Malory
beobachtet, was passiert ist, stimmt's?«
»Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wovon du sprichst. Soll ich dir nun eine Lektion im Faustkampf erteilen, oder nicht?«
Die Ungeheuerlichkeit seines Vorschlages reizte sie ungemein, und um ein Haar hätte sie tatsächlich eingewilligt.
Er zuckte gelassen die Achseln. »Wie du meinst, Georgie.
Doch wenn ich das nächste Mal etwas anschaffe, dann sieh zu, daß du den Auftrag in meinem Sinne ausführst und nicht so, wie du es dir vorstellst. Und falls ich nochmals in die Verlegenheit kommen sollte, mir deinetwegen Sorgen machen zu müssen, ob du vielleicht über Bord gefallen bist oder sonstwas passiert ist, dann sperre ich dich in dieser Kabine ein. Darauf kannst du Gift nehmen, verdammt noch mal.«
Georgina blinzelte ihn verlegen an. Er hatte das alles ganz gelassen ausgesprochen, ohne seine Stimme zu erheben, und doch war es eine unheilverkündende Warnung gewesen.
Keine Sekunde zweifelte sie daran, daß es ihm damit ernst war. Allerdings lag ihr auf der Zunge ihm zu erklären, daß sie sich wahrscheinlich besser auf einem Schiff auskannte, als die meisten Männer seiner Mannschaft und daß sie nie im Leben über Bord fallen könnte. Doch das war ausgeschlossen, nachdem sie ihm vorher vorgelogen hatte, nichts von Schiffen zu verstehen. Zum anderen glaubte sie ihm kein Wort, daß er sich ihretwegen Sorgen gemacht hatte.
Viel eher war es sein leerer Magen, der ihm Sorgen bereitet hatte. Was war er doch für ein selbstgefälliger und überheblicher Hammel!
Mr. Sharpes trockene Frage unterbrach das anhaltende Schweigen: »Nachdem wir nicht die neunschwänzige Katze bemühen müssen, James, sollten wir dann nicht statt dessen unser Dinner einnehmen?«
»Deine Freßlust bringt dich noch mal um, Connie«, gab der Kapitän ebenso trocken zurück.
»Manche Menschen sind eben leichter zufriedenzustellen als andere. Also - worauf wartest du noch, Bürschchen?«
In Gedanken kostete Georgina gerade die Vorstellung aus, wie gut sich das Tablett mit Essen mitten in der Visage des ersten Steuermanns ausnehmen würde. Sie konnte ja so tun, als ob sie gestolpert wäre. Nein, lieber nicht, solange diese verfluchte Peitsche im Gespräch war.
»Wir werden uns selbst bedienen, Georgie, nachdem du mit deinen Aufgaben sowieso schon in Verzug geraten bist.«
Fragend blickte sie ihn an. Das Thema ihrer Verspätung war doch nun zur Genüge ausdiskutiert worden. James indes erriet ihre Gedanken genau, sah sich jedoch nicht veranlaßt, in seinen Erklärungen fortzufahren, oder ihr auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Statt dessen konzentrierte er sich auf das Abendessen, das sein gräßlicher Gefährte gierig in sich hineinschaufelte.
»Welche Aufgaben habe ich denn noch übersehen, Kapitän?«
»Was? Oh, mein Bad zum Beispiel. Ich pflege es gewöhnlich gleich nach dem Dinner zu nehmen.«
»Mit frischem Wasser oder mit Meerwasser?«
»Frisches, selbstverständlich. Wir haben mehr als genug davon an Bord. Heiß will ich es, aber nicht kochend. Acht Eimer müßten reichen.«
»Acht?« stammelte sie und senkte schnell den Kopf, damit er ihren Unmut nicht bemerkte. »Natürlich, Sir, acht Eimer.
Baden sie einmal in der Woche oder nur ab und zu?«
»Sehr witzig, junger Mann«, schmunzelte er vergnügt. »Jeden Tag, das versteht sich doch von selbst.«
Daraufhin konnte sie sich ein lautes Stöhnen nicht verkneifen und es war ihr herzlich egal, ob der Kapitän es hören konnte oder nicht. Daß dieser verfluchte Mistkerl so verwöhnt sein mußte. Sie selbst hatte absolut nichts gegen ein tägliches Bad einzuwenden, aber nicht, wenn man dafür schwere Wasserkübel über das halbe Schiff schleppen muß-
te. Sie war schon am gehen, als der erste Steuermann noch hinzufügte: »Am Achterdeck findest du ein Tragegestell, aber ich habe meine Zweifel, ob du vier Kübel auf einmal tragen kannst. Besser, du benützt für das kalte Wasser die Tonne oben an der Treppe. Ich werde dir ein wenig unter die Arme greifen und dafür sorgen, daß die Tonne jeden Abend aufgefüllt ist.«
Reizend, dachte sie, nickte aber zum Dank in seine Richtung. Was blieb ihr auch anderes übrig - vielleicht hatte er sein Hilfsangebot tatsächlich freundlich gemeint. Trotz alledem konnte sie ihn nicht leiden, genausowenig wie diesen reinlichen Kapitän. Als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, wollte Connie wissen: »Seit wann badest du denn täglich, wenn du auf See bist, Hawke?«
»Seitdem
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