Malloreon 1 - Herrn des Westens
Mädchen in weißem Gewand. Sie hatte dunkelblondes Haar, und ein friedliches Lächeln spielte um ihre Züge. Sie wartete geduldig in der Mitte des Gemachs. Neben ihr stand einer der größten Männer, die Garion je gesehen hatte. Er trug einen ärmellosen Kittel aus grob gewobener, ungebleichter Wolle. Seine einzige Waffe war ein dicker, glänzender Stock. Er überragte Hettar um ein gutes Stück, und die Muskeln seiner Arme waren furchteinflößend. Irgendwie erweckte es den Anschein, als kauere er über seiner schmalen Herrin, die er wachsamen Blickes beschützte.
»Hat sie gesagt, wer sie ist?« fragte Belgarath leise Polgara, nachdem sie sich zu den anderen gesellt hatten.
»Nein«, antwortete seine Tochter. »Nur, daß sie mit dir und Belgarion sprechen muß.«
»Sie heißt Cyradis«, sagte Botschaft, der in der Nähe stand.
»Du kennst sie?« fragte Garion.
»Wir sind uns einmal begegnet – im Tal. Sie wollte etwas über mich herausfinden, deshalb kam sie, und wir redeten.«
»Was wollte sie über dich wissen?«
»Das sagte sie nicht.«
»Hast du sie denn nicht gefragt?«
»Ich glaube, wenn sie gewollt hätte, daß ich es weiß, hätte sie es mir gesagt.«
»Ich möchte mit Euch sprechen, ehrwürdiger Belgarath«, sagte die Seherin da mit heller, klarer Stimme. »Und mit Euch ebenfalls, Belgarion.«
Die beiden traten näher.
»Mir ist nur kurze Zeit gewährt, euch Wichtiges zu sagen. Wisset als erstes, daß eure Aufgabe noch nicht beendet ist. Die Notwendigkeit erfordert eine weitere Begegnung des Kindes des Lichtes mit dem Kind der Finsternis. Und laßt euch sagen, daß diese Begegnung die letzte sein wird; denn dabei wird die endgültige Wahl zwischen dem Licht und der Finsternis getroffen.«
»Und wo soll diese Begegnung stattfinden, Cyradis?« fragte Belgarath mit angespanntem Gesicht.
»In Gegenwart des Sardion – an dem Ort, der nicht mehr ist.«
»Und wo ist das?«
»Der Weg zu diesem schrecklichen Ort ist in den Mysterien zu finden, Ehrwürdiger. Dort müßt Ihr ihn suchen.« Sie wandte das Gesicht Garion zu und streckte eine Hand halb nach ihm aus. »Euer Herz ist wund, Belgarion«, sagte sie voll Mitgefühl, »denn Zandramas, das Kind der Finsternis, hat Euch den Sohn geraubt und flieht mit ihm zu dem Sardion. Es liegt an Euch, Zandramas den Weg zu diesem Stein zu verwehren – denn die Sterne und die Stimmen der Erde verkünden, daß die Macht der Finsternis in dem Sardion liegt, so wie die Macht des Lichtes im Auge Aldurs ruht. Gelingt es Zandramas den Dunklen Stein mit dem Kind zu erreichen, wird die Finsternis siegen, und ihr Sieg wird ewig sein!«
»Wie geht es meinem Baby?« Ce'Nedras Gesicht war totenbleich, und unbeschreibbare Angst sprach aus ihren Augen.
»Dem Kind geht es gut, und es hat nichts zu befürchten, Ce'Nedra«, beruhigte Cyradis sie. »Zandramas sorgt für seine Sicherheit – nicht aus Liebe, sondern aus Notwendigkeit.« Ein tiefer Schatten zog plötzlich über das Gesicht der Seherin. »Ihr müßt Euch jedoch wappnen«, fuhr sie fort. »Denn sollte es keine andere Möglichkeit geben, Zandramas daran zu hindern, den Sardion mit Eurem Sohn zu erreichen, bleibt keine andere Wahl, als daß Ihr – oder Euer Gemahl – das Kind tötet.«
»Geran töten?« rief Ce'Nedra entsetzt. »Nie!«
»Dann wird die Finsternis für alle Zeit über die Welt herrschen«, entgegnete Cyradis ruhig. Sie wandte sich wieder an Garion. »Meine Zeit wird knapp. Hört nun gut auf meine Worte! Die Wahl Eurer Begleiter muß nach den Erfordernissen getroffen werden, nicht nach Eurem Gutdünken. Sollte Eure Wahl falsch ausfallen, werdet Ihr Eure Aufgabe nicht erfüllen können. Zandramas wird Euch besiegen. Euer Sohn wird Euch für immer verloren sein, und die Welt, wie Ihr sie kennt, wird es nicht mehr geben.«
Garions Gesicht war düster. »Sprecht! Sagt, was Ihr noch zu sagen habt!« Ihre Worte, daß er oder Ce'Nedra, gleich unter welchen Umständen, je ihr eigenes Kind töten könnten, hatte ihn mit Zorn erfüllt.
»Ihr werdet diesen Ort in Begleitung des ehrwürdigen Belgarath und seiner zuhöchst verehrten Tochter verlassen. Ebenfalls werdet Ihr den Träger des Auges mit Euch nehmen und Eure Gemahlin.«
»Absurd!« begehrte er auf. »Ich denke nicht daran, Ce'Nedra – oder Botschaft – einer solchen Gefahr auszusetzen!«
»Dann braucht Ihr gar nicht aufzubrechen, denn es wird Euch kein Erfolg beschieden sein.«
In hilflosem Grimm starrte er sie an.
»Außerdem sollen
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