Malloreon 2 - König der Murgos
Nyissaner. »Also gut, du listiger Fuchs«, sagte er amüsierten Tons, »vielleicht erzählst du mir jetzt, was du hier in Cthol Murgos vorhast – und was diese Verkleidung zu bedeuten hat. Ich wäre fast in Ohnmacht gefallen, als ich feststellte, daß dieser mysteriöse Ussa aus Sthiss Tor kein anderer ist als mein alter Freund Sadi, Obereunuch im Palast von Königin Salmissra.«
13
D ie Hufe klapperten auf den verlassenen, mitternächtlichen Straßen von Rak Urga, als sie von den fackeltragenden Leibgardisten des Königs schützend umgeben zum Palast ritten.
»Es ist natürlich alles nur Getue«, sagte Urgit zu Sadi. »Ich mache Kratzfüße vor Agachak, gebe frommes Gewäsch von mir, um ihn glücklich zu machen, und behalte meine wirkliche Meinung für mich. Ich brauche seine Unterstützung, deshalb muß ich mich gut mit ihm stellen. Das weiß er und nutzt seinen Vorteil weidlich aus.«
»Das Band zwischen Kirche und Staat in Cthol Murgos ist wohlbekannt«, sagte Sadi, als sie zu einem breiten Platz kamen, wo flackernde Fackeln die Häuser in rauchig oranges Licht hüllten.
Urgit stieß einen häßlichen Laut aus. »Band!« schnaubte er. »Es ist schon eher eine Kette, Sadi – und sie ist um meinen Hals geschlungen.« Er blickte zum bedeckten Himmel hoch, und sein scharfgeschnittenes Gesicht wirkte im Fackelschein rötlich. »Agachak und ich sind uns jedoch in einer Sache absolut einig: Der Dagash Kabach muß vor Wintereinbruch in Rak Hagga sein. Jaharb ließ seine Leute schon seit Monaten das gesamte westliche Cthol Murgos nach einem Sklavenhändler absuchen, der Kabach durch die malloreanischen Linien bringen kann.« Plötzlich grinste er Sadi an. »Und wie der Zufall so spielt, ist der, den er aufgespürt hat, ausgerechnet mein alter Freund. Ich halte es jedoch nicht für notwendig, Agachak darauf aufmerksam zu machen, daß wir uns bereits kannten. Ich habe ganz gern ein paar Geheimnisse vor ihm.«
Sadi verzog das Gesicht. »Es ist nicht schwer zu erraten, weshalb ihr einen Dagashi zu der Stadt schickt, in der sich Kal Zakaths Hauptquartier befindet.«
»Ich würde dir auch nicht raten, dich dort lange aufzuhalten, nachdem du ihn abgesetzt hast«, sagte Urgit. »Ganz abgesehen davon ist Rak Hagga ohnehin keine sehenswerte Stadt.«
Sadi nickte düster. »So habe ich es mir vorgestellt.« Er überlegte und strich sich über den kahlgeschorenen Schädel. »Aber ich fürchte, der Tod Zakaths wird euer Problem nicht wirklich lösen, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die malloreanischen Generäle alles liegen- und stehenlassen, nur weil ihr Kaiser ermordet wurde.«
Urgit seufzte. »Eins nach dem anderen, Sadi. Die Generäle kann ich wahrscheinlich bestechen oder ihnen Tribut zahlen oder sonstwas. Der erste Schritt ist, Zakath loszuwerden. Mit diesem Mann läßt sich nicht verhandeln.« Er ließ den Blick über die dunklen Steinbauten schweifen, die das flackernde Fackellicht noch unfreundlicher machte, als sie bei Tag wirkten. »Ich hasse diesen Ort!« sagte er unerwartet. »Ich kann ihn nicht ausstehen!«
»Rak Urga?«
»Cthol Murgos, Sadi. Ich hasse das ganze stinkende Land! Warum wurde ich nicht in Tolnedra geboren? Oder in Sendarien? Warum muß ich hier in Cthol Murgos festsitzen?«
»Aber du bist doch der König!«
»Wahrhaftig nicht, weil ich es sein wollte! Eine unserer erfreulichen Sitten ist, alle anderen Thronanwärter zu töten, so bald ein neuer König gekrönt werden soll. Für mich gab es nur entweder den Thron oder das Grab. Ich hatte mehrere Brüder, ehe ich König wurde, doch jetzt bin ich der einzige Sohn Urgas, der überlebt hat.« Er schauderte. »Welch ein bedrückendes Thema, findest du nicht? Unterhalten wir uns lieber über etwas anderes. Was machst du eigentlich in Cthol Murgos, Sadi? Ich dachte, du wärst Salmissras rechte Hand.«
Sadi hüstelte. »Ihre Majestät und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit, da hielt ich es für besser, Nyissa für eine Weile zu verlassen.«
»Aber warum Cthol Murgos? Warum bist du nicht nach Tol Honeth? Das ist viel zivilisierter und viel, viel schöner.« Wieder seufzte er. »Ich würde alles geben, wenn ich in Tol Honeth leben dürfte.«
»Ich habe mir ein paar mächtige Feinde in Tolnedra gemacht«, antwortete Sadi. »In Cthol Murgos kenne ich mich aus, also warb ich diese alornischen Abenteurer zu meinem Schutz an, kam hierher und gebe mich als Sklavenhändler aus.«
»Und dann hat Jaharb dich entdeckt. Armer, alter Sadi.
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