Malibu wartet auf dich
bedeutungslos war. "Wir Harveys sind nicht gerade für unseren Riesenwuchs berühmt", fügte sie selbstironisch hinzu. Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung grinste der Junge fröhlich. "Du hast mir noch gar nicht erzählt, was dich hierher geführt hat."
Brian zuckte die Schultern. "Dad ist in England, um einen Film zu drehen, und ich dachte, es wäre nett, euch einmal zu besuchen."
Garrett Kingham war tatsächlich in England! Sarah erschrak.
Vor zehn Jahren war sie kein Kind mehr gewesen, und trotzdem hatte sie sich wie eine Furie auf Garrett Kingham gestürzt. Seit diesem Tag hatte sie ihn nicht wieder gesehen. Und auch jetzt wollte sie ihn nicht wieder sehen, obgleich das aufgrund Brians Anwesenheit ziemlich unvermeidlich war.
"Er hat dich mitgenommen, damit du hier deine Ferien verbringst?" erkundigte sie sich beiläufig.
"Ihm blieb gar nichts anderes übrig", entgegnete Brian grimmig. "Zu seinem großen Pech konnte er mich nämlich nicht wie sonst bei Onkel Jonathan und Tante Shelley abliefern, weil die beiden momentan selbst verreist sind." Unverhohlene Bitterkeit schwang in seinen Worten mit.
"Sarah fragte sich, wie oft Brian wohl im Lauf der Jahre bei seinem Onkel und seiner Tante "abgeliefert" worden sein mochte. Dem Tonfall nach zu urteilen, viel zu oft.
Vor zehn Jahren hatte Garrett ihnen unmissverständlich klar gemacht, dass er jeden Versuch ihrerseits, seinen Sohn zu sehen, vereiteln würde. Weil sie es für unfair hielten, ein Kind mit Familienstreitigkeiten zu belasten, hatten sie Garretts Wunsch Brian zuliebe respektiert, obwohl es ihnen sehr wehgetan hatte.
Nun jedoch war Brian alt genug, um für sich selbst zu entscheiden, und wie es schien, dachte er über seine Angehörigen in England anders als sein Vater. Sarah freute sich darüber, allerdings wusste sie auch, dass Garrett weniger begeistert sein würde.
"Ich bin sicher, er hat dich nicht einfach ,abgeliefert', Brian", tadelte sie vorsichtig. "Er muss schließlich arbeiten. Bestimmt sind deine Tante und dein Onkel sehr nett."
"Sie sind ganz in Ordnung", bestätigte er widerstrebend.
"Aber Dad ,muss' nicht arbeiten - er hat Geld genug."
"Meinst du nicht, dass neununddreißig ein bisschen früh für den Ruhestand ist?"
Zorn flammte in den leuchtend grünen Augen auf. Offenbar hatte Brian absolut nicht damit gerechnet, dass sie seinen Vater in diesem Punkt verteidigen würde. Dabei ergriff sie für niemanden Partei, sondern wollte Brian lediglich zeigen, dass jede Medaille zwei Seiten hatte. Insgeheim fand sie es gar nicht schlecht, dass Garrett diesmal gezwungen gewesen war, seinen Sohn mitzunehmen, und zwar nicht nur, weil sie dadurch Gelegenheit hatten, Brian wieder zu sehen. Sie hatte den Eindruck, dass Vater und Sohn, selbst wenn Garrett zu Hause war, viel zu wenig Zeit miteinander verbrachten.
"Er..."
"Entschuldige, dass ich nicht rechtzeitig an der Haltestelle war, um dich abzuholen, Brian", warf sein Großvater mit einem warnenden Blick in Sarahs Richtung ein. "Normalerweise hat der Bus immer Verspätung, und ich dachte, ich wäre früh genug losgegangen, aber als ich dann im Ort war, musste ich feststellen, dass der Bus ausgerechnet heute einmal pünktlich war."
Deshalb also hatte ihr Vater beschlossen, mitten in der Woche seinen Tabak zu holen, sonst unternahm er diesen Spaziergang immer samstags! "Demnach habt ihr beide euch verpasst", meinte Sarah trocken.
"Nun ja ..." Ihr Vater verzog das Gesicht. "Als ich im Ort eintraf, war der Bus längst fort, und Mrs. Hall vom Laden konnte mir nicht sagen, ob ein Junge ausgestiegen war oder nicht. Ich dachte, Brian hätte es sich vielleicht anders überlegt und wäre nicht gekommen."
Gerührt beobachtete sie, wie ihr Vater seinen Enkel betrachtete. Ihr Vater war ein wunderbarer, liebevoller Mensch, er hatte für sie und Amanda stets Zeit erübrigt und hätte inzwischen eigentlich ein halbes Dutzend Enkelkinder haben müssen, die er nach Herzenslust verwöhnen könnte. Aber Amanda hatte nur Brian gehabt, und sie selbst... Sarahs Schüler waren ihre Kinder.
"Ich habe mich auf der Tankstelle nach dem Cottage erkundigt", berichtete Brian. "Dort sagte man mir, am einfachsten sei es zu finden, wenn ich der Küste folge. Also bin ich den Strand entlanggegangen."
"Das ist der kürzeste Weg." Sein Großvater nickte.
"Allerdings schmerzen meine alten Beine bei einem Marsch über den weichen Sand."
"Achte nicht auf ihn, Brian", riet Sarah. "Seit zwanzig Jahren erzählt er mir, wie alt
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