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Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern

Titel: Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Pehnt
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gerichtet, jedenfalls scheint es mir so, und ich überlege, wie ich ihr erklären soll, dass es keine Geschäfte gibt und dass ich nicht weiß, warum ich hier bin, dass ich genauso gut irgendwo anders sein könnte oder nirgends, bis ich plötzlich entdecke, dass sie mir nicht in die Augen schaut, sondern auf eine Stelle neben meinem linken Augenlid, die sie nun auch in Angriff nimmt. Ein Lachen steigt in mir hoch oder eher ein Kichern, ich gluckse ein paar Mal vor mich hin und sage, ja, meine Firma, ein business meeting , wissen Sie.
    Dann, sagt Frau Meng Woh hochkonzentriert, dann ist es von entscheidender Bedeutung, dass Sie schön sind. Als ich zustimmend nicken will, hält sie mein Kinn fest, damit ich stillhalte, sie ist noch nicht fertig, sie wird es mir erklären.
    Schönheit ist der Schlüssel, sagt sie, Ihre Schönheit schlummert in Ihrem Gesicht, und Sie haben vergessen, wo sie ist.
    Ich wehre ab, das ist mir zu geheimnisvoll und auch zu tadelnd, ich bin nicht Frau Meng Wohs Schülerin, ich habe für diese Behandlung bezahlt und muss mir nichts anhören, das mir nicht gefällt.
    Jetzt übertreiben Sie aber, sage ich, vielleicht ist das ja hier so mit der Schönheit und dem Schlüssel, aber es gibt doch auch andere Kriterien in der Geschäftswelt, verstehen Sie.
    Ich weiß nichts über die Geschäftswelt, ich habe, bevor ich nicht mehr wusste, was ich tun sollte, für Zeitungen geschrieben, schlecht bezahlt, unregelmäßig, ich kann mein Geld nicht zusammenhalten, ich überziehe mein Konto und kann den Euro nicht in Dollar umrechnen, eigentlich kann ich überhaupt gar nicht rechnen. Diese Behandlung hat viele Dollar gekostet, ich weiß aber nicht, ob sie teuer oder billig ist und ob ich mir Frau Meng Woh überhaupt leisten kann.
    Kompetenz, sage ich, strategisches Denken, durchaus auch Risikobereitschaft, im Finanzsektor, wissen Sie. Man muss einfach etwas riskieren, um voranzukommen.
    Keine Kinder, fragt sie.
    Nein nein, sage ich und spüre einen raschen Stich der Reue, ich verleugne meine Kinder, meine dünnbeinige musikalische zottelhaarige grünaugige Achtjährige, meinen abenteuerlichen, flinken, gelenkigen, verstrubbelten Fünfjährigen, einen Augenblick habe ich sie deutlich vor Augen, Natascha und Uli auf dem Sofa mit Bilderbüchern, am Küchentisch über den Hausaufgaben, wütend nach einem Streit, mit blutigem Knie, heiß vom Fieber, kichernd, rufend, mich rufend, aber dann schaue ich in Frau Meng Wohs Gesicht und schüttele den Kopf.
    Nein, alles geht eben nicht, ich habe mich für die Karriere entschieden, ich liebe das Reisen, all das geht mit Kindern nicht.
    Nun hat sie angebissen.
    Kinder machen schön, sagt sie.
    Sie meint also, dass mir die Schönheit fehle, weil ich kinderlos sei, aber sie irrt sich, sie weiß nichts von Natascha und Uli und wird nie erfahren, dass es andere Gründe für meine mangelnde Schönheit geben muss, sie weiß nicht, wie schön die Gesichter sind, die ich zur Welt gebracht, gepäppelt und gerundet habe, und auf einmal weiß ich es selbst nicht mehr. Ich sehe nur noch Frau Meng Wohs Gesicht vor dem dampfigen Weiß der Wände und in ihren Augen mich selbst, aber ich kann Natascha und Uli nicht mehr vor mir sehen, nur noch Einzelheiten wollen mir einfallen, Nataschas Fotoapparat, Ulis Narbe vom letzten Fahrradsturz, diese Narbe sehe ich so deutlich, als hätte Natascha sie fotografiert.
    Mag sein, sage ich, aber in meinem Leben ist kein Platz dafür. Ich bin nie zu Hause, ich habe viele Abendtermine, oft gehe ich mit meinen Geschäftspartnern essen: ein üppiges mehrgängiges Menü, gut ausgewählte Weine, wir essen und plaudern, rauchen und trinken, wir lassen es uns gutgehen, dabei entstehen oft die großen Projekte, ganz beiläufig ergibt sich etwas, aber nicht dass Sie denken, ich überlasse alles dem Zufall: ich wähle den Abend, das Restaurant, die Weine, ich wähle die Garderobe, alles spielt zusammen.
    Ja, sagt Frau Meng Woh, und ich fühle mich belohnt und verstanden.
    Sie wählen alles richtig aus, sagt sie, und jetzt sind Sie hier.
    Wir nicken uns zu. Eine Weile arbeitet sie schweigend weiter, ich kann nun die Augen beruhigt schließen und muss an nichts anderes denken als an die weißen Wände des Zimmers, auch der Pinienduft stört mich nicht mehr, er erinnert mich nicht mehr an die Nächte im Zelt, als wir,

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