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Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern

Titel: Man kann sich auch wortlos aneinander gewöhnen das muss gar nicht lange dauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Pehnt
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können, das gäbe ihm das Gefühl, das so wichtig für einen Mann ist, nämlich dass für ihn gesorgt würde, schließlich sorgte er den ganzen Tag für Frau und Kind.
    Wieso, sagte Birgit H., ich sorge für das Kind. Er geht arbeiten.
    Eben, sagte die Mutter, nun auch Großmutter mit der neuen Strenge, die die wachsende Familie in ihr wachrief, er geht arbeiten, und du glaubst doch nicht, dass er es zu seinem Vergnügen tut.
    Birgit H. sagte nichts, überhaupt war sie noch stiller geworden als früher und auch weinerlicher, sie stand manchmal, wenn Georg endlich schlief, bewegungslos am Fenster und schaute durch die Spalte zwischen den Vorhängen in den Sommerabend hinaus.
    In dieser Wohnung war es still, und das war ja auch nicht das Schlechteste, sofern man sichergehen konnte, dass der Kleine irgendwann den Mund aufmachen würde. Birgit H.s Mutter schlug die Anschaffung eines Fernsehers vor, und Rudi war gleich ganz angetan, das war nicht zu übersehen, er rückte auf die Stuhlkante vor und nickte heftig und rief, das habe er auch schon vorgeschlagen, man müsse mit der Zeit gehen und wolle ja auch informiert bleiben, und wenn man schon die Möglichkeit hätte, solle man sich doch die Welt ins Haus holen. Birgit H. schüttelte nur den Kopf, das sture Ding, statt sich zu freuen, wenn man ihr Gutes tun wollte.
    7. Auf beiden Beinen

    Als Georg sich am Beistelltisch hochzog, glitt die Welt an ihm herab. Er sah auf die Tischkante herunter, und sehr weit unten standen seine Füße nebeneinander in roten Socken. Er geriet ins Schwanken, seine Hände glitten an der glatten Kunststoffoberfläche ab, und er sackte zurück auf den Boden, während Rudi H. im Materialkeller Fräulein Ü.s weiße Brüste aus ihren Körben holte, die immer noch mächtiger zu werden schienen und in ihrer unglaublichen Weichheit beinahe an Mozzarella erinnerten. Rudi H. warf sich in ungeplanter Heftigkeit über Fräulein Ü., und auch Fräulein Ü., die inzwischen den Grad ihrer Gefährdung begriffen hatte, weil sie seit fünf Tagen auf ihre Blutung wartete, bäumte sich ihm entgegen, beide stöhnten, was sie sonst nicht zu tun pflegten, weil sie Angst vor Lärm hatten und sowieso das Stöhnen nicht zu ihren Äußerungsformen zählte, aber nun stöhnten sie, sie stöhnten ihre Vornamen, inzwischen wusste Rudi H., dass das Fräulein Ü. Stefanie hieß, sie stöhnten also Rudi und Stefanie, und Rudi stöhnte sogar mit einer rauen, wilden Stimme, die ihm gar nicht wie die seine erschien, na komm, du, und Stefanie stöhnte immer nur ja, und sie dachten beide an kaum etwas anderes und waren, noch mehr als sie jemals zu hoffen gewagt hätten, völlig aufgelöst.
    Der Filialleiter kam erst, als sie sich schon wieder anzogen. Er eilte die Treppe hinab, um Papier und Kohlepapier zu holen, warum seine Sekretärin das nicht für ihn erledigte, war ihm schleierhaft, und ebenso schleierhaft war ihm, was sich da unten abspielte. Fräulein Ü. zog sich gerade die Schuhe an, während Herr H. sich die Krawatte band, es dauerte einen Moment, bis der Filialleiter seine Gedanken geordnet und eine Erklärung für den Vorgang gefunden hatte – eine Verzögerung, die sich nur dadurch erklärt, dass er Papier und Kohlepapier im Sinn gehabt hatte und nichts anderes, denn im Grunde war ihm die Sachlage nicht gänzlich unvertraut, denn auch er hatte im Materialkeller ähnliche Erfahrungen machen dürfen oder vielmehr müssen, die allerdings schon eine Weile zurücklagen.
    Was geht hier vor, sagte er mit der gebotenen Strenge.
    Ja, sagte Rudi H., wir hatten noch etwas zu klären.
    Der Filialleiter fand diesen Satz, den er H. eigentlich nicht zugetraut hätte, nicht unelegant, es war keine Lüge und keine Entschuldigung, und im Grunde hatte H. völlig recht, bei jeder Vögelei versuchte man etwas zu klären: ob man etwas konnte, was man nicht durfte, und ob es süß schmeckte oder vergiftet. Im Falle dieser beiden, dachte der Filialleiter, würde man meinen, eher süß. Fräulein Ü. wischte sich die Haarsträhnchen aus dem erhitzten Gesicht, ihm war noch gar nicht aufgefallen, dass sie eine gewisse Verlockung darstellen könnte, und er spürte einen sanften Neid auf H., den er sich sofort wieder verbot: Er hatte das alles auch schon gehabt, es hatte

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