Malory
lieben können.« Nach einem langen, nachdenklichen Schweigen sprach sie weiter. »Wir waren Schwestern, vergiß das nicht. Das war nicht bedeutungslos. In diesen langen Stunden, als ich in den Wehen lag, hat sie sogar ihre Abneigung gegen mich vergessen, weil es eine schwierige Geburt war und sie glaubte, ich könnte sterben. Damals brachte ich sie dazu, mir zu schwören, sie würde nie öffentlich bestreiten, deine Mutter zu sein. Ich hatte gehofft, sie würde dich lieben, aber schon damals hatte ich Angst, es könnte nicht so sein. Daher nahm ich ihr diesen Schwur. Und ich mußte geloben, dir nie zu verraten, daß ich deine Mutter bin. Ich wollte es dir ja so oft sagen, aber ich hatte einen Eid abgelegt, und daher konnte ich es nicht tun. Und nachdem dein Vater tot war, hat Rebecca mich immer wieder ermahnt, meinen Mund zu halten.«
»Sie weiß das alles?«
Eleanor nickte. »Ich glaube, ich hätte es dir immer noch nicht gesagt, wenn Regina nicht darauf bestanden hätte.«
»Meine Frau ist ein Juwel, nicht wahr, Mutter?«
Es war das erste Mal, daß er sie so nannte, und Eleanors Gesicht strahlte vor Freude. »Du hast wahrhaftig lange gebraucht, um das zu erkennen.«
»Oh, ich wußte immer, daß sie wunderbar ist. Ich war in sie vernarrt. Wie könnte ich dir vorwerfen, was du getan hast, wenn ich doch selbst aus Angst vor dem Makel meiner Geburt fast meine wunderbare Regina verloren hätte?
Dieser Makel hat mir angehaftet und mein ganzes Leben ebenso sehr bestimmt wie deines.«
»Du wirst an ihr alles wiedergutmachen?« fragte sie eindringlich.
»Ich schwöre es dir. Und du, meine Süße, wirst wieder ganz nach Silverley ziehen.«
»O nein, Nicky! Ich meine, ja, also - Lord Barrett und i ch... «
»Zum Teufel, du willst doch nicht etwa sagen, daß ich dich an einen anderen Mann verliere, wenn ich dich doch gerade erst gefunden habe?« rief er aus, aber er freute sich unglaublich für sie. »Wer, wenn ich fragen darf, ist Lord Barrett?«
»Du kennst ihn. Er lebt in der Nähe von Rebecca, und du hast ihn dort oft getroffen. Und es ist schließlich nicht so, als würden Dicken und ich nicht oft hierher zu Besuch kommen. Schließlich lebt mein erstes Enkelkind in Silverley.«
Sie sahen einander lange wortlos an. Er freute sich für sie. Sie freute sich für ihn. Sie hatten einen langen, be-schwerlichen Weg hinter sich.
42.
Reggie lief durch das Wohnzimmer, öffnete die Tür zu Nicholas' Schlafzimmer und schlüpfte leise hinein. Rechts lag der Ankleideraum, dessen Tür in den Korridor führte, und daneben das große quadratische Bad, mit den vielen Spiegeln, dessen Wände und Fußboden aus blauem Marmor waren. Große Regale boten Platz für alle Arten von Dosen und Fläschchen, für Handtücher und Rasierzeug und alles, was der Lord noch brauchte. Die Badewanne selbst war riesig, und aus verschnörkelten Hähnen kam heißes und kaltes Wasser.
Nicholas lag entspannt und mit geschlossenen Augen in der Wanne. Harris legte Handtücher, einen Morgenmantel und bequeme Hausschuhe bereit. Es war erst neun Uhr, und Miriams Gäste hielten sich noch im Haus auf.
»Guten Abend, Harris«, begrüßte Reggie ihn heiter.
Der Kammerdiener war verblüfft, aber er brachte es fertig, zu nicken und ihren Gruß zu erwidern. Nicholas feixte trä-
ge.
»Meg hat nach Ihnen gefragt, Harris«, fuhr Reggie in aller Unschuld fort, als störte sie ständig Männer bei der Toilette und als wäre sie keine Liebesbotin.
Harris blickte auf. »Wirklich, Madame?«
»Ja, sicher. Wissen Sie, es ist eine so schöne, sommerli-che Mondnacht. Eine Nacht, die für einen Spaziergang auf dem Anwesen wie geschaffen ist, meint Meg. Warum machen Sie sich nicht auf die Suche nach ihr, Harris? Ich bin sicher, daß seine Lordschaft nichts dagegen hat. Oder, Nicholas?«
»Ganz und gar nicht. Laufen Sie schon los, Harris. Ich brauche Sie heute abend nicht mehr.«
»Vielen Dank, Sir.« Harris verbeugte sich förmlich, ehe er, ganz entgegen seiner Art, aus dem Raum stürzte.
Nicholas kicherte in sich hinein. »Ich kann es nicht glauben. Harris und die sauertöpfische Meg?«
»Meg ist nicht sauertöpfisch«, gab sie zurück. »Und sie haben sich schon vor einer ganzen Weile miteinander angefreundet.«
»Blüht dort etwa auch die Liebe auf? Weißt du schon von Ellie und Lord Brett? Ja, sicher. Du weißt alles vor mir.«
»Es freut mich ja so sehr für Ellie.«
»Du glaubst nicht, daß sie zu alt ist, um eine Mutter-schaft ins Auge zu
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