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Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer

Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer

Titel: Malory 09 - Der geheimnisvolle Verführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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spürte er. Jetzt kam es nur noch darauf an, lange genug an einem Ort zu verweilen, um sie zu finden und für sich zu gewinnen.
    Als Boyd von der Reling aus den Blick über die geschäftigen Docks und die Stadt schweifen ließ, legte sich eine schmerzhafte Traurigkeit um sein Herz. Es war gut möglich, dass er nie wieder hierherkommen würde. Das geräumige Haus, in dem die Andersons groß geworden waren, stand seit Georginas Auszug leer. Selbstredend würde er sämtliche Freunde und Nachbarn vermissen, die er von klein auf kannte, aber Blut war nun einmal dicker als Wasser, und seit dem Tod seiner Eltern war Georgina das Herz der Familie.
    Tyrus Reynolds, Boyds Kapitän, trat neben ihn. Boyd zog es vor, nicht am Ruder seiner eigenen Schiffe zu stehen. Seine Familie machte dafür seinen ausgeprägten Freigeist verantwortlich, der es ihm verbot, diese Art von Kommando zu übernehmen, wenngleich er stets mit dem eigenen Schiff unterwegs war. Er hatte nie einen Versuch unternommen, seiner Familie den wahren Grund darzulegen.
    »Wenn du es nicht so eilig hättest, nach England zu kommen«, brummte Tyrus, »hätten wir einen der südlicheren Häfen ansteuern und Baumwolle an Bord nehmen können, statt uns mit nervigen Passagieren herumzuschlagen.«
    Boyd grinste dem älteren Mann zu, der nicht nur der Kapitän, sondern auch sein Freund war. Mit seinen knapp eins achtzig war er einen Kopf größer als der schroffe Tyrus.
    »Findest du nicht, dass Passagiere eine gute Ladung sind?«, meinte Boyd.
    Tyrus schnaubte. »Wie denn, wenn ich sie die ganze Fahrt über unterhalten darf? Ganz zu schweigen von den vielen Beschwerden. Rum und Baumwolle sind wenigstens stumm.«
    »Wenn jede Kajüte besetzt ist, verdienen wir ungefähr dasselbe. Außerdem ist es nicht das erste Mal, dass wir Passagiere mitnehmen. Du stellst dich nur so an, weil diese stramme Großmutter versucht hat, dich zu verführen.«
    Tyrus stöhnte. »Erinnere mich bloß nicht daran. Ich habe es dir noch nie erzählt, aber dieses Teufelsweib hat es doch tatsächlich fertiggebracht, sich in meine Kajüte zu schmuggeln und es sich in meiner Koje gemütlich zu machen. Ich habe mich fast zu Tode erschreckt, als ich am nächsten Morgen neben ihr aufgewacht bin.«
    Boyd brach in schallendes Gelächter aus. »Ich hoffe inständig, dass du die Situation schamlos ausgenutzt hast.«
    Tyrus' Schnauben sprach Bände. Boyd wandte flink den Blick ab, um sein Grinsen zu verbergen. Nur zu gern hätte er den Gesichtsausdruck seines Freundes gesehen, doch allein schon der Gedanke daran reichte, um ihn zum Lachen zu bringen.
    Boyds Blick fiel auf einen farbenfrohen Tupfer auf dem Dock und blieb bei einer hochgewachsenen Dame hängen, die sich an diesem Sommertag für einen lavendelfarbenen Rock und eine rosafarbene Bluse entschieden hatte, deren Ärmel sie hochgekrempelt hatte. Boyd beobachtete, wie sie sich mit dem Unterarm über die Augenbrauen fuhr, wobei sie sich den Hut vom Kopf stieß. Sie hatte pechschwarzes Haar, was ihm der lange Zopf längst verraten hatte, der ihr den Rücken hinabhing. Er wünschte, sie würde sich umdrehen, statt ihm den Rücken und das Gesäß zu präsentieren, auch wenn dies ein entzückender Anblick war. Wegen des Hutbandes, das sie unter dem Kinn zugeschnürt hatte, segelte der Hut nicht zu Boden, sondern blieb auf ihren Schultern liegen. Die Unbekannte machte sich jedoch nicht die Mühe, sich ihn wieder aufzusetzen, so vertieft war sie in ihre Aufgabe.
    Verblüfft beobachtete Boyd, dass sie die Seemöwen und alle anderen Vögel in der näheren Umgebung fütterte, die mitbekamen, wie sie aus dem Korb an ihrem Arm Futter verteilte. Daran gab es nichts zu beanstanden. Er selbst fütterte zuweilen Vögel oder andere Tiere. Aber sie tat es ausgerechnet auf einem lebhaften Dock!
    Unzählige Vögel flatterten um sie herum, und mit jedem Atemzug kamen neue hinzu, was die Hafenarbeiter alles andere als vergnüglich fanden, denn sie waren gezwungen, einen großen Bogen um sie zu machen. Manch einer blieb kopfschüttelnd einen Augenblick stehen, zum Glück jedoch so, dass er Boyd nicht den Blick auf die wohlgeformte Unbekannte versperrte. Einer der Hafenarbeiter wollte die Vögel verscheuchen, damit er weitergehen konnte, doch sie rückten nur noch ein wenig näher an ihre edle Futterspenderin heran. Da! Jetzt richtete einer der Arbeiter das Wort an sie. Die junge Frau drehte sich um und bedachte den Mann mit einem offenen Lächeln. Als Boyd in ihr Antlitz

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