Malloreon 1 - Herrn des Westens
wieder heraus. Als die Gänse mich entdeckten, flatterten sie natürlich gackernd in alle Richtungen davon. Ich konnte nicht erkennen, welche er war.«
»Du wirst eben alt!«
»Kehr vor deiner eigenen Tür, Belgarath!«
»So wichtig ist er sowieso nicht mehr.« Belgarath zuckte die Schultern. »Was von ihm zu erfahren war, haben wir auch erfahren.«
»Mir wäre es trotzdem lieber, wenn es ihn nicht mehr gäbe. Und sei es nur darum, daß der Tod eines seiner Lieblingshunde Urvon ärgern würde. Ich gäbe viel, wenn ich ihm eins auswischen könnte!«
»Weshalb nennt Ihr ihn immer Hund?« fragte Hettar.
»Weil er ein Chandim ist – einer der Hunde Toraks.«
»Könntet Ihr das erklären?« bat Königin Porenn.
Beldin holte tief Atem, um seiner Erregung Herr zu werden. »Nun, das ist nicht allzu schwierig. Als Cthol Mishrak in Mallorea erbaut wurde, übertrug Torak einigen Grolims die Aufgabe, die Stadt zu bewachen. Damit sie sie wie erwartet erfüllen konnten, wurden sie zu Hunden.«
Garion schauderte. Er erinnerte sich noch vage an die gewaltigen Hundegestalten, auf die sie in der Stadt der Nacht gestoßen waren, als er das erste Mal Fuß auf malloreanischen Boden setzte, um sich Torak, dem Herrn der Finsternis, zu stellen.
»Nach der Schlacht von Vo Mimbre«, fuhr Beldin fort, »als Torak in den all die Jahrhunderte dauernden Schlaf geschickt wurde, hatte Urvon sich in das verbotene Gebiet um die Ruinen gewagt, und es gelang ihm, einen Teil der Hundemeute zu überzeugen, daß er zum Besten des alten Brandgesichts handle. Er nahm sie mit sich nach Mal Yaska und verwandelte sie allmählich zurück in Grolims, wenngleich dies etwa die Hälfte von ihnen das Leben kostete. Jedenfalls nennen sie sich Chandim – eine Art Geheimorden innerhalb der Grolimkirche. Sie sind Urvon mit unerschütterlicher Treue ergeben – und alle verhältnismäßig gute Zauberer. Doch im Grund genommen sind sie immer noch Hunde – sehr gehorsam und im Rudel gefährlicher als einzeln.«
»Welch eine faszinierende kleine Geschichte«, bemerkte Silk. Er hatte bei Beldins Worten von einer Schriftrolle aufgeblickt, die er in einem Schränkchen gefunden hatte.
»Ihr habt ein sehr vorlautes Mundwerk!« wies Beldin ihn verärgert zurecht. »Wie wär's, wenn ich Euch die Lippen zusammenwachsen ließe?«
»Die Mühe möchte ich Euch nicht zumuten, Beldin.«
»Was jetzt, Belgarath?« fragte Porenn.
»Jetzt? Jetzt suchen wir natürlich Zandramas. Dieser Trick mit dem Kult hat uns ziemlich viel Zeit gekostet, aber er wird uns nicht entgehen!«
»Darauf kannst du dich verlassen!« sagte Garion. »Ich habe schon einmal mit dem Kind der Finsternis abgerechnet, und wenn es denn sein muß, schaffe ich es auch ein zweites Mal, hoffe ich.« Er wandte sich wieder an Botschaft. »Hast du eine Ahnung, weshalb Urvon den Tod meines Sohnes will?«
»Es hat mit einer Stelle in einer Schrift zu tun. In ihr steht, wenn dein Sohn je in Zandramas' Hand fällt, wird Zandramas fähig sein, ihn dazu zu benutzen, etwas zu tun. Was immer das sein mag: um es zu verhindern, würde Urvon sogar die Welt vernichten.«
»Und was ist das, was Zandramas zu tun imstande wäre?« fragte Belgarath angespannt.
»Das weiß Harakan nicht. Er weiß nur, daß er versagt hat.«
Belgarath lächelte kalt. »Ich glaube, wir brauchen keine Zeit mit der Verfolgung Harakans zu verschwenden.«
»Wir sollen ihn nicht verfolgen?« rief Ce'Nedra entrüstet. »Nach allem, was er gegen uns unternommen hat?«
»Urvon wird uns seine Bestrafung abnehmen, und sie wird schrecklicher sein als alles, was wir uns für ihn hätten ausdenken können.«
»Wer ist dieser Urvon?« erkundigte sich General Brendig.
»Toraks dritter Jünger«, antwortete Belgarath. »Es gab ursprünglich drei: Ctuchik, Zedar und Urvon. Er ist der einzige, der noch auf Erden lebt.«
»Wir wissen immer noch nichts über Zandramas«, erinnerte sie Silk.
»Einiges doch. Beispielsweise, daß Zandramas jetzt das Kind der Finsternis ist.«
»Das paßt irgendwie nicht zusammen, Belgarath«, brummte Barak. »Weshalb sollte Urvon sich gegen das Kind der Finsternis stellen wollen? Sie sind doch auf derselben Seite, oder etwa nicht?«
»Offenbar nicht. Es sieht ganz so aus, als gäbe es Meinungsverschiedenheiten bei der anderen Seite.«
»Gut für uns.«
»Ich würde gern ein bißchen mehr wissen, ehe ich mich darüber freuen kann.«
Erst am Spätnachmittag wurde der letzte Widerstand im Südostviertel von Rheon
Weitere Kostenlose Bücher