Malloreon 1 - Herrn des Westens
Nichts könnte sie besser beschreiben.«
»Aber es war etwas zu grob.«
»Nicht unter den Umständen. Damit gelang es Euch allerdings, Euch eine beachtliche Menge Feinde fürs ganze Leben zu schaffen.«
»Das hat mir gerade noch gefehlt«, entgegnete Garion säuerlich. »In ein paar Jahren werde ich wohl Feinde in jedem Winkel der Welt haben.«
»Wenn ein König sich keine Feinde macht, regiert er nicht richtig, Belgarion. Jeder Esel kann sich durchs Leben schummeln, ohne jemanden zu beleidigen.«
»Danke!«
Es hatte so allerhand Mutmaßungen über den Kurs gegeben, den Varana nach dem Tod Ran Borunes einschlagen würde, und viel Unsicherheit. Seine ›Adoption‹ durch den Kaiser war zweifellos ein Behelf ohne viel gesetzlichen Rückhalt gewesen. Die Thronkandidaten, von der Gier nach der Kaiserkrone geblendet, hatten sich eingeredet, daß er nur als eine Art Reichsverweser anzusehen war, bis die Thronfolge auf die übliche Weise geregelt war.
Die Sache blieb ungeklärt – bis zu Varanas offizieller Krönung zwei Tage nach Ran Borunes Beisetzung. Die hämische Freude der Thronanwärter war fast greifbar, als der General in seiner Uniform, anstatt im traditionellen Goldumhang, den nur der Kaiser tragen durfte, zum Tempel humpelte. Offenbar nahm dieser Mann seine Erhebung nicht ernst. Es mochte zwar eine beachtliche Summe kosten, ihn zu bestechen, doch der Weg zum Kaiserpalast war noch offen. Das Grinsen wurde breit, als Varana in seinem mit Gold eingelegten Harnisch auf den Altar zuhinkte.
Der fette Hohepriester beugte sich zu einem kurzen, geflüsterten Wortwechsel vor, und sein Gesicht wurde kreidebleich. Heftig zitternd öffnete er die Truhe aus Gold und Kristall auf dem Altar und hob die mit Edelsteinen besteckte Kaiserkrone heraus. Varanas kurzgeschnittenes Haar wurde gesalbt, und der Hohepriester hob die Krone mit bebenden Händen. »Ich kröne Euch«, begann er mit einer Stimme, die vor Furcht fast quiekte, »ich kröne Euch zum Kaiser Ran Borune XXIV. Herrscher über Tolnedra.«
Es dauerte einen Augenblick, bis die Bedeutung ins Bewußtsein drang. Dann, als die tolnedrischen Edlen erkannten, was die Wahl dieses Kaisernamens besagte – Varana drückte damit unmißverständlich aus, daß er beabsichtigte, den Thron für sich zu behalten –, erklangen Empörungsrufe. Sie verstummten jedoch rasch, denn die tolnedrischen Legionäre, die sich ruhig hinter den Säulenreihen rings um die Tempelhalle aufgestellt hatten, zogen rasselnd ihre Schwerter. Sie hoben sie zum Salut.
»Heil Ran Borune!« donnerten sie. »Heil Kaiser von Tolnedra!«
Und das war es dann.
Als Garion, Ce'Nedra und der neugekrönte Kaiser im goldenen Licht Dutzender von Kerzen im kaiserlichen Privatgemach beisammensaßen, sagte Varana: »Überraschung ist in der Politik so wichtig wie in der militärischen Taktik, Belgarion. Wenn der Gegner nicht weiß, was man vorhat, kann er keine Gegenmaßnahmen ergreifen.« Nun trug der General das Goldgewand des Kaisers.
»Klingt sehr weise.« Garion nippte an dem tolnedrischen Wein in seinem Kelch. »Dadurch, daß Ihr Euren Harnisch statt des Kaiserumhangs getragen habt, blieben sie bis zuletzt im dunkeln.«
»Das tat ich auch aus einem ganz anderen Grund.« Varana lachte. »Viele dieser jungen Edlen haben eine militärische Ausbildung genossen, und wir bringen unseren Legionären bei, Messer zu werfen. Da ihnen mein Rücken zugewandt war, zog ich es vor, eine gute, dicke Lage Stahl zwischen meinen Schulterblättern zu haben.«
»Tolnedrische Politik ist recht nervenaufreibend, nicht wahr?«
Varana nickte. »Aber sie macht auch Spaß.«
»Ihr habt offenbar eine ausgefallene Vorstellung von Spaß. Auch ich sollte so einige Male als Zielscheibe für Dolche dienen, aber fand das gar nicht erheiternd.«
»Wir Anadiler hatten immer schon einen ungewöhnlichen Humor.«
»Boruner, Onkel«, verbesserte ihn Ce'Nedra.
»Was sagtest du, Liebes?«
»Du bist jetzt ein Boruner, Onkel, kein Anadiler – und du solltest dich wie einer benehmen.«
»Launenhaft? Mürrisch? Meinst du das? Weißt du, das liegt mir nicht.«
»Ce'Nedra könnte Euch darin Unterricht erteilen, wenn Ihr möchtet«, schlug Garion vor und blickte seine Frau liebevoll schmunzelnd an.
»Wa-as?« rief Ce'Nedra empört, und ihre Stimme überschlug sich.
»Ja, ich glaube, das könnte sie«, entgegnete Varana lächelnd. »Sie war darin immer recht gut.«
Ce'Nedra seufzte abgrundtief und betrachtete die beiden grinsenden
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