Malory
eine ganze Weile benommen an. Noch bevor sie ihn anschnauzen konnte, donnerte er: »Was zum Kuckuck machst du denn noch hier? Seine Leute suchen dich schon überall wie eine Stecknadel.«
»Was? Wer?« Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, wo sie war und wer sich sonst noch auf diesem Schiff befand. »Ach der«, schnaubte sie. »Der kann ...« Halt, kein schlechtes Benehmen! »Wie spät ist es denn? Bin ich zu spät dran mit seinem Dinner?«
»Eine gute Stunde, würde ich sagen, du Schlafmütze.«
Leise fluchend rappelte sie sich auf und wankte zur Tür.
»Soll ich direkt zu ihm gehen oder mich erst um sein Abendessen kümmern?« fragte sie ihn über die Schulter hinweg.
»Erst das Essen. Wenn er Hunger hat, ist das schon mal kein Fehler.«
Bestürzt drehte sie sich um und starrte ihn an. »Er ist doch nicht etwa wütend, oder?«
»Ich hab ihn nicht gesehen. Streng besser mal dein Köpfchen an, Kleine«, ermahnte sie Mac. »Schließlich ist es dein erster Arbeitstag und schon hast du etwas versäumt ...«
»Was kann ich denn dafür, wenn ich eingeschlafen bin?«
protestierte sie, doch ihre Stimme klang ein wenig kleinlaut.
»Schließlich hat er doch angeordnet, daß ich ein Nickerchen machen soll.«
»Ja, schon gut. Mach dir keine Gedanken mehr, nimm lieber deine Beine in die Hand und mach, daß du weiter-kommst, anstatt hier noch mehr Zeit zu vertrödeln!«
Das tat sie auch, aber mit einem äußerst unguten Gefühl im Magen. Der Kapitän hatte ihr zwar angeschafft, sich ein wenig auszuruhen, jedoch in seiner Kabine, wo er sie hätte aufwecken können, wenn es Zeit zum Dinner gewesen wäre.
Und jetzt mußte er Leute hinter ihr herschicken, um sie zu finden. Verflixt und zugenäht, sie hatte gedacht, das Schlimmste wäre für heute schon überstanden!
Hals über Kopf stürzte sie in die Kombüse und machte einen solchen Wirbel, daß den drei Gehilfen vor Schreck beinahe die Messer aus der Hand gefallen wären. »Das Tablett für den Kapitän, ist es fertig, Mr. O'Shawn?«
Mit seinem mehligen Finger fuchtelte der Koch in der Luft herum. »War fertig ...«
»Aber es ist doch noch warm, oder?«
Mit einer kessen Verbeugung fragte Shawn süffisant:
»Warum denn nicht, schließlich habe ich es schon dreimal aufgewärmt. Gerade wollte ich Hogan damit zum Kapitän schicken.«
Bevor er noch zu Ende gesprochen hatte, schnappte sie sich das Tablett, das noch größer und schwerer war als das von mittags, und wirbelte so rasch aus der Küche, wie sie gekommen war. Die drei Männer brüllten ihr noch hinterher, daß der Kapitän sie suche, aber zum Antworten hatte sie keine Zeit mehr. Er hat mir gesagt, daß er mich nicht ohr-feigen würde. Diesen Satz murmelte sie auf dem Weg zu seiner Kabine immer wieder vor sich hin, auch während sie davorstand um anzuklopfen und dann nochmals, als sie seinen schroffen Kommandoton hörte, der sie einzutreten hieß. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und öffnete die Tür. Das erste was sie hörte, war die Stimme des Steuermannes, wie er sagte: »Dem müßte man mal eine saftige Ohrfeige verpassen.« Mein Gott, wie sie diesen Mann haßte!
Doch anstatt ihm einen wütenden Blick zuzuwerfen, ver-neigte sie sich demütig, um die Anordnungen des Kapitäns entgegenzunehmen.
Eisiges Schweigen schlug ihr entgegen und ließ nichts von der Laune des Kapitäns erahnen. Sie traute sich nicht hoch-zusehen, denn seinen furchterregenden Blick konnte sie sich auch so lebhaft vorstellen, und der würde nicht dazu beitra-gen, ihr Unbehagen zu verringern.
Erschrocken fuhr sie zusammen, als er schließlich raunte:
»Was hast du dazu zu sagen?« Offenbar hatte er sich entschlossen, fair zu sein und sich anzuhören, was sie zu ihrer Entschuldigung vorzubringen hatte. Das allerdings hatte sie nicht erwartet und verdutzt blickte sie hoch - geradewegs in seine faszinierenden, leuchtend grünen Augen. Er saß an seinem leeren Eßtisch, nur in Begleitung von Conrad Sharpe, und jetzt kam ihr erst richtig zu Bewußtsein, daß beide wegen ihrer Verspätung auf das Abendessen warten mußten.
Zu ihrer großen Erleichterung hatte der Kapitän keine Gewittermiene aufgesetzt, sein Blick war gleichwohl immer noch einschüchternd genug. Vielleicht war dies ja sein normaler Gesichtsausdruck, versuchte sie sich einzureden.
»Eine kleine Züchtigung würde ihm sicher Mores beibringen«, schlug Connie vor, um das anhaltende Schweigen zu brechen. »Das wird den Knirps vielleicht lehren zu
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