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Maler und Mädchen - Maler und Mädchen

Titel: Maler und Mädchen - Maler und Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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zum Fenster in dem kalten, dunklen Hinterzimmer gegangen, wo die zum Verkauf bestimmten Gemälde standen oder hingen.
    »Und welche wäre das?« hatte er geflüstert, während er mit dem Arm über die beschlagene Scheibe fuhr. Ein Wasserstrahl war fröhlich plätschernd auf dem Weg zu den Ritzen im Blechdach, unter dem das Brennholz für den kommenden Monat lagerte.
    Bevor sein Sohn in der Küche antwortete, langsam, mit so einer Stimme, wie wenn man Selbstgespräche führt, war er schon zu dem dreieckigen Stuhl gegangen, auf dem die Katze tagsüber schlief.
    »Daß jedes Wesen, so elend es ihm auch ergehen mag, immeralles daransetzen wird, am Leben zu bleiben. Nur das. Dasein und dableiben.«
    Er hatte das Kissen weggeschleudert, das Ding bei den Beinen gepackt und über seinen Kopf gehoben. Anstatt es mit aller Kraft gegen die Fensterscheibe zu schleudern, war er einige Augenblicke so stehen geblieben und hatte es dann ganz behutsam wieder abgestellt.
    Er hatte ihre letzte Stunde nicht mit ansehen können.
    Eine sechsunddreißigjährige Frau, eine Woche zuvor noch blond und blühend, die vom Bett aus mit glitzernden, blutroten Tieraugen um sich blickte auf der Suche nach Rettung. Als sie ihn entdeckte, war er bereits an der Tür. Das letzte, was er noch bemerkt hatte, bevor er aus dem Sterbezimmer floh, war, daß sein Sohn auf den Stuhl neben ihrem Bett kroch, sich dicht zu ihr beugte, sehr gefährlich, am Rande des Selbstmords, und ihr etwas ins Ohr zu flüstern begann.
     
    Er liebte Spitznamen. Seine erste Frau hatte er die Kleine Rote genannt (sie war nicht klein gewesen und rothaarig nur bei einer bestimmten Beleuchtung), diese nannte er meist Ricky, manchmal aber auch Maerti, was eigentlich nur ihre Funktionsbezeichnung gewesen war, als sie vor Jahren in sein Haus kam. Sie hatte nach dem Tod ihres Vaters ein Jahr lang bei einem Bauern in ihrem Dorf im Achterhoek gedient. Eine Dorfbewohnerin hatte ihr von einer guten Stelle in Amsterdam erzählt, wo ihr Bruder bereits wohnte. Sie zögerte einen Monat lang. Danach, ermutigt vom Bruder, der Torwächter des Anthonies-Tors war, Trompeter im Rathaus und gelegentlich natürlich auch Erdarbeiter, tauschte das damals zwanzigjährige Mädchen den Blick der dumpf auf die Stallwand starrenden Kuh gegen den scharfen Blick desMalers ein, der, wie sie fand, durchaus kein lästiger Kerl mit miesen Launen war. Absolut nicht! Wohlgemut erlebte sie die Luftveränderung von Mist und Milch zu Teer, Öl, Leim, Harz, Kohle und Kreide, bis sich zuletzt der Geruch der Pest näherte. Maerti bedeutet im Achterhoeker Dialekt, der wie das Westfriesische einen singenden, gutmütigen Tonfall hat, Magd, Dienstmagd, schwer schuftende Frau.
    Er ging weiter den Achterburgwal hinunter, die Gedanken sowohl bei seinem abgelehnten Gemälde als auch bei seiner toten Frau. Er bog in den Korte Kolksteeg, steuerte an dessen Ende die Brücke an und überquerte den Nieuwezijds Voorburgwal. Natürlich hatte sie nicht sterben wollen. Darin hatte sie hundertprozentig recht gehabt. Optimismus ist eine Nebenwirkung der Arglosigkeit. Sogar als es zu Sommerbeginn hier in der Stadt nach der abscheulichen Pest zu riechen begann, hatte sie das nicht sofort bemerkt. Wer selbst nicht auf Fäulnis eingestellt ist, hat nicht die beste Nase für Fäulnis in seiner Umgebung. Sie war gut, schön, ihr Körper sehr weich. Ihr Körper war wie sie. Falls je im Leihhaus oder auf einer Versteigerung eine Frauenbüste mit ihrem Hals, ihren Schultern und Brüsten angeboten würde, so ein schönes Stück sahniger Dolomitenalabaster, dessen Oberfläche sich an den Fingern weich wie Puder anfühlt, dann würde er sie sofort kaufen und zu Hause ein weißes Pelzchen darumlegen. Im übrigen riecht die Pest anfangs oft keineswegs nach Pest, nicht schwer und eklig wie ein altes, in die Gracht geworfenes Stück gekochten Fleisches, sondern aromatisch wie eine Seebrise.
    Es waren noch immer viele Leute auf der Straße, die, meist recht eilig, in entgegengesetzter Richtung dem Dam zustrebten. Einen Platz in einer der vorderen Reihen würden sievermutlich nicht mehr bekommen. Da war der Nieuwe Dijk und rechts um die Ecke die Brücke über den Damrak.
    Der Maler, eine bekannte Figur in der Stadt, starrte dumpf in die Ferne, weil ihm nicht danach war, bei einem Gruß seine Gedanken mit denen anderer zu kreuzen.
    … Wie sie, mit beiden Armen das zusammengerollte Trumm umfassend, zu ihm aufgeblickt hatte.
    »Hast du’s?« hatte er

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