MAMMON - Für Deine Sünden wirst Du büßen (German Edition)
der Erlösung erhielt er hingegen nicht. Eigentlich musste das bald geschehen, schließlich hatte Braulio nur ein Jahr bis zur Erlösung veranschlagt. Dieser Zeitraum war schon fast um.
Am vergangenen Wochenende hatten sich Yasuhiro Atakamo und Dr. Spiglar getroffen. Yasuhiro Atakamo zeigte ihm die spärlichen Unterlagen mit den aktuellen Arbeiten für Braulio Ostrogón.
Dr. Spiglar gab sich nachdenklich. Dann war er zum zentralen Anliegen dieses Treffens übergegangen. Wenn sein Doppelleben nicht an die Öffentlichkeit dringen sollte, musste er tun, was die Erpresser verlangt hatten.
Während die Forderungen der Erpresser durch seinen Kopf rasten, traf der Anwalt seine Vorbereitungen. Bald würde sein Mandant zum willfährigen Opfer der schmutzigen Machenschaften werden, die die dunklen Hintermänner ausbrüteten.
„Das klingt alles vollkommen harmlos. Nichts davon erhärtet Ihren anfänglichen Verdacht gegen Braulio Ostrogón.“
Yasuhiro Atakamo nickte. „Dennoch können Sie die Beweise, die ich Ihnen überlassen habe, nicht so einfach wegdiskutieren.“
„Trotzdem scheinen sich seine Wahnvorstellungen zu verflüchtigen.“
„Dr. Spiglar, welchen Sinn machen unsere Besprechungen eigentlich noch?“, hatte Yasuhiro Atakamo plötzlich gesagt.
Bei dieser Frage zuckte der Anwalt unmerklich zusammen.
„Inzwischen kann ich Braulios Handlungen einordnen. Deshalb rufe ich Sie erst wieder an, wenn etwas Relevantes auf meinem Tisch liegt.“
Das musste Dr. Spiglar verhindern. „Im Grunde sehe ich es genauso“, sagte er und blickte seinen japanischen Mandanten verständnisvoll an. „Allerdings sind wir keine Experten! Die
Leute, mit denen ich spreche, können so etwas einschätzen. Und die sagen mir, dass wir ihn noch eine Weile im Auge behalten müssen.“
Eines Nachts rief Braulio Ostrogón im Keller der Kanega Bank in New York City an. In düsterem Ton sprach er die Worte, auf die Yasuhiro gewartet hatte: „Die Erlösung steht bevor. Jetzt brauche ich zum letzten Mal deine Hilfe!“
„Die Erlösung“, wiederholte Yasuhiro.
„Ähhhrrrlööösung“, krähte Mummtaz.
New York
Conan Plummers Handy klingelte.
„Halb sechs, Central Park North, einhundertzehnte Straße“, sagte Braulio Ostrogón und legte auf.
Der Detektiv war mittlerweile an kurzfristige Verabredungen mit Braulio gewöhnt. Doch eine halbe Stunde vorher anzurufen, war selbst für den Spanier ungewöhnlich. Es könnte knapp werden, rechtzeitig dort anzukommen. Warum ausgerechnet diese Zeit und dieser Ort?
Anschließend rief Braulio Kate an, die bereits darauf gewartet hatte. „17:20 Uhr, Central Park North, einhundertzehnte Straße. Alles wie besprochen.“
Conan Plummers schaute auf seine Uhr. Kurz vor halb sechs, dachte er und stieg zur Subway Station hinunter. Zu beiden Seiten der Treppe verlief ein hellblaues Band, das die Aufmerksamkeit der Besucher zu der gleichfarbigen Banderole über dem Eingang lenkte. Der dreizeilige Text in stilisierter schwarzer Handschrift kam Conan bekannt vor: „Ich glaube an eine Gesellschaft, in der die Leute auf der Basis von Gleichheit leben können wie menschliche Wesen.“
Martin Luther King, dachte er zuerst. Falsch. Jetzt fiel es ihm wieder ein: Malcolm X. Irgendwo hatte Conan gelesen, dass der radikale Bürgerrechtler gegen Ende des Lebens seine rassistische Weltanschauung korrigiert hatte. Der Spruch über dem Eingang zur Subway stammte aus einem Interview, das er kurz vor seinem Tod gegeben hatte. Er war nur wenige Schritte von hier entfernt in Harlem ermordet worden.
Plummers lachte auf. „So ein Träumer! Gewaltlosigkeit und Gleichheit …“
Kate saß auf einer Bank am Bahnsteig und wartete. Als Erster kam Conan Plummers. Ihre Nervosität wuchs, und sie prüfte noch einmal, ob der Umschlag mit dem maschinengeschriebenen Brief in ihrer Handtasche steckte. Dann entdeckte sie Braulio. Der Spanier hatte sich in ihrer Nähe an einen Betonpfeiler gelehnt. In der dichten Menschenmenge hätte sie ihn fast übersehen. Er nickte ihr zu.
Sie beobachtete die digitale Anzeigetafel. In drei Minuten kam der nächste Zug. Kate erhob sich und ging langsam über den Bahnsteig, dorthin, wo Plummers stand. Ihr Blick schweifte unsicher zu der Tafel zurück. Dann wandte sie sich dem Streckenplan des U-Bahn-Netzes zu, der wenige Schritte entfernt an der Wand hing. Sie tat so, als würde sie die Informationen darauf studieren, und ließ schließlich die Schultern hängen. Auf dem mittlerweile sehr
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