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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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seit der Trennung von Asterom hatte die Vorstellung für Janet und ihn an Realität gewonnen. Vielleicht würde es einmal einen mutigeren Samuel Bulero und eine glücklichere Janet geben. In seinen Gedanken sah er die Augen vor sich, die eines Tages irgendwo in der Ferne zu einem sternenbedeckten Himmel hochschauen würden und vielleicht die Sonne ausmachten und sich Gedanken über die Erde machten, von der sie stammten. Er dachte an den spontanen, zerbrechlichen Charakter neuer Anfänge, an die quälende Unsicherheit neuer und komplexer Dinge. Eine Krise bahnt sich an, und das neue Wesen muß sich kristallisieren, komplett und stabil werden, oder das Licht in ihm wird flackern und verlöschen. Die Zeit wird daran vorbeigehen, vielleicht um es später wieder entstehen zu lassen, vielleicht aber auch nie mehr. Irgendwo war in einer klaren Mitternacht das menschliche Bewußtsein so geboren worden, hatte seinen Weg von komplexer physischer Organisation nach oben an den Wachhunden des Instinkts vorbei bis zur Selbsterkenntnis gemacht. Und wenn das neue Wesen seine Anfänge überlebt, wächst es … die Unsicherheit seines zufälligen, wunderbaren Anfangs ist weggewischt …
    In der letzten Woche hatte ein schwacher Funkspruch verkündet, daß die Ingenieure Asteroms für den Test des neuen Antriebs bereit waren. Wenn er erfolgreich war, ermöglichte der breitangelegte Quanteneffekt die Überbrückung des Raum-Zeit-Kontinuums auf der Parsek-Ebene. Ein weiterer möglicher günstiger Nebeneffekt war ein Kommunikationssystem ohne Zeitverzögerung; das Experiment mußte jedoch bei einem erheblichen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit durchgeführt werden. Zu dem Zeitpunkt, als sie der Funkspruch erreichte, war es bereits entweder gelungen oder fehlgeschlagen. Mit einem solchen Antrieb lag es im Bereich des Möglichen, daß Asterom in näherer Zukunft zurückkam.
    Während Sam dort stand und auf Ganymeds Oberfläche, die dunkle, aber doch beruhigende Landschaft seines neuen Lebens, hinausschaute, hoffte er, daß hier im Sonnensystem die Unvernunft lange schlafen würde, um den Wunden die Zeit für Heilung und der Liebe die Möglichkeit zu wachsen zu geben.
    Ganz gleich, wie oft er seine Gedanken den Abgereisten nachschickte, ganz gleich, wie weit sein Geist reichte oder sein Körper bestand, er mußte sterben. Nach ihm wurden andere geboren, die sich durch das Schattenspiel der Erscheinungen um ihn bewegen mußten. Diejenigen, die den Sonnenraum hinter sich gelassen hatten, mußten sterben und anderen Platz machen, bis die Zeit gekommen war, in der die Menschheit mehr als menschlich wurde. Er sah alle, die auf Mars und Ganymed lebten, alle, die ihm nahe waren, als Armee von Geistern, dazu verurteilt, im Nichts zu verschwinden. Der Gedanke erfüllte ihn mit Empörung. Das Leben dauerte länger als früher, aber bei weitem nicht lange genug.
    Ich werde hier sterben.
    „Sam, wie lange warst du heute hier? Du hast deinen Kurs früher entlassen, nicht wahr?“
    Er drehte sich um und erkannte ihre dunkle Gestalt bei der Fahrstuhlsäule. Sie kam näher, und er bemerkte einen Stift hinter ihrem Ohr. Ihr Haar war auf ihrem Kopf hochgebunden, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht war für ihn da. Endlich für mich.
    Sie reichte ihm ein Stück Papier.
    „Von Alard.“
    Er las die Worte im Licht der Sterne:
     
    NÄHERN UNS LICHTGESCHWINDIGKEIT FÜR EXPERIMENTBEGINN. FALLS ERFOLGREICH, HÖRT IHR VIELLEICHT NICHTS MEHR VON UNS. LEBT WOHL.
     
    Auch diese Botschaft war mehr als ein Jahr alt. Er sah Janet an. Ihr Gesicht war ruhig, und er erkannte, daß sie bereit war, während ihres Lebens nichts mehr von ihnen zu hören. Vielleicht hörte niemand mehr jemals wieder von ihnen, und diese Möglichkeit kam dem Tod am nächsten. Die Finsternis zwischen den Sternen hatte sie verschlungen.
    Alard und Richard hatten sich nicht mit den Sublicht-Gravitationsantrieben zufriedengegeben, der Asterom zu einem der hundert Sterne gebracht hätte, die innerhalb von einem Radius von dreißig Lichtjahren von der Sonne in akzeptabler Erd- oder Schiffszeit erreichbar waren. Die Makrowelt hatte sich statt dessen entschlossen, das nächste Stadium ihrer Beweglichkeit so bald wie möglich zu erreichen.
    Sam hatte ein Bild vor Augen: Alards Ingenieure und Konstrukteure waren damit beschäftigt, die Welleneffekte dichter Massen zu bändigen. Sie speisten sie mit enormer Elektroenergie, und die Beschleunigung der Makrowelt verkürzte die Lichtwellen vor ihr und

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