Malloreon 2 - König der Murgos
Garion. Alle Bücher der Welt nützen nichts, wenn sie ungeordnet herumliegen.« Er bückte sich leicht und griff nach einer Schriftrolle in schwarzer Hülle. »Das ist sie!« rief er triumphierend. »Jeebers hat uns direkt zu ihr geführt!« Er nahm sie zum Ende des Ganges mit, wo ein Tisch und eine Bank unter einem hohen, schmalen Fenster standen, durch das die bleiche Wintersonne golden auf den Steinboden schien. Er setzte sich und löste behutsam die Bänder, die die Rolle in ihrer schwarzen Samthülle zusammenhielten. Als er sie herauszog, stieß er eine Reihe schlimmster Verwünschungen aus.
»Was ist los?« fragte Garion.
»Typische Grolim-Dummheit«, knurrte der Alte. »Sieh dir das an!« Er streckte die Schriftrolle aus. »Sieh dir das Pergament an!«
Garion betrachtete es. »Es sieht aus wie jedes andere Pergament auch.«
»Es ist Menschenhaut«, schnaubte Belgarath wütend.
Garion zuckte ekelerfüllt zurück. »Das ist ja grauenhaft!«
»Darum geht es nicht. Wessen Haut es auch immer gewesen ist, er war ohnehin tot. Das Problem ist, daß sich Tinte auf Menschenhaut nicht hält.« Er rollte die Schrift etwa einen Fuß auf. »Schau dir das an. Es ist so verblichen, daß man die Worte kaum noch lesen kann!«
»Kannst du denn nichts tun, daß sie wieder zum Vorschein kommen – so wie du es mit Anhegs Brief gemacht hast?«
»Garion, diese Rolle ist etwa dreitausend Jahre alt! Die Salzlösung, die ich auf Anhegs Brief benutzte, würde sie wahrscheinlich zerfressen!«
»Und Zauberei?«
Belgarath schüttelte den Kopf. »Sie ist zu brüchig!« Fluchend rollte er die Schrift vorsichtig Zoll um Zoll weiter auf und hielt sie mal so mal so ins Sonnenlicht. »Hier ist was!« murmelte er überrascht.
»Was hast du entdeckt?«
»Hier steht:… suche den Pfad des Kindes des Lichtes im Land der Schlangen…« Der Alte blickte auf. »Das ist wenigstens etwas.«
»Was bedeutet es?«
»Genau was es sagt. Zandramas reiste nach Nyissa. Dort nehmen wir seine Spur wieder auf.«
»Großvater, das wußten wir bereits!«
»Wir vermuteten es, Garion. Das ist ein Unterschied. Zandramas hat uns schon einmal auf eine falsche Fährte gelockt. Jetzt aber wissen wir mit Sicherheit, daß wir auf der richtigen sind!«
»Das ist nicht viel, Großvater.«
»Stimmt, aber jedenfalls besser als nichts.«
5
S ieh dir das an!« rief Ce'Nedra am nächsten Morgen verärgert. Sie war gerade aufgestanden und stand in einen warmen Rock gehüllt am Fenster.
»Hm?« murmelte Garion verschlafen. »Was soll ich ansehen, Liebes?« Er war tief in den warmen Decken vergraben und dachte ernsthaft darüber nach weiterzuschlafen.
»Vom Bett aus kannst du es nicht sehen, Garion. Komm hierher.«
Seufzend schlüpfte er aus dem Bett und tappte barfuß zum Fenster.
»Ist das nicht ärgerlich?« sagte sie scharf.
Der Palasthof war mit einer weißen Schicht bedeckt, und große Schneeflocken fielen träge durch die stille Luft.
»Ist Schnee für Tol Honeth nicht ungewöhnlich?« fragte er.
»Garion, in Tol Honeth schneit es nie! Als ich das letzte Mal hier Schnee sah, war ich fünf.«
»Es ist überhaupt ein ungewöhnlicher Winter.«
»Ich lege mich jedenfalls wieder ins Bett und stehe nicht auf, bis auch das letzte Stäubchen geschmolzen ist!«
»Du mußt ja gar nicht in den Schnee hinaus.«
»Ich will ihn nicht einmal sehen!« Sie trippelte zu ihrem Himmelbett zurück und kletterte unter die Decken. Garion zuckte die Schultern und ging ebenfalls wieder zum Bett. Noch ein oder zwei Stunden Schlaf waren wahrhaftig nicht zuviel.
»Bitte zieh die Bettvorhänge zu«, wies sie ihn an, »und mach nicht zuviel Lärm, wenn du gehst.«
Er starrte sie einen Augenblick an, dann seufzte er. Er schloß die schweren Vorhänge um das Bett und zog sich müde an.
»Sei so lieb und gib in der Küche Bescheid, daß ich im Bett frühstücken werde«, bat sie ihn süß.
Also das war ausgesprochen unfair! Er schlüpfte verärgert in den Rest seiner Kleidung.
»Oh, Garion?«
»Ja, Liebes?« Er bemühte sich um einen ruhigen Ton.
»Vergiß nicht, dich zu kämmen! Dein Haar sieht am Morgen immer wie ein Strohbüschel aus.« Ihrer Stimme nach war sie bereits am Einschlafen.
Garion fand Belgarath mißmutig vor dem Fenster des unbeleuchteten Speisesaals sitzen. Obwohl es noch sehr früh war, hatte der Alte bereits einen Krug Bier vor sich stehen. »Was sagst du dazu?« Verärgert blickte er auf die gemächlich fallenden Flocken.
»Ich glaube nicht, daß der
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