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Maigret und Pietr der Lette

Maigret und Pietr der Lette

Titel: Maigret und Pietr der Lette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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darum, daß ich diesen Jungen da erwische!«
    Er klopfte seine Pfeife im Kohlenkasten aus und hätte beinahe automatisch den Ofen versorgt.
     
    Kurz darauf sagte Coméliau zu seinem Schreiber, während er seine goldeingefaßte Brille putzte:
    »Finden Sie nicht, daß Maigret sich verändert hat? Er schien mir … wie soll ich sagen … ein wenig nervös … ein bißchen …« Er suchte vergeblich nach dem Wort, brach den Gedanken ab: »Was, zum Teufel, suchen alle diese Ausländer bei uns?«
    Mit einer brüsken Geste schlug er die Akte Mortimer wieder auf und diktierte:
    »Im Jahre neunzehnhundert …«
     
    Wenn Inspektor Dufour in demselben Mauerwinkel stand, wo Maigret an jenem Regenmorgen auf den Mann im Trenchcoat gewartet hatte, dann nur, weil dies die einzige Ecke auf dem abschüssigen Weg war, der erst an einigen Villen seitlich der Steilküste entlangführte, dann zum Pfad wurde und sich schließlich im Gras verlor.
    Dufour trug schwarze Gamaschen, einen kurzen Mantel mit Rückengurt und eine Seemannsmütze, die in Fécamp jeder aufhatte und die er gleich nach seiner Ankunft gekauft haben mußte.
    »Nun?« fragte Maigret, als er sich ihm in der Dunkelheit näherte.
    »Alles in Ordnung, Chef.«
    Das erschreckte den Kommissar ein wenig.
    »Was ist in Ordnung?«
    »Der Mann ist weder hineingegangen noch herausgekommen. Wenn er vor mir in Fécamp eingetroffen ist und sich in die Villa begeben hat, muß er immer noch drin sein …«
    »Erzähl in allen Einzelheiten, was bisher geschehen ist.«
    »Gestern morgen nichts! Das Dienstmädchen ist zum Markt gegangen. Am Abend habe ich mich von dem Kollegen Bornier ablösen lassen. Auch in der Nacht ist niemand hineingeschlüpft oder herausgekommen. Um zehn Uhr ging das Licht aus …«
    »Weiter?«
    »Heute morgen habe ich meinen Posten wieder übernommen, und Bornier hat sich hingelegt … Er wird mich gleich ablösen. Wie gestern hat sich das Dienstmädchen gegen neun Uhr zum Markt begeben … Vor einer halben Stunde hat die junge Dame das Haus verlassen … Sie wird bald zurückkehren … Ich nehme an, sie macht einen Besuch …«
    Maigret sagte nichts. Er spürte, daß diese Beschattung unvollkommen war. Aber wie viele Männer wären für eine wirklich strenge Überwachung erforderlich?
    Allein um die Villa zu beobachten, wären drei Späher nicht zuviel. Und man brauchte einen Polizisten, der dem Dienstmädchen folgte, und einen weiteren für die ›junge Dame‹, wie Dufour sich ausdrückte.
    »Vor einer halben Stunde ist sie fortgegangen?«
    »Ja … Sehen Sie, da ist Bornier … Jetzt kann ich essen gehen … Seit dem frühen Morgen habe ich nur ein Brötchen zu mir genommen, und meine Füße sind eiskalt …«
    »Geh!«
    Bornier war noch sehr jung und stand bei der Kriminalpolizei in der Ausbildung.
    »Ich bin Frau Swaan begegnet …«, sagte er.
    »Wo? Wann?«
    »Am Quai … Eben … Sie ging in Richtung Mole …«
    »Ganz allein?«
    »Ganz allein … Ich wäre ihr fast gefolgt … Dann fiel mir ein, daß Dufour auf mich wartet … Der Damm führt nirgendwo hin, sie kann nicht weit gekommen sein …«
    »Was hatte sie an?«
    »Einen dunklen Mantel … Ich habe nicht so sehr darauf geachtet …«
    »Kann ich abhauen?« fragte Dufour.
    »Ich hab es dir doch gesagt …«
    »Wenn etwas ist, benachrichtigen Sie mich, hm? … Sie brauchen nur dreimal am Hoteleingang zu klingeln.«
    Es war zu dumm! Maigret hörte kaum zu. Er befahl Bornier:
    »Bleib hier!«
    Und er rannte zur Villa Swaan, riß beinahe die Klingelschnur am Gartentor ab. Im Erdgeschoß sah er Licht, und zwar in dem Zimmer, das, wie er wußte, der Eßraum war.
    Als nach fünf Minuten immer noch niemand erschienen war, kletterte er über die niedrige Mauer, ging zur Tür und pochte mit der Faust dagegen.
    Im Innern wimmerte eine ängstliche Stimme:
    »Wer ist da?«
    Und im selben Augenblick begannen die Kinder zu schreien.
    »Polizei! … Machen Sie auf!«
    Ein Zögern. Schritte.
    »Öffnen Sie schnell!«
    Der Flur war dunkel. Als Maigret eintrat, konnte er nur den hellen Fleck erkennen, den die Schürze des Dienstmädchens im Dämmerlicht bildete.
    »Frau Swaan?«
    In diesem Moment ging eine Tür auf, und er sah das kleine Mädchen, das er bei seinem ersten Besuch bemerkt hatte.
    Die Hausangestellte rührte sich nicht. Starr vor Angst, drückte sie sich mit dem Rücken an die Wand.
    »Wen hast du heute morgen getroffen?«
    »Ich schwöre Ihnen, Herr Wachtmeister …«
    Sie brach in Tränen aus.
    »Ich

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