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Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern

Titel: Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Pehnt
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der sich mir anschließt, der wartet, wenn ich etwas zu tun habe, ohne zu fragen, aber groß muss er sein, sonst zählt es nicht, ein großer, fester, zäher Körper an meiner Seite, immer ganz dicht an meinem Bein, auch ohne Leine. Ich könnte den Mann fragen, ob er ihn hergibt, vielleicht ist er ihm gleichgültig oder sogar lästig oder einfach zu kostspielig, man könnte sich sicher einigen, vielleicht könnten wir auch einen Kompromiss finden, der Hund während der Woche bei mir, an den Wochenenden bei ihm, man könnte da sicher etwas ausarbeiten, ich hoffe nur, dass er einen Namen hat, den ich ertragen kann, es gibt Hundenamen, die kann keiner ertragen. Ich beuge mich zum Hund hinunter, da wendet sich der Mann mit einem Ruck von der Infotafel ab und zerrt den Hund zu sich. Ich schnalze leise, aber der Hund dreht sich nicht nach mir um. Ich bin immer noch grün angezogen, ich sollte nach Hause gehen und mich umziehen.

    Als wir gehen, ist es zwei Uhr in der Nacht. Wir haben keinen Schlüssel für das Haus unserer Mutter. Es fahren keine Züge mehr in unsere Stadt, obwohl es nicht weit ist. Wir stehen vor der Klinik. Wir wollten früher gehen, aber es ging nicht. Mein Bruder verließ das Zimmer, ich blieb sitzen, nach einer Weile kam er wieder, um mich zu holen, und setzte sich zu mir, dann stand ich auf und ging voraus, wartete auf ihn, so kreisten wir umeinander, es gab nur uns beide und sonst niemand, keine Anwesenheit, niemand war da, meine Mutter war ganz sicher nicht da, sie war nirgendwo, auch nicht im Trauerzimmer, und so hätten wir ja gehen können, aber wir waren wach und anhänglich, wir mussten nicht schlafen, wir konnten genauso gut bei ihr bleiben, auch wenn sie nicht da war, wir spürten schon erste Anzeichen des Brennens, das sich etwas milderte, wenn wir wieder bei ihr saßen. Aber das kann ja nicht ewig gehen, für immer sicher nicht, wir ziehen uns die Kittel aus und werfen sie in den Wäschesack, wir schenken uns ein Glas Mineralwasser ein und schauen auf das Plakat an der Wand mit dem Regenbogen, das geistliche Begleitung anbietet. Unter dem Arm tragen wir den Kulturbeutel und das Nachthemd unserer Mutter. Wir treten auf den Parkplatz, die Klinik ist immer noch hell beleuchtet, überall Licht, wie sollen sich die Kranken erholen, wenn es immer hell ist. Ein feiner Regen, zwei Taxis, ein Rauschen, Hochspannungsmasten. Zwei Uhr nachts. Jemand raucht neben der Schranke, eine Hand in der Tasche.
    Wenn wir etwas eher gekommen wären, sagt mein Bruder. Das ist egal, sage ich, wir waren jetzt da, wir waren ja da. So ist es doch.
    Ein Taxifahrer lässt das Fenster herunter und schaut zu uns herüber. Wir haben kaum Gepäck. Wir steigen ein und lassen uns zum nächsten Motel fahren.
    Schönen Abend noch, wünscht der Fahrer, und wir nicken, immer noch wach. Wir könnten spazieren gehen, aber es gibt hier keine Landschaft, nur die Stadtumgehung, die E-Werke, das Industriegebiet West, also checken wir ein, mit einem Nummerncode. Wenn wir etwas eher gekommen wären, sage ich, aber mein Bruder hört mich nicht, er ist schon in dem winzigen Badezimmer und stellt die Dusche an. Dann liegen wir angezogen auf zwei Betten in dem schmalen Zimmer, ganz still. Mein Bruder schläft immer geräuschlos, früher dachte ich, er sei tot, und musste ihn manchmal wecken oder wenigstens anstoßen, bis er sich bewegte, nur um sicherzugehen, dass er noch lebte.
    In dieser Nacht weiß ich nicht, ob er schläft, ab und zu bewegen wir uns und atmen tief. Wir liegen auf dem Rücken, das Verkehrsrauschen vor den Fenstern bricht nicht ab, es könnte das Meer sein. Es gibt ein Foto, meine Mutter und mein Vater am Meer, man kann sie nicht erkennen in dem körnigen Schwarzweißlicht, zwei Figuren am Wasserrand, sie gehen nebeneinander, wir wissen, wer und wo es war, und ich möchte dieses Foto suchen, aber ich weiß nicht, wo meine Mutter es aufbewahrt.

    Der Bestatter kommt mit einer Liste und einem kräftigen Händedruck, der guttut, weil er sicher eingeübt ist, und weil er uns zeigt, dass der Bestatter weiß, was Trauernden guttut, Entschiedenheit tut ihnen gut, wir wissen nicht, wie Trauer geht, und an Entschiedenheit fehlt es uns sicher. Immerhin haben wir uns entschieden, den Bestatter anzurufen, und seit dem Anruf ist klar, was zu tun ist.
    Folgendes ist zu tun, sagt er, und er sagt es nicht kalt oder gefühllos, aber

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