Malloreon 1 - Herrn des Westens
wahr?« murmelte der kleine Mann, als sie den Gefangenen im rostroten Wams unsanft in einer Ecke abluden.
»Sammeln wir die Schriftstücke ein«, sagte Javelin. »Ich möchte sie durchsehen.«
Garion schnallte das Schwert ab, ließ seinen Helm auf den Teppich fallen und plagte sich aus dem schweren Kettenhemd, dann sank er müde auf einen weichen Diwan.
»Ich bin völlig erschöpft«, gestand er. »Mir ist, als hätte ich eine ganze Woche kein Auge zugetan.«
Silk zuckte die Schultern. »Das sind die Freuden eines Befehlshabers.«
Die Tür schwang auf und Belgarath trat ein. »Durnik sagte, ich würde euch hier finden.« Er schlug die Kapuze seines abgetragenen Umhangs zurück. Dann durchquerte er das große Gemach und stupste den Gefangenen in der Ecke. »Er ist doch nicht tot, oder?«
»Nein«, erwiderte Garion. »Durnik schickte ihn nur mit seiner Keule schlafen.«
»Warum die Augenbinde?« Der Alte deutete auf den blauen Stoffstreifen.
»Er setzte Zauberei ein, ehe wir ihn gefangennahmen. Ich hielt es für eine gute Idee, wenn er nichts sehen kann.«
»Das kommt darauf an, wie gut er ist. Durnik hat Soldaten ausgeschickt, die anderen zu suchen, dann ging er zum Lager, um die Damen zu holen.«
»Könnt Ihr ihn wecken?« fragte Silk.
»Das überlasse ich lieber Pol. Sie kann das sanfter als ich. Ich möchte nicht unbeabsichtigt Schaden anrichten.«
Etwa eine Dreiviertelstunde später hatten sich alle in dem großen Gemach eingefunden. Belgarath schaute sich um, dann setzte er sich wie in einen Sattel auf einen hochlehnigen Stuhl vor den Gefangenen. »Also gut, Pol«, forderte er seine Tochter auf, »weck ihn!«
Polgara öffnete ihren blauen Umhang, kniete sich neben den Bewußtlosen und drückte die Hände an seine Schläfen. Garion hörte ein wisperndes Rauschen. Ulfgar stöhnte.
»Warte ein paar Minuten«, riet sie, während sie aufstand. »Dann kannst du ihn vernehmen.«
»Er wird vermutlich kein Wort sagen wollen«, prophezeite Brin mit breitem Grinsen.
»Ich wäre bitter enttäuscht, wenn du nicht recht hättest«, sagte Silk, der in der Lade eines polierten Pultes kramte.
»Habt ihr Barbaren mich geblendet?« fragte Ulfgar mit schwacher Stimme, als er sich aufzusetzen versuchte.
»Nein«, entgegnete Polgara. »Wir haben Eure Augen verbunden, damit Ihr nicht auf dumme Gedanken kommt.«
»Sind meine Wärter Frauen?« Verachtung schwang in Ulfgars Stimme.
»Ich bin eine Frau!« rief Ce'Nedra und schob ihren dunkelgrünen Umhang an einer Seite zurück. Der Klang ihrer Stimme warnte Garion und rettete dem Gefangenen das Leben. Mit funkelnden Augen riß sie einen Dolch aus Vellas Gürtel und stürzte sich mit der erhobenen Klinge auf den Mann mit den verbundenen Augen. Im letzten Moment gelang es Garion ihren Arm zu fassen und ihr den Dolch zu entwinden.
»Gib ihn mir zurück!« keuchte sie.
»Nein, Ce'Nedra.«
»Er hat mein Baby geraubt!« schrillte sie. »Ich bring' ihn um!«
»Nein, das wirst du nicht. Wir erfahren nichts von ihm, wenn er tot ist.« Ohne sie loszulassen, gab er Vella den Dolch zurück.
»Wir haben ein paar Fragen an Euch, Ulfgar«, sagte Belgarath.
»Ihr werdet eine lange Zeit auf die Antworten warten müssen.«
»Ich bin so froh, daß er das gesagt hat«, murmelte Hettar. »Wer möchte anfangen, ihn ein bißchen mit dem Messer zu kitzeln?«
»Tut, was ihr wollt«, sagte Ulfgar hohnlächelnd. »Mein Körper ist von keiner Bedeutung für mich.«
»Wir werden alles tun, Eure Einstellung zu ändern«, warf nun Vella mit bedrohlich süßer Stimme ein und prüfte die Schärfe der Dolchschneide.
»Was genau möchtest du denn wissen, Belgarath?« fragte Botschaft. Er wandte sich von einer Bronzestatue in einer Ecke ab, die er neugierig betrachtet hatte. »Ich kann dir die Antworten geben, wenn du möchtest.«
Belgarath blickte den blonden Jungen scharf an. »Weißt du, was er denkt?«
»Mehr oder weniger, ja.«
»Wo ist mein Sohn?« fragte Garion rasch.
»Das weiß er nicht«, erwiderte Botschaft. »Er hatte mit der Entführung nichts zu tun.«
»Wer dann?«
»Er ist nicht sicher, aber er meint, es war Zandramas.«
»Zandramas?«
»Dieser Name taucht immer wieder auf, nicht wahr?« sagte Silk.
»Weiß er, wer Zandramas ist?«
»Nicht wirklich. Er hat den Namen nur von seinem Herrn gehört.«
»Wer ist sein Herr?«
»Er hat Angst, auch bloß den Namen zu denken«, antwortete Botschaft. »Jedenfalls ist es ein Mann mit fleckigem Gesicht.«
Der Gefangene bemühte
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