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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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zurückkehren wird?«
    Er dachte nichts.
    »Sag mal, Lognon, wo hat sich Philippe eigentlich in der letzten Nacht aufgehalten?«
    Der Inspektor hatte sich die Adressen in sein Notizbuch geschrieben. Nachdem er freigelassen wurde, war der junge Mann wieder zu all den Leuten gegangen, aber ohne jeden Erfolg.
    »Bist du sicher, daß du sie alle notiert hast?«
    Lognons Gesicht verfinsterte sich.
    »Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich wußte. Ich bin überall gewesen, bloß noch nicht in seiner Wohnung am Boulevard Rochenoir.«
    Maigret antwortete nicht darauf, sondern steckte sich mit zufriedener Miene seine Pfeife an.
    »Gut. Bleib du auf jeden Fall hier. Und du kommst mit mir mit, Janvier.«
    »Haben Sie eine Idee, wo wir ihn finden könnten?«
    »Ich glaube, ich weiß es.«
    Die Hände in den Taschen, mit hochgeschlagenen Kragen gingen sie durch die Straßen. Es lohnte sich nicht, ein Taxi zu nehmen. Als sie auf die Place Blanche kamen, sahen sie Philippe von fern, der gerade aus einer der beiden Kneipen herauskam. Lapointe folgte ihnen mit einigem Abstand. Unauffällig machte er ihnen ein Zeichen. Die anderen waren nicht weit und beschatteten immer noch den jungen Mann.
    »Komm du auch mit uns mit.«
    Sie brauchten nur noch fünfhundert Meter den fast menschenleeren Boulevard hinunterzugehen. Die Nachtlokale, deren Leuchtreklamen trotz des Regens leuchteten, machten bei diesem elenden Wetter bestimmt keine großen Geschäfte, und die Portiers in ihren goldstrotzenden Uniformen hatten sich in den Eingängen untergestellt, jeden Augenblick bereit, ihre großen roten Schirme aufzuspannen.
    »Wohin gehen wir?«
    »Zu Philippe.«
    War die Gräfin nicht in ihrer Wohnung ermordet worden? Und hatte der Mörder nicht Arlette in ihrer eigenen Wohnung in der Rue Notre-Dame-de-Lorette aufgelauert?
    Es war ein altes Haus. Über den heruntergelassenen Rolläden sah man das Schild eines Glasers und rechts von der Tür das eines Buchhändlers. Das Haus war verschlossen, und sie mußten deshalb erst läuten. Sie kamen dann in einen schlecht beleuchteten Flur, und Maigret machte zu den beiden anderen eine Geste, möglichst auf Zehenspitzen zu gehen. Als sie an der Loge vorübergingen, murmelte er einen unverständlichen Namen, und sie stiegen alle drei die Treppe hinauf, auf der sich kein Läufer befand. Unter einer Tür im ersten Stock, vor der eine feuchte Matte lag, sahen sie einen Lichtschein. Bis zum sechsten Stock mußten sie dann im Dunkeln gehen, denn die Treppenbeleuchtung war inzwischen ausgegangen.
    »Lassen Sie mich vorgehen, Chef«, flüsterte Lapointe und versuchte sich zwischen der Wand und dem Kommissar hindurchzudrängen.
    Aber mit fester Hand stieß ihn Maigret zurück. Er wußte von Lognon, daß das Mädchenzimmer, das Philippe bewohnte, das dritte links im obersten Stock war. Seine elektrische Taschenlampe zeigte ihm, daß der schmale Korridor mit den gelblichen Wänden leer war, und er schaltete das Licht wieder ein.
    Dann stellte er seine Begleiter zu beiden Seiten der dritten Tür auf und drückte mit der einen Hand auf die Klinke, während er in der anderen den Revolver hielt. Die Tür war nicht verschlossen.
    Er stieß sie mit dem Fuß auf, blieb ganz still stehen und horchte. Wie in dem Hause, in dem er eben gewesen war, hörte er nur den Regen auf das Dach trommeln und das Wasser in die Dachrinne laufen. Und zugleich meinte er das Herzklopfen der beiden Inspektoren zu vernehmen, vielleicht auch sein eigenes.
    Er streckte die Hand aus und fand gleich hinter der Tür den Lichtschalter.
    Es war niemand im Zimmer. Es stand auch kein Schrank dort, in dem sich jemand verstecken konnte. Bonvoisins Schlafzimmer war geradezu fürstlich im Vergleich zu diesem. Das Bett war nicht bezogen. Ein Nachttopf war nicht geleert. Auf dem Fußboden lag schmutzige Wäsche.
    Vergeblich bückte sich Lapointe, um unter das Bett zu gucken. Es war keine Menschenseele hier. Aber das Zimmer stank erbärmlich. Plötzlich hatte Maigret das Gefühl, daß sich hinter ihm etwas bewegte. Die beiden Inspektoren sahen entgeistert, wie er sich blitzschnell umdrehte, dann nach vorn sprang und mit der Schulter heftig gegen die Tür stieß. Sie gab nach. Sie war nur angelehnt. Es stand jemand hinter ihr, jemand, der sie beobachtete, und es war die kaum wahrzunehmende Bewegung an der Tür, die Maigret gespürt hatte.
    Durch den Schwung, mit der er sie aufstieß, wurde er in das Zimmer geschleudert und wäre zu Boden gestürzt, wenn er nicht auf

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