Makers
es aber nicht. Wir sind bereits von »intelligenter Materie« umgeben, denn genau so arbeitet die Natur. Kristalle bestehen schließlich aus Atomen, die sich selbst zu unglaublich komplexen Strukturen anordnen, egal ob bei Schneeflocken oder Diamanten. Der menschliche Körper besteht aus Proteinen, die nach Anweisung der DNA/RNA aus Aminosäuren aufgebaut wurden, die ebenfalls aus Atomen bestehen, die sich selbst anordnen. Die Biologie ist die älteste aller Fabriken.
Die Grundbausteine des Lebens sind »intelligentes Material«. Gershenfelds Lieblingsbeispiel sind die Ribosomen, die sich in den Zellen befinden. Ein Ribosom ist ein Protein, das Proteine herstellt, eine biologische Maschine, die andere biologische Maschinen produziert. Aber Gershenfeld sieht darin ein Vorbild für einen Fabricator der Zukunft.
In den Zellen werden Gene aus der DNA-Codierung in RNA übersetzt, eine Art Spiegelbild wird erstellt. Das Ribosom ist die »Organelle«, die die RNA liest und nach den codierten Anweisungen Aminosäuren für spezialisierte Proteine aufbaut. Nach ihrer Fertigstellung falten sich diese Proteine automatisch zu komplizierten Formen auf, allein durch die elektrischen Ladungen und die Anziehungs- und Abstoßungskräfte, die durch die Atombindungen entstanden. Diese Formen in milliardenfacher Ausführung sind die Bauelemente des Körpers, aus ihnen besteht alles, von Zellwänden bis Knochen.
Dies ist ein Beispiel für einen eindimensionalen Code (DNA, vier chemische »Buchstaben« in unterschiedlichen Kombinationen, die zu langen eindimensionalen Ketten verknüpft sind), der ein dreidimensionales Objekt (Protein) erzeugt. Weil das Material, mit dem die DNA arbeitet (erst RNA, dann Ribosomen, dann Proteine), nicht einfach zusammengemanscht ist, sondern eigenen chemischen und strukturellen Regeln und einer eigenen Logik folgt, kann mit wenig Information eine unglaubliche Komplexität erreicht werden. Ribosomen, sagt Gershenfeld, sind »programmierbare Materie«. In diesemFall werden sie von der DNA programmiert. Aber dasselbe Prinzip konnte auf alles Mögliche angewendet werden.
In Gershenfelds Labor am MIT haben Studenten die ersten winzigen Schritte in diese Richtung unternommen, mit winzigen Elektronikbauteilen, die zusammengesteckt werden können und automatisch die richtigen Verbindungen herstellen. Andere Forscher haben dieses Konzept bereits weiterentwickelt. Die erfolgversprechendste programmierbare Materie ist jedoch die DNA selbst.
Im neuen Forschungsgebiet der »strukturellen DNA« wird das Material nicht als genetische Codierung eingesetzt, sondern direkt als Baumaterial ohne jede biologische Funktion. In etwa 60 Laboren weltweit wird heute daran gearbeitet, und die Forscher können DNA-Stränge synthetisieren, die sich zu Vierecken, Dreiecken oder anderen Polygonen anordnen. 52 Manche Strukturen werden gebildet, indem zweidimensionale DNA-Formen zu einer Fläche »verkantet« werden. Andere Forscher programmieren die DNA so, dass sie sich zu dreidimensionalen Strukturen auffaltet, ein Prozess, der »DNA-Origami« genannt wird.
Dreidimensionale DNA-Strukturen können so programmiert werden, dass sie ein Gerüst und schachtelähnliche Strukturen bilden. Andere DNA-Sequenzen können darauf programmiert werden, dass sie in Reaktion auf einen chemischen Stimulus hin die Struktur öffnen, eine Tür bilden. Dahinter steckt die Idee, dass ein Wirkstoff in die Schachtel aus struktureller DNA gelegt werden könnte, und der Körper das Konstrukt bei geschlossener Öffnung an einen Ort transportieren könnte, wo der Wirkstoff gebraucht wird. Dann würde ein chemischer Reiz ausgelöst werden, der die Tür öffnete, und der Wirkstoff würde austreten und genau an der vorgesehenen Stelle wirken.
Von derartigen programmierbaren Nanomaschinen, die größere Objekte irgendeiner Art erzeugen können, sind wir aber noch weit entfernt. DNA ist nicht sehr stabil, und daher haben Forscher in Experimenten andere Materialien, etwa Nanopartikel aus Gold, an die DNA gebunden, um sie zu stabilisieren. Aber selbst so konnten sie nichts herstellen, das ohne Mikroskop sichtbar war. Andere Forscher führten ähnliche Experimente mit speziellen Polymeren und anderen chemischen Verbindungen durch, die zwar stabiler sind, aber auch schwerer zu programmieren als DNA.
Bisher gab es fast nur Grundlagenforschung. Aber allein die Tatsache, dass es überhaupt funktioniert, deutet darauf hin, dass programmierbare Materie auf der Makroebene
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