Malory
geschickt, ein neues zu besorgen, da er Sie nirgends finden konnte.«
»Ich kümmer' mich schon drum, Mann«, erwiderte Mac schroff und drehte sich um, um das passende Tau zu suchen.
Rasch verließ der junge Spunt den Raum und Georgina seufzte, da sie wußte, daß Mac nun wichtigere Dinge zu erledigen hatte und sich nicht weiter um sie kümmern konnte. Dennoch wollte sie ihre Unterhaltung nicht an dieser Stelle abbrechen und ihn mit der Sorge um ihr Wohl zu-rücklassen. Darum sah sie keine andere Möglichkeit, als nachzugeben und ihm zu versichern: »Du hattest vollkommen recht, Mac, ich hab mich wohl in meine Abneigung gegen diesen Kerl nur hineingesteigert. So schlimm ist er gar nicht. Er sagt sogar selbst, daß er mich in ein paar Tagen gar nicht mehr wahrnehmen würde. Ich glaube, er wollte mich nur ein wenig auf die Probe stellen und wird mich nun in Ruhe lassen.«
»Und du wirst dein Bestes tun, damit er dich möglichst bald übersieht.«
»Jawohl. Ich werde nicht einmal in die Suppe spucken, bevor ich sie diesem Hornochsen serviere.« Dabei setzte sie ein breites Grinsen auf, um ihm zu zeigen, daß dies nur ein Scherz war. Er wiederum machte ein entsetztes Gesicht, um zu zeigen, daß er verstanden hatte. Erleichtert brachen beide in ein befreiendes Lachen aus, bevor Mac zur Tür ging.
»Kommst du mit?«
»Nein«, antwortete sie bestimmt und rieb sich ihr brennendes Ohr unter der Mütze. »Auf Deck ist es noch viel gefährlicher, als ich angenommen hatte.«
»Das Ganze war wohl doch keine so glänzende Idee, Kleine?« überlegte er bedauernd und spielte damit auf ihren Entschluß an, sich die Heimreise zu verdienen. Im Grunde genommen war es eigentlich seine Idee gewesen, und er gäbe im Augenblick viel darum, wenn er alles wieder rückgängig machen könnte. Wenn Georgina irgend etwas passieren sollte ...
Sie dagegen lächelte und kam überhaupt nicht auf den Gedanken, ihn für ihre Situation verantwortlich zu machen. Es war schlicht und einfach Pech, daß ein Engländer, und ausgerechnet dieser spezielle, Eigentümer und darüber hinaus auch noch Kapitän dieses Schiffes war.
»Es ist alles in Ordnung, Mac. Wir befinden uns auf dem Nachhauseweg, und das ist die Hauptsache. Jetzt heißt es nur, für einen Monat die Zähne zusammenbeißen und lä-
cheln, das ist alles. Das schaff ich schon, Mac, mach dir keine Sorgen um mich. Ich werde mich, wie versprochen, in Geduld üben, erinnerst du dich?«
»Schon gut«, gab er etwas schroff zurück. »Wirst du auch daran denken, wenn du in seiner Nähe bist?«
»Ja, ja. Nun aber geh, bevor noch jemand wegen dieses Topsegel-Falls hier hereinschneit. Ich bleibe noch ein wenig hier, ich werde erst wieder zur Dinnerzeit gebraucht.«
Mac nickte und ging. Georgina lümmelte sich bequem auf zwei dicke Tauknäuel und legte ihren Kopf auf das Schott.
Seufzend ließ sie diesen Tag vor ihrem inneren Auge Revue passieren und kam zu dem beruhigenden Schluß, daß es schlimmer nicht mehr kommen könne. Malory ... wie war noch gleich seine Vorname? James Malory - diesen Namen konnte sie ebensowenig leiden, wie den Mann selbst. Sei ehrlich, Georgina, du kannst nicht einmal seinen Anblick ertragen und bei der geringsten Berührung wird dir übel. Sie mochte ihn nicht, sie konnte ihn schlichtweg nicht ausstehen, und nicht nur deshalb, weil er Engländer war. Doch was blieb ihr in dieser Situation anderes übrig, als sich zusammenzureißen und sich ihm gegenüber neutral zu verhalten? Sie gähnte erschöpft und rieb sich die schmerzende Stelle, wo die Brustbandage in ihre Haut einschnitt. Sie wünschte sich im Moment nichts sehnlicher, als diese Bandage für einige Stunden abnehmen zu können, aber daran war nicht zu denken.
Wenn man sie jetzt entlarven würde, wäre alles noch schlimmer, als sie es sich zu Anfang ausgemalt hatte, denn er war derjenige, der über ihr weiteres Schicksal bestimmen würde.
Während sie in einen leichten Schlummer hinüberglitt, öffneten sich ihre Lippen zu einem selbstzufriedenen Lächeln.
Dieser Mann war ebenso dumm wie abstoßend. Er hatte sich so leicht von ihr hinters Licht führen lassen, dieser Tölpel, dachte sie schadenfroh.
15. Kapitel
»Georgie!«
Im Schlaf war ihr Kopf nach vorne gesunken und knallte nun unsanft gegen das Schott, als sie erwachte und ruckartig hochfuhr. Der Aufprall wurde zwar durch ihren Haarschopf unter der Mütze ein wenig gemildert, trotzdem stierte sie Mac, der unentwegt an ihrer Schulter rüttelte, noch
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