Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und die alte Dame

Maigret und die alte Dame

Titel: Maigret und die alte Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
Aufnahmen vom Tatort machte, um sein Gewissen zu beruhigen, auch von der Fensterscheibe, die die Kugel durchschlagen hatte.
    »Gehen Sie und ziehen Sie sich an!«
    »Und ich?« fragte Theo Besson feige, der nicht wusste, wie er sich drehen und wenden sollte.
    »Ich glaube, Sie müssen versuchen, mit Ihrem Gewissen klarzukommen.«
    Vor dem Haus hielt noch ein Auto, und Charles Besson stürzte ins Haus.
    »Was ist passiert?«
    »Ich hätte Sie früher hier erwartet«, entgegnete ihm Maigret trocken.
    Als verstehe er nicht, was Maigret damit sagen wollte, entschuldigte sich der Abgeordnete:
    »Mir ist unterwegs ein Reifen geplatzt.«
    »Weshalb sind Sie gekommen?«
    »Als Sie mir eben am Telefon von dem Ring erzählt haben...« »Ich weiß schon. Sie haben ihn nach der Beschreibung wiedererkannt.«
    »Ich begriff, dass Theo recht hatte.«
    »Weil Sie wussten, dass Theo Ihre Stiefmutter verdächtigte, noch in dem Besitz des Schmucks zu sein? Hatte er es Ihnen gesagt?«
    Beide Brüder schauten sich feindselig an.
    »Er hat es mir nicht gesagt, aber ich konnte es aus seinem Benehmen ablesen, als wir damals das Erbe aufteilten.«
    »Kamen Sie her, um Ihren Teil abzuholen? Haben Sie die Beerdigung Ihrer Schwiegermutter Montet morgen früh vergessen?«
    »Warum gehen Sie so hart mit mir ins Gericht? Ich weiß überhaupt nichts. Wen hat man da eben in dem Leichenwagen abtransportiert?«
    »Sagen Sie mir zuerst, was Sie hier wollten!«
    »Ich weiß es nicht. Als Sie mir von dem Ring erzählten, war mir klar, dass es eine hässliche Auseinandersetzung geben würde, dass Theo irgendetwas versuchen und Valentine es nicht mit sich machen lassen würde.«
    »Nun! Es ist tatsächlich etwas passiert, aber Ihr älterer Bruder hat dafür gesorgt, dass nicht er, sondern jemand anders umgebracht wurde.«
    »Wer?«
    »Henri Trochu.«
    »Wissen die Eltern es schon?«
    »Noch nicht, und ich überlege mir, ob ich nicht Sie beauftragen sollte, ihnen die Nachricht zu überbringen. Schließlich sind Sie ihr Abgeordneter.«
    »Nach diesem Skandal bin ich es wahrscheinlich nicht mehr lange. Und die Rose? Wer hat sie... ?« »Wollen Sie mich begleiten?«
    »Wohin?«
    »Nach Yport.«
    »Muss das sein?«
    »Ich bräuchte dann kein Taxi zu bestellen, was zu dieser Stunde nicht einfach ist.«
    Es tat ihm dann beinahe leid, denn Charles fuhr in seiner Nervosität beängstigend schnell.
    Er hielt so weit weg wie nur möglich von dem kleinen Haus, das nur noch als Fleck im Nebel zu sehen war.
    »Soll ich auf Sie warten?«
    »Bitte.«
    Besson hörte im Schutz des dunklen Autos, wie der Kommissar an die Tür klopfte und sagte:
    »Ich bin’s, Maigret.«
    Charles sah, wie eine Lampe anging, die Tür sich öffnete und wieder schloss, und er biss mit den Zähnen die Spitze einer Zigarre ab.
    Eine halbe Stunde verging, in der er mehr als einmal drauf und dran war, loszufahren. Dann ging die Tür wieder auf.
    Drei Leute kamen langsam auf das Auto zu. Maigret öffnete die Wagentür und sagte mit gedämpfter Stimme:
    »Lassen Sie mich in Etretat aussteigen und fahren Sie die beiden nach Le Havre.«
    Die Mutter, die noch den Schleier vom Beerdigungstag trug, schluchzte ab und zu in ihr Taschentuch.
    Der Vater sprach kein Wort, und auch Maigret schwieg.
    Als er in Etretat vor dem Hotel ausstieg, drehte er sich um, wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus und zog nur langsam den Hut.
    Er zog sich nicht aus und legte sich auch nicht schlafen. Um sieben Uhr morgens ließ er sich mit dem Taxi zur alten Mademoiselle Seuret fahren, das ihn dann am Bahnhof absetzte, rechtzeitig auf den 8-Uhr-Zug. Außer seinen Koffern trug er eine kleine Tasche aus Saffian in der Hand, dessen Schonbezug die gleiche hellblaue Farbe wie Valentines Augen hatte.
    Carmel (Kalifornien), 8. Dezember 1950

Weitere Kostenlose Bücher