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Malloreon 1 - Herrn des Westens

Malloreon 1 - Herrn des Westens

Titel: Malloreon 1 - Herrn des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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listiger Vater Varana vor einigen Jahren ›adoptiert‹ hatte und der General jetzt Thronerbe war.
    Varana führte sie hinkend durch die Marmorkorridore des gewaltigen Palastes zu einem stillen Flügel und einer Tür, vor der zwei Legionäre in brüniertem Harnisch Wache standen.
    Während sie sich ihr näherten, öffnete sich die Tür leise, und Lord Morin, der braungewandete Kaiserliche Hausmeier, trat heraus. Morin war gealtert, seit Garion ihn das letzte Mal gesehen hatte, und deutlich war seine Besorgnis um den Kaiser seinem Gesicht abzulesen.
    »Lieber Morin«, sagte Ce'Nedra und umarmte den engsten Freund ihres Vaters.
    »Kleine Ce'Nedra«, antwortete er voll Zuneigung. »Ich bin so froh, daß Ihr noch rechtzeitig angelangt seid. Er hat nach Euch gefragt. Vielleicht hat allein die Tatsache, daß Ihr kommen würdet, ihn noch so lange am Leben gehalten.«
    »Ist er wach?«
    Morin nickte. »Er schlummert viel, aber wenn er wach ist, ist er gewöhnlich bei klarem Verstand.«
    Ce'Nedra straffte die Schultern und bemühte sich um ein zuversichtliches, strahlendes Lächeln. »Dann wollen wir!« sagte sie.
    Ran Borune lag in einem riesigen Himmelbett unter einer goldfarbenen Decke. Er war nie ein sehr kräftiger Mann gewesen, und durch die Krankheit war er nun bis fast auf die Knochen abgemagert. Seine Haut wirkte weniger bleich denn grau, und seine Hakennase war jetzt spitz und hob sich aus dem Gesicht wie der Bug eines Schiffes. Er hatte die Augen geschlossen, und seine schmale Brust schien zu flattern, während er um Atem rang.
    »Vater!« rief Ce'Nedra so leise, daß ihre Stimme kaum mehr als ein Wispern war.
    Der Kaiser öffnete ein Auge. »Nun«, sagte er mürrisch, »da bist du ja endlich.«
    »Nichts hätte mich dir fernhalten können, Vater.« Sie beugte sich über das Bett und hauchte einen Kuß auf seine eingefallene Wange.
    »Nicht sehr ermutigend«, brummte er.
    »Und jetzt, da ich hier bin, werden wir zusehen, daß du wieder ganz gesund wirst!«
    »Fang nicht an, mir was vorzumachen, Ce'Nedra. Meine Ärzte haben mich aufgegeben.«
    »Was wissen die schon! Wir Borunes sind nicht unterzukriegen!«
    »Hat jemand dieses Gesetz erlassen, während ich nicht aufpaßte?« Der Kaiser blickte über die Schulter seiner Tochter auf seinen Schwiegersohn. »Du siehst gut aus, Garion«, stellte er fest. »Und bitte vergeude deinen Atem nicht, indem du mich anlügst und sagst, wie gut ich aussehe. Ich sehe furchtbar aus, nicht wahr?«
    »Ich würde es nicht wagen, dir zu widersprechen.«
    Ran Borune grinste flüchtig, dann wandte er sich wieder seiner Tochter zu. »Nun, Ce'Nedra«, sagte er freundlich, »und worüber wollen wir heute streiten?«
    »Streiten? Warum glaubst du, daß wir streiten werden?«
    »Weil wir das immer tun. Ich freue mich schon die ganze Zeit darauf. Ich hatte keinen so richtig schönen Streit mehr, seit du mir damals meine Legionen gestohlen hast.«
    »Geborgt, Vater«, verbesserte sie ihn unwillkürlich spitz.
    »So nennst du es?« Er blinzelte Garion verschmitzt zu. »Du hättest hier sein sollen. Sie reizte mich zu einem Tobsuchtsanfall, und dann stibitzte sie meine ganze Armee, während ich vor Wut schäumte.«
    »Stibitzte!« empörte sich Ce'Nedra.
    Ran Borune fing zu lachen an, doch dann wurde qualvoller Husten daraus, der ihn so schwächte, daß er nicht einmal mehr den Kopf heben konnte. Er schloß die Lider und schlief eine Weile vor Erschöpfung, während Ce'Nedra besorgt über ihn wachte.
    Nach etwa einer Viertelstunde kehrte Lord Morin leise mit einem Fläschchen und einem Silberlöffel zurück. »Es ist Zeit für seine Arznei«, flüsterte er Ce'Nedra zu. »Ich glaube nicht, daß sie viel hilft, aber wir geben sie ihm trotzdem.«
    »Bist du es, Morin?« fragte der Kaiser, ohne die Augen zu öffnen.
    »Ja, Ran Borune.«
    »Habt ihr schon Bescheid von Tol Rane?«
    »Ja, Eure Majestät.«
    »Und?«
    »Ich fürchte, auch dort ist nicht mehr die richtige Jahreszeit.«
    »Es muß doch wenigstens einen Baum auf der Welt geben, der noch Früchte trägt!« sagte der ausgemergelte kleine Mann im kaiserlichen Bett verärgert.
    »Seine Majestät hat den Wunsch nach frischem Obst geäußert«, erklärte Morin Ce'Nedra und Garion.
    »Nicht irgendein Obst, Morin«, erläuterte Ran Borune, »sondern Kirschen. Ich möchte Kirschen. Im Augenblick gäbe ich dem Mann, der mir reife Kirschen brächte, ein Großherzogtum.«
    »Sei doch nicht so unvernünftig, Vater«, rügte Ce'Nedra. »Die Kirschenzeit

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