Makers
recht. In den vergangenen drei Jahren, sagt Ma, seien in China über 1,1 Millionen Arbeitsplätze entstanden durch Firmen, die über die Alibaba-Plattform Geschäfte machen.
Diese Entwicklung vollzieht sich in vielen Ländern, aber am schnellsten in China. Ein Grund hierfür ist die kulturelle Dynamik, die auch zum Aufstieg der Shanzhai- Industrie führte. Der Begriff shanzhai , vom chinesischen Wort für »Bandit« abgeleitet, bezeichnet normalerweise das blühende Geschäft mit Plagiaten elektronischer Produkte aus eigener Produktion. Shanzai.com (manchmal wird das chinesische Wort ohne das zweite »h« geschrieben) drückt die Bedeutung etwas freundlicher aus: »Ein Anbieter, der in seinem Geschäftsgebaren die traditionellen Regeln oder Praktiken oft nicht beachtet, was zu neuartigen oder ungewöhnlichen Produkten und Geschäftsmodellen führen kann.« Aber dieselben Anbieter stellenzunehmend die Herstellung für die Maker-Revolution sicher, weil sie schnell und flexibel genug für die Zusammenarbeit mit Mikrounternehmern sind.
Shanzhai-Hersteller liefern derzeit über 250 Millionen Handys pro Jahr aus, viele von ihnen billige Imitate von iPhones oder Android-Modellen. Viele werden nur in kleinen Chargen von bis zu 10000 Stück hergestellt. Es gibt zahlreiche Variationen, die sich in allem unterscheiden können, vom Aussehen bis zu Produktmerkmalen, um nur irgendwie aus der Masse herauszustechen. (Viele Shanzhai-Handys haben beispielsweise zwei oder sogar drei Steckplätze für SIM-Karten, damit der Benutzer verschiedene Karten benutzen kann für zu Hause, geschäftlich und sogar für Seitensprünge.)
Interessant an Shanzhai ist, wie sehr die Organisationsstrukturen der Produktpiraterie letzten Endes den Strukturen von Open Source ähneln. Wenn Ideen und Technologien erst mal in die freie Wildbahn entlassen sind, entweder durch Piraten oder durch Entwickler, die an Open Source glauben, dann inspirieren sie dieselben gemeinschaftlichen Innovationen. Ideen, die mit anderen geteilt werden, verbreiten sich in aller Regel immer weiter. Menschen, die Ideen mit anderen teilen, arbeiten meist zusammen zum Nutzen aller Beteiligten. Ohne Geheimhaltung sinken die Preise, und es entsteht mehr Verantwortlichkeit.
In einem Gespräch mit dem Institute for the Future erklärte David Li, der Gründer von Xinchejian, dem ersten offiziellen Hackerspace Chinas, warum das Shanzhai-Modell ein Vorbild für offene Innovationen, Mikroherstellung und die Zukunft der individualisierten Industrie ist:
»Shanzhai-Hersteller respektieren geistiges Eigentum nicht und teilen alle Informationen offen miteinander. Keiner der Anbieter in diesem Ökosystem ist groß, und es gibt keinen Riesen, bei dem alle Fäden zusammenlaufen und der das Ökosystem kontrolliert. Jeder treibt alle anderen zum Aufbau eines effizienten Ökosystems der Mikroproduktion an, das schnell und mit geringem Aufwand auf den Markt reagieren kann.«
Nach seiner Beschreibung passen diese Firmen perfekt ins Modell des Institute for the Future für »Lightweight Innovation«: 50
Vernetzen Sie Ihre Organisationen: »Die Anbieter von Fahrrädern in Chongqing treffen sich in Teehäusern, und die Shanzhai-Anbieter in Shenzhen haben ein riesiges Netzwerk rund um die großen elektronischen Kaufhäuser aufgebaut.«
Belohnen Sie Erfindungsreichtum: »Die geringen Profite pro Stück zwingen die Shanzhai-Gemeinschaften dazu, um jeden Preis nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Wenn sie nicht liefern können, verdienen sie nichts. Dass etwas ›nicht hier erfunden‹ wurde, ist dabei nie ein Problem.«
Wagen Sie Offenheit: »Im Wilden Westen von Shanzhai geht es vor allem um Offenheit. Firmengeheimnisse der großen Unternehmen liegen hier völlig offen. Alles ist grundsätzlich ›quelloffen‹. Wenn man das Argument [der Rechte am geistigen Eigentum] unberücksichtigt lässt, wird dort die absolute Offenheit praktiziert, die wir in der Welt des Open Source anstreben.«
Werden Sie aktiv: »Die Shanzhai-Anbieter stellten früher Plagiate her, nachdem die Originalanbieter ihre Produkte auf den Markt gebracht hatten. Aber im letzten Jahr habe ich beobachtet, dass viele schon auf Gerüchte im Internet reagieren, insbesondere wenn sie mit Apple zu tun haben. Es war schon komisch, dass die Shanzhai mehrere großformatige iPhones (18 mal 25 Zentimeter) herstellten, nur weil es Gerüchte gab, das iPad werde aussehen wie ein riesiges iPhone.«
Der Aufstieg der Shanzhai-Geschäftspraktiken
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