Man lebt nur ewig
über den Tisch beugte. »Was ist los?«
»Keine Kugel, das ist sicher.« Er lehnte sich zurück und rieb sich mit den Knöcheln die Augen, ein klares Zeichen, dass er richtig unter Stress stand.
»Wo ist Cassandra?«
»Badezimmer, lässt Wasser über das magische Teil lau- fen.« Er sagte es so, als hätte das Ding ihn gegen die Gar- derobenschränke geknallt und versucht, ihm das Pausen- geld zu stehlen.
Ich ließ mich ihm gegenüber nieder.
»Nicht …«
Ich hob beschwichtigend die Hände.
»… anfassen.«
Ich veränderte meine Position und setzte mich neben ihn.
Misstrauisch blickte er auf mich herab. Ich lehnte den Kopf an seine Schulter, atmete seinen Geruch ein, und spürte plötzlich, wie ich mich entspannte. Nachdem ich jemanden getötet habe, fällt es mir immer schwer, in die Realität zurückzukehren. In den sechs Monaten, in denen ich allein gearbeitet hatte … Na ja, sagen wir einfach, das war der sicherste Weg, den ich gefunden hatte, um wieder auf den Boden zu kommen. »Was stimmt denn nicht?«, fragte ich.
»Du meinst, außer der Tatsache, dass ich mein gesamtes Labor bräuchte, um so etwas Diffiziles zu konstruieren?«
»Ja, außer dieser Tatsache.«
Er bewegte sich und zwang mich so, ihn anzusehen. »Jaz, du willst eine Kugel haben, die hart genug ist, um einzudringen, und gleichzeitig so weich, dass sie auf- bricht, sobald sie eingedrungen ist, damit sie nicht wieder aus dem Körper des Opfers austritt. Hart genug, um den Inhalt zu schützen, aber dann wieder weich genug, um einen Vampir von innen heraus zu entzünden. Ist dir klar, was für eine Riesenbestellung das ist, bei der Ausrüstung, die ich hier zur Verfügung habe?«
Ich streckte die Hände in Richtung Decke.
»Größer«, knurrte er.
Cole hatte sich während unseres Gesprächs gegen den Küchentresen gelehnt und geistesabwesend das Putz- spektakel auf dem Monitor verfolgt. Jetzt schaute er uns an und meinte: »Wisst ihr, wonach diese Situation schreit?«
Bergman und ich schüttelten die Köpfe.
Er griff in seine Tasche, zog die Faust wieder heraus, setz- te sich an den Tisch und öffnete die Hand. »Kaugummi.«
Wir nahmen uns je einen, produzierten Blasen und lie- ßen sie platzen, saßen ansonsten aber schweigend da.
Plötzlich hatte ich eine Idee. »Was, wenn es gar keine Ku- gel wird?«
Bergman richtete sich auf, ein klares Zeichen von Inte- resse. Cole machte noch eine Kaugummiblase, was alles bedeuten konnte. Ich fuhr fort: »Was, wenn es ein Wurf- pfeil wird?«
»Nee«, meinte Bergman. »Die Spitze ist zu dünn. Wir brauchen etwas, das rund genug ist, um die Pille zu beher- bergen.«
»Armbrustbolzen?«, schlug Cole vor. Sein Blick wan- derte von mir zu Bergman und wieder zurück. »Hey, schaut mich nicht so schockiert an. Nur, weil ich so schö- ne Locken habe, heißt das nicht, dass kein Hirn drunter- steckt. Seht euch doch nur Cassandra an.«
Wir versuchten es. Sie war gerade aus dem Badezimmer getreten, also verrenkten wir uns die Hälse und lehnten uns so weit wie möglich nach hinten, um nicht nur ihre wundervollen langen Locken, sondern auch das glänzen- de Silbermedaillon, das sie an einer Kette zwischen den ausgestreckten Fingern trug, zu begutachten.
»Ist es fertig?«, fragte ich.
»Hör auf, so rumzuhüpfen, Jaz«, knurrte Bergman. »Sonst wirfst du noch etwas vom Tisch.«
»Lass mich raus!«, befahl ich. Bergman stand auf, damit ich links zwischen Couch und Tisch hindurchgehen konnte. Ich lief zu Cassandra und nahm das Medaillon in die Hände. Als sie es mit den anderen Zutaten in den Topf gelegt hatte, war es eine einfache Silberscheibe gewesen. Nun hatte sie es mit den Kräften der Kräuter durchtränkt. Und magische Zeichen, die Worte, die sie über dem Topf geflüstert hatte, hatten sich in die Oberfläche geritzt.
»Cool«, hauchte ich. Cassandra grinste stolz.
»Weißt du noch, wie ich dir gesagt habe, dass wir etwas
von Pengfei brauchen, damit der Zauber wirkt?«, fragte sie.
»Ja?«
Sie tippte sich mit einem frisch lackierten Fingernagel gegen die Schläfe. »Ich glaube, ich habe es begriffen. Als ihr weg wart, hat Bergman Pengfeis Bild auf dem Compu- ter erscheinen lassen.«
»Unter Protest«, warf Bergman ein.
Cassandra ignorierte ihn. »Das hat mir dabei geholfen, es in das Enkyklios zu übertragen. Dann habe ich das Medaillon in die Wiedergabe des Bildes gehalten und da- bei die Worte der Durchdringung gesprochen. Los, ver- such mal, ob es dich verwandelt«, schlug sie
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