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0505 - Der japanische Geist

0505 - Der japanische Geist

Titel: 0505 - Der japanische Geist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Es war selbst für eine Stadt wie London eine kleine Sensation, daß aus Japan die bekannten Sumo-Ringer erschienen waren, um an der Themse zu zeigen, was diesen Sport im Land der aufgehenden Sonne so populär gemacht hatte.
    Nicht nur Japaner waren unter den Zuschauern, es hatten sich auch viele Engländer eingefunden. Einige hatten weite Anfahrten in Kauf genommen, denn die Schlacht der beiden Meister war werbewirksam angekündigt worden.
    Als hoher Favorit galt Naginata, der Rammbock. In Tokio eine Institution, ein Fighter, der verhätschelt wurde wie ein kleines Kind.
    Er hatte noch keinen Kampf verloren, und heute wollte er vor dem englischen Publikum seinen Kontrahenten Tisho in Grund und Boden stampfen.
    Die Wetten standen gut. Man gab Tisho keine Chance, obwohl dieser ebenfalls noch keinen Kampf verloren hatte und mit allen Wassern gewaschen war. Aber dem Rammbock traute man mehr zu.
    Noch wartete er in seiner Kabine. Der Lärm aus der Halle drang nur als gedämpfte Geräuschkulisse durch die Betonwände. Ein nie abreißendes Brausen, um das sich Naginata nicht kümmerte.
    Er hockte auf einer Bastmatte wie ein gewaltiger Buddha. Sein feistes Gesicht schien nur aus Speckrollen zu bestehen. Es war bleich und sah aus wie gepudert. Es besaß einen fast kindlichen Ausdruck.
    Sein Haar mußte einmal schwarz gewesen sein. Darauf deuteten die strichförmigen Augenbrauen hin. Auf dem Kopf aber wuchs kein einziges Härchen mehr. Er war glatt und kahl wie eine Billardkugel. Die Ohren bestanden nur aus Knorpeln. Jemand mußte sie ihm irgendwann einmal regelrecht zusammengedrückt haben.
    Unter dem schwarzen Stoff des Bademantels war der massige Körper schon zu ahnen. Aus den Ärmellöchern stachen die Hände hervor wie zwei Teigberge.
    Naginata bewegte sich nicht. Vor einem Kampf konzentrierte er sich.
    Diese Zeit brauchte er. Sie überschritt nie eine halbe Stunde. Da konnte er sich sammeln und mit den Personen Kontakt aufnehmen, die es sichtbar nicht gab, wie er stets betonte. Angeblich lebten sie in einer anderen Welt und waren seine wahren Freunde.
    Man wagte nicht, Naginata darauf anzusprechen. Die Ruhe- und Meditationspause war ihm heilig. Er meldete sich stets, wenn sie beendet war.
    Wie auch jetzt!
    Aus seinem Mund, einer runden, fast lippenlosen Öffnung drang ein hoher, leicht schrill klingender Schrei, der auch im Nebenraum vernommen wurde.
    Wenig später öffnete sich die Tür. Auf der Schwelle stand ein trauernder Mann. In seinem dunklen Anzug wirkte er wie ein hagerer Totengräber. Fehlte nur noch der Zylinder. Er verbeugte sich vor dem Rammbock, der sich ächzend auf die Füße stemmte.
    »Ist noch etwas?« fragte der andere.
    »Nein, wir können.«
    »Ich danke dir!«
    Naginata blieb vor dem Ankömmling stehen. Dieser war nicht mehr zu sehen. Die gewaltige Körperfülle des Rammbocks verdeckte ihn völlig. »Ich habe ein gutes Gefühl, Igeno!«
    »Du wirst ihn schlagen?«
    Naginata lachte scharf und heiser. »Ich werde ihn nicht schlagen oder besiegen, ich werde ihn zerbrechen. Er wird nicht mehr kämpfen können.« Der Rammbock redete mit einer Fistelstimme, doch niemand wagte es, darüber zu lachen.
    »Ich wünsche es uns!« sagte Igeno. »Wir müssen jetzt gehen. Man wartet. Tisho ist bereits da!«
    »Ja, er soll in die Hölle schauen!«
    Nach dieser Antwort mußte Igeno rasch zur Seite gehen, weil sich der Rammbock bewegte. Er paßte kaum durch die Türöffnung. Naginata ging wie alle Sumo-Ringer. Breitbeinig, leicht schaukelnd. Er hob stets einen Fuß an, stemmte ihn dann zu Boden, bevor er den anderen in die Höhe drückte. So walzte er daher wie ein Schiff, das auf den schwankenden Wogen des Meeres schaukelte.
    Der Gang zur Halle war freigehalten worden. Kein Reporter lauerte, kein Zuschauer konnte sich verirren. Einige Bodyguards standen da wie Säulen.
    Igeno ging vor. Er war nervös. Während des Gehens rieb er seine Hände. Manchmal zuckten die Mundwinkel, die einen traurig wirkenden Zug nach unten zeigten.
    Vor einer Stahltür blieb er stehen. Erst auf ein akustisches Signal hin öffnete sich die Tür.
    Der Lärmpegel aus der Halle schwappte gegen Manager und Ringer. Eine Lautsprecherstimme schwang durch die Halle. Der Sprecher beschäftigte sich mit Tisho, dem Gegner des Rammbocks.
    Er war dabei, die Siege des Ringers aufzuzählen.
    Die Bodyguards schirmten die Öffnung ab. Dennoch war Naginata von einem findigen Reporter entdeckt worden. Blitzschnell sprach es sich herum, daß er jetzt

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