Make it count - Gefühlsgewitter (German Edition)
ihn zu küssen. Diese Lippen zu spüren, die Wärme seiner Zunge. Ich zittere in der Hitze dieses Sommerabends. Bin wie im Rausch. Und er hat mich noch nicht einmal berührt. Auch, wenn ich ihn spüre. Überall.
„Und bei dir?“
Wieder trifft sein Atem mein Gesicht und ich schlucke laut und angestrengt.
„Es geht mir gut.“
Das ist eine Lüge. Ich kann nicht richtig atmen und mein Körper brennt. Ich spüre die Farbe in meinen Wangen und sein betörender Duft erschlägt mich in einem dritten Anlauf.
„Sicher?“
„Ganz sicher...“, antworte ich, aber meine Stimme bricht weg. Sie droht mich zu verraten. Hastig greife ich nach meiner Tasche und stehe auf. „Ich sollte jetzt wirklich gehen. Ich...“ Toll Kate. Wirklich, toll. Los. Sag etwas! „Es ist spät.“
Dillen rappelt sich auf, klopft sich den feinen Sand von den Jeans und grinst. Dieses Grinsen flattert in meinem Magen. Es ist federleicht und funkelt grün in seinen Augen. „Es ist noch nicht mal acht.“
„Ich weiß.“ Meine Stimme lügt erstaunlich überzeugend. „Ich meinte, spät fürs Essen...“
„Die Köchin wird dir sicher etwas aufwärmen, wenn du etwas später kommst.“
„Darum geht es nicht...“ Ich ignoriere den Unterton. „Du wirst es nicht für möglich halten, aber ich habe tatsächlich Hunger.“
Er überragt mich um eineinhalb Köpfe und schaut an mir hinunter. „So zerbrechlich wie du aussiehst, solltest du wirklich besser etwas essen...“
„Und du solltest nachdenken , bevor du sprichst, bevor du gleich wieder etwas sagst, wofür du dich morgen entschuldigen musst.“
„Kann sein... Danke für den Tipp.“ Ganz tief in seinen Augen funkelt mich etwas an. Wie ein Lächeln, das es nicht auf seine Lippen schafft. „Schlaf schön, Katie...“
„Du auch, Dillen...“
9. Kapitel
Zum ersten Mal seit Wochen zeichne ich. Ich habe auch zum ersten Mal seit Wochen wieder etwas, das mich inspiriert. Jemanden .
Ich lehne mich an die Hauswand, strecke die Beine aus und lege mir ein Kissen auf den Schoß. Das Dach liegt wie eine Wärmedecke unter meinen Schenkeln. Ich greife nach dem Block und presse ihn in das Kissen. Wie Zuhause . Bevor die Melancholie sich wieder schwer auf meine Gedanken legen kann, schiebe ich sie weit weg, lege den Stift an und denke an Dillen.
Er zieht mich an. Sein Gesicht, sein Hauch eines Lächelns. Alles. Aber vielleicht liegt das nicht nur an seinem Gesicht. An diesen Augen, in denen ich ertrinken könnte. Und diesem Körper, den man in Stein meißeln sollte. Da ist noch etwas anderes. Etwas, das unter der Oberfläche nur darauf wartet, von mir entdeckt zu werden. Und doch warnt mich etwas in meinem Bauch. Dieser Teil in mir hat Angst, dass ich falle. Mit ihm. In dieses Gefühl, in die Unsicherheit. In die Tiefe dieses Geheimnisses. Da ist etwas Dunkles unter seiner makellosen Haut. Unter diesen klaren Augen. Und es spricht eine Sprache, die ich tief in mir verstehe. Ohne Worte. So, als könnten unsere Seelen miteinander sprechen. Er hat seine Mutter verloren, ich meinen Vater. Er hat sein altes Leben hinter sich lassen müssen, ich meines auch. Wir versuchen uns in einer Welt zurechtzufinden, in der wir unseren Platz nicht finden. Vielleicht gar keinen haben. In seinem Blick schimmert etwas Schweres. Es ist der Schmerz, der auch in mir wütet. Wir kämpfen dagegen an, versuchen, nicht zu ertrinken. Uns in den Flammen der Leere über Wasser zu halten. Jeden Tag. Einen nach dem anderen. Und niemand bemerkt es. Niemanden interessiert es. Weil keiner weiß, wie sich diese Leere anfühlt. Wie kalt sie ist.
Dillen berührt mich. Alles in mir. Jede Zelle, jeden Gedanken. Er hat etwas in mir zum Leben erweckt. Etwas, das bis jetzt geschlafen hat und nun hellwach ist. Es windet sich in mir, foltert mich mit Fantasien und Tagträumen. Es dreht Filme in meinem Kopf, erschafft Bilder, die mich wachhalten. Es gibt den Trieben den Nährboden, mich zu steuern. Bilder von Dillens Gesicht und diesem Körper, durchzogen von Muskeln, stark und sehnig. Bilder von seinen Händen, die Dinge mit mir anstellen, die mir Angst machen und mich in den Wahnsinn treiben. Ich vergesse mich in diesen Bildern. Fühle mich frei und schwerelos unter dem Gewicht dieser Gedanken. Es ist etwas Ungestümes, Wildes. Nach diesen Wochen der inneren Leere fühle ich mich plötzlich lebendig. Bei diesem Gedanken jagt die Gänsehaut über meinen Körper wie eine Million Ameisen. Es besteht kein Zweifel. Ich bin Dillen
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