Make it count - Gefühlsgewitter (German Edition)
Stimme lässt mich unvermittelt lächeln. Er klingt, als wäre er wirklich mein großer Bruder, mein Beschützer. Ein bisschen wie Nathan, nur dass Andrew mich kaum kennt.
„Nein, ich...“ Immer neue Tränen kullern schwer und heiß mein Gesicht hinunter. „... ich... er ist tot, Andrew... tot .“
Das Beben vibriert in meinem Köper, wie ein Donnergrollen, das man nicht hören kann. Ich vergrabe das Gesicht in meinen Armen, schirme mich ab, verstecke mich vor Andrews feuchten Augen und seinem mitfühlenden Blick. Und in dem Augenblick, als ich ihn bitten will, mich allein zu lassen, spüre ich seine Arme, die sich warm um mich legen, mich festhalten. Die mir die Kraft geben, loszulassen. Ich öffne die Türen zu den Erinnerungen. Mit ihnen kommt der Schmerz und ein neues Beben. Noch mehr Tränen. Zum ersten Mal weine ich nicht lautlos. Ich schluchze und verliere mich in der Gewissheit, dass Gordon Williams mich nie wieder in den Armen halten wird. Dass ich nie wieder sein Lachen hören werde. In meinem Kopf hallen seine Worte. Diese Worte, die mir immer das Gefühl gegeben haben, dass ich alles schaffen kann. Diese Stimme, die jede Angst von mir nehmen konnte. Er wird nie wieder kommen. Das habe ich jetzt verstanden. Mein Dad ist tot.
Andrew streicht mir übers Haar. Den Kopf an meinen gelehnt. Wir schweigen. Mit ihm ist das einfach. Er ist wie ein Abschiedsgeschenk von meinem Dad. Wie eine gute Seele, die er für mich gefunden hat, damit ich nicht so alleine bin. In dieser Umarmung fühle ich mich verstanden, so als wären wir zusammen aufgewachsen. Als wäre er der große Bruder, den ich mir als kleines Mädchen immer gewünscht habe.
Er schaut mich von der Seite an. „Besser?“
Ich nicke.
„Ich hole etwas zu trinken...“, sagt er und drückt meine Hand. „Willst du auch was?“
Während Andrew im Haus verschwunden ist, verliere ich mich im gemächlichen Wiegen der hohen Baumkronen. Im Schillern und Rascheln ihrer Blätter. Ihr Anblick hypnotisiert mich. Er trägt mich nach Hause. Auf die Veranda, auf der ich gerne gelesen habe, den Blick in die Ferne gerichtet, in eine Zukunft, die so anders aussah als diese hier. In Gedanken schweift mein Blick wieder über den Fluss, über die wilde Natur. Über die Vogelschwärme und die Gewitterwolken, die sich über die Sumpflandschaft wälzen. Und dann denke ich an Dillen. An diesen ernsten Ausdruck in seinem Gesicht. Diese Last, die in seinen Augen schimmert. Als würde er hinter seinen Nordlicht-Augen etwas verbergen. Etwas Dunkles.
„Hier...“
Andrew streckt mir ein Tablett entgegen. Ich nehme es ihm ab und er klettert zurück zu mir aufs Dach. Die Eiswürfel klirren in ihrem großen Krug, der frische Duft von Zitronen steigt mir in die Nase. Andrew rührt um, dann schenkt er uns beiden Limonade ein.
„Was weißt du über die Walkers?“, frage ich, als er mir eines der Gläser reicht.
„Die Walkers?“ Er schaut zu mir hinüber. „Was willst du wissen?“
„Vielleicht habe ich da was missverstanden. Ich dachte, eure Familien kennen sich...“
„Nein, das stimmt schon... Sie waren ziemlich lange unsere Nachbarn...“ Er zeigt auf ein weit entferntes Grundstück. „Sie haben da drüben gewohnt... Richard und Dad waren Partner...“
„Partner?“
„Meinem Dad gehört eine ziemlich erfolgreiche Investmentfirma, die ich mal übernehmen soll, wenn es nach ihm geht...“ Er grinst. „Ich habe es aber nicht so mit Zahlen...“
„Aber doch nicht etwa MacDougall Cooper & Associates?! “
„Doch, genau die...“
Das erklärt einiges. Zumindest das Haus und das Geld und die Angestellten.
„Nur hieß sie damals eben MacDougall Walker & Associates. Es gab Streit wegen irgendwas... aber frag mich bitte nicht wegen was... ich habe keine Ahnung... Dad hat Richard jedenfalls ausbezahlt.“
„Verstehe...“
„Warum fragst du?“
„Dillen Walker hat Andeutungen gemacht, dass eure Familien sich kennen...“
„ So? Hat er das? “, fragt Andrew in einem seltsamen Tonfall und hebt die Augenbraue. „Und was genau hat er gesagt?“
„Eigentlich nichts... nur eben, dass ihr euch kennt...“
Er schaut mich ungläubig an.
„Ehrlich... mehr war es nicht.“
„Na, wie auch immer...“ Andrew nimmt einen großen Schluck Limonade. „Keine Ahnung, was Richard mit dem ganzen Geld gemacht hat, sie sind jedenfalls kurz darauf ans andere Ende der Stadt gezogen.“ Andrew seufzt und zuckt mit den Schultern. „Ich nehme an, er hat es faul
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