einmal mit Sophie geschlafen, weil sie es von ihm, wie auch von ihren anderen Freunden, erwartete. Das bestärkte sie in ihrem Selbstwertgefühl, denn es bewies ihr, dass sie eine unwiderstehliche Frau war und nicht irgendein dahergelaufenes Mädchen, das unbedingt zum Film wollte.
    Huguet? … Er hatte doch bereits drei Frauen … Es schien eine Manie von ihm zu sein, ihnen Kinder zu machen … Fragt sich nur, wie er es schaffte, die ganze Brut zu ernähren …
    Was Francis betraf …
    Maigret ließ die zeitliche Abfolge der Ereignisse in jener Nacht, wie Ricain sie ihm geschildert hatte, noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passieren … Gegen zehn Uhr Rückkehr in die Rue Saint-Charles … Sein erneuter Aufbruch, um das Geld zu beschaffen … Er hatte gehofft, Carus im ›Vieux-Pressoir‹ anzutreffen, aber dieser war nicht da … Bob hatte sich geweigert, ihm eine so hohe Summe zu leihen …
    Sophie hatte er allein zu Hause gelassen …
    Warum eigentlich, wo er doch sonst immer seine Frau überallhin mitschleppte?
    »Nein!«, rief der Fotograf. »Nicht hier, Jocelyne … Es ist noch nicht Schlafenszeit!«
    Dann erklärte er den anderen, dass sie seit Beginn ihrer Schwangerschaft zu jeder Tages- und Nachtstunde einnickte, egal wo.
    »Die einen haben Heißhunger auf saure Gurken, die anderen auf Schweinshaxe oder Kalbskopf … Jocelyne schläft eben … Allerdings schläft sie nicht nur, sie schnarcht auch!«
    Maigret achtete nicht auf das Gerede, sondern konzentrierte sich vielmehr darauf, Ricains Aktivitäten in jener Nacht zu rekonstruieren, bis zu dem Augenblick, als dieser ihm auf der Plattform des Busses in der Rue du Temple seine Brieftasche entwendete.
    Sonderbar, dass Ricain keinen Centime für sich behalten, sondern ihn angerufen hatte, um ihm zu sagen …
    Er stopfte seine Pfeife, zündete sie an. Wer ihn so in seiner Nische sitzen sah, hätte meinen können, dass auch er über seiner Tasse Kaffee jeden Moment einschlafen könnte.
    »Trinken Sie ein letztes Gläschen mit uns, Kommissar?«
    Schon wieder Carus … Maigret beschloss, der Einladung Folge zu leisten und sich einen Augenblick zu ihnen zu setzen.
    »Na«, scherzte der Fotograf, »wen nehmen Sie fest? Es ist schon beeindruckend, Sie ganz in der Nähe auf Beobachtungsposten zu wissen … Es gibt Momente, da fühle ich mich direkt schuldig …«
    Ricain sah so mitgenommen aus, dass sich keiner wunderte, als er plötzlich aufsprang und zur Toilette rannte.
    »So wie es einen Führerschein gibt, so sollte man auch einen Trinkschein einführen …«, sinnierte Maki vor sich hin.
    Dem Bildhauer hätte man diesen Schein sicher ohne weiteres ausgestellt. Obwohl er ein Glas nach dem anderen in sich hineingeschüttet hatte, hatte er nur ein wenig glänzende Augen, und sein Gesicht war ziegelrot angelaufen.
    »Es ist jedes Mal dasselbe Theater mit ihm …«
    »Auf Ihr Wohl, Monsieur Maigret …«, sagte Carus und hob sein Probierglas. »Oder besser gesagt: auf den Erfolg Ihrer Ermittlungen, denn es ist uns allen daran gelegen, dass Sie möglichst schnell die Wahrheit herausfinden …«
    »Allen außer einem!«, berichtigte der Fotograf.
    »Ja, vielleicht außer einem … Aber es könnte ja sein, dass keiner von uns betroffen ist …«
    Als Francis wieder an den Tisch trat, hatte er gerötete Augenlider und sah sehr elend aus. Spontan brachte Bob ihm ein Glas Wasser.
    »Fühlst du dich besser?«
    »Ich vertrage keinen Alkohol …«
    Er wich Maigrets Blick aus.
    »Ich glaube, ich muss mich hinlegen …«
    »Warte, wir gehen auch gleich.«
    »Ihr vergesst, dass ich seit drei Tagen kaum geschlafen habe …«
    In seiner jämmerlichen körperlichen Verfassung wirkte er noch jünger, wie ein Kind, das zu schnell in die Höhe geschossen war, eben seine erste Zigarre geraucht hat und sich schämt, weil ihm ganz schlecht ist.
    »Tschüs!«
    Carus erhob sich und ging ihm nach. An der Tür redete er leise auf ihn ein. Dann setzte sich der Produzent an Maigrets Tisch in der Nische, schob die Kaffeetasse zur Seite und füllte einen Scheck

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