Malory
beim besten Willen nicht sagen, was es war. Selbst bei dem am wenigsten Gutaussehenden der drei, der anscheinend auch der älteste war, hatte sie das Gefühl, sie könnte mit ihm auskommen. Er war groß und schlaksig, mit freundlichen braunen Augen und einem bewundernden Lächeln. Das Wort harmlos kam ihr in den Sinn, während sie ihn ansah.
Der größte der drei schien zugleich auch der jüngste zu sein. Er war höchstens in Kelseys Alter, obwohl er so breite Schultern und einen so ernsten Gesichtsausdruck hatte, daß er viel älter wirkte. Er sah überaus gut aus, mit rabenschwarzen Haaren und wunderschönen kobaltblauen Augen, die ein ganz klein wenig schräg standen, was ihm ein exotisches Aussehen verlieh. Sie hatte das Gefühl, daß sie mit ihm sehr gut auskommen würde und hoffte und betete, daß er sie gekauft haben möge.
Du lieber Himmel, sie konnte kaum die Augen von ihm abwenden, so gut gefiel er ihr.
Trotzdem zwang sie sich, auch den dritten Mann, der vor ihr stand, prüfend zu mustern. Wenn sie den blauäugigen Mann nicht zuerst angesehen hätte, dann hätte sie mit aller Aufrichtigkeit sagen können, daß ihr noch nie in ihrem Leben ein so gutaussehender Mann begegnet war. Er hatte dichtes blondes, zerzaustes Haar. Seine Augen waren braun — nein, grün, richtig grün –, und sein Blick hatte etwas Verwirrendes, wenn sie auch nicht genau sagen konnte, warum. Er war nicht so groß wie die anderen beiden, allerdings auch nicht viel kleiner, und ganz sicher etwa zwanzig Zentimeter größer als sie.
Und dann lächelte er, und Kelseys Herz begann zu flat-tern – zum ersten Mal in ihrem Leben. Was für ein seltsames Gefühl. Auf einmal wurde es auch im Zimmer so warm. Sie wünschte, sie hätte einen Fächer, aber sie hatte nicht daran gedacht, einen einzupacken, hatte nicht geglaubt, daß sie mitten im Winter einen brauchen würde.
»Möchten Sie das nicht absetzen, Miss ... Wie war Ihr Name?« sagte er zu ihr und deutete auf ihren Koffer.
»Und du, Jeremy, beeil dich und hol endlich, was du haben willst.«
»O Gott, ich habe das Mädchen, wegen dem er hergekommen ist, ganz vergessen«, sagte der älteste der drei zu Jeremy. »Ja, beeil dich endlich, Malory. So interessant dieser Abend bis jetzt gewesen ist, er ist noch nicht vorbei.«
»Verdammt, ich habe selbst nicht mehr an Flo gedacht«, gab Jeremy mit einfältigem Grinsen zu. »Ich brauche aber nicht lange, um sie zu holen – wenn ich sie finde.«
Kelsey sah zu, wie der jüngste der drei aus dem Raum schlenderte. Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen. Sie hatten ihn Malory genannt, und der Mann, der einen so gewaltigen Preis für das Privileg gezahlt hatte, sie zu seiner Mätresse zu machen, war ein Lord Malory gewesen. Wo blieb also die Erleichterung, die sie empfinden sollte?
»Ich heiße Kelsey Langton«, sagte sie, als ihr klar wurde, daß der blonde Mann sie bereits nach ihrem Namen gefragt hatte, als er ihr vorgeschlagen hatte, den Koffer abzusetzen.
Als sie es nun so hervorsprudelte, errötete sie jedoch.
Und den Koffer hatte sie immer noch nicht abgesetzt, sie hatte noch nicht einmal gemerkt, daß sie ihn immer noch in der Hand hielt, bis der blonde Mann auf sie zutrat und ihn ihr abnahm.
»Mein Name ist Derek, und das Vergnügen ist auf meiner Seite, Kelsey«, sagte er zu ihr. »Wir müssen allerdings noch ein bißchen warten, bis der junge Mann die GeSchäfte erledigt hat, deretwegen wir hierhergekommen sind. Möchten Sie sich vielleicht so lange setzen?« Damit wies er auf einen der Stühle vor Lonnys Schreibtisch.
Er sah nicht nur gut aus, sondern war auch noch nett.
Man stelle sich das vor. Und doch war es irgendwie beunruhigend. Ihr Herz hatte schneller geschlagen, als er ihr nahe gekommen war und seine Finger die ihren berührt hatten, als er ihr den Koffer abnahm, um ihn beiseite zu stellen. Sie hatte keine Ahnung, warum er in ihr so seltsame Gefühle auslöste, aber plötzlich war sie sehr froh, daß sie nicht mit ihm nach Hause gehen mußte, sondern mit Jeremy.
Sie hatte schon genug mit dem Gedanken zu kämpfen, daß sie noch heute abend eine Mätresse werden würde, ein Gedanke, den sie bis jetzt verdrängt hatte, sonst hätte sie das Ganze nicht überstanden. Zusätzliche Sorgen konnte sie im Augenblick nicht brauchen. Und das größte Problem, das sie mit dem jungen Jeremy haben würde, dachte sie, wäre sicher, daß sie sich zusammen-nehmen mußte, um ihn nicht dauernd einfältig anzustarren. Allerdings war der
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