Man lebt nur zweimal
Auto (das heißt, Vito auf vier. Bei Maya mach ich noch eine Null dran.), fünf geklaute Fahrräder, eine Blinddarm- OP , drei Steuerprüfungen, vier fremdgehende Partner und 12 verlorene Haustürschlüssel. Entkommen wird man dem sowieso nicht. So kann man jedes Mal, wenn etwas Derartiges passiert, wenigstens einen Haken hinter machen. Wieder ein Ding weniger auf der Liste.
Also habe ich Anfang des Sommers einen fetten Filzstift genommen und einen Haken gemacht.
GANOVEN-FREUNDE
Ich hatte ja früher ziemlich viele heftige Freunde, kleinere und größere Ganoven und Rotlichtgrößen. Viele waren vielleicht auch nur Bekannte. Das waren die Jungs, die man über kurz oder lang kennenlernte, wenn man abends viel ausging, Mädels mochte und das Nachtleben zu genießen verstand. Dann brauchte man Weggefährten, die auch mal einen scharfen Schnaps und eine Gitanes vertrugen. Die auf Partys nicht schon nach zwei Tagen die Segel strichen und sich beim lauesten Lüftchen gleich die Ohren zuhielten.
Ich habe mich schon immer nach oben orientiert, war stets ein Freund des gesellschaftlichen Aufstiegs. Und zum Glück sind ja in vielen Bereichen Karrieren möglich. So wie es Chefärzte, Starregisseure und Firmenbosse gibt, gibt es eben auch den größten Schulchaoten, die wichtigste Kiezgröße und den heimlichen Herrscher über den Kölner Rotlichtbezirk. Das waren meine Männer. Und diejenigen, denen die Clubs gehörten, die die Box- und Glücksspielveranstaltungen organisierten, die hatten auch die besten Mädels, die coolsten Veranstaltungen und besten Party-Substanzen am Start.
Ich habe Hunderte Male in Diskos rumgelungert, ohne auch nur ein einziges Mal auf der Tanzfläche gewesen zu sein. Da wäre es mir viel zu laut und stickig gewesen, was hätte ich da auch tun sollen, ich tanzte ja nicht. Wir trieben uns immer in einem separaten Raum hinter, über oder neben dem Clubraum rum, denn da gingen die Zockerrunden und die wirklichen Partys ab.
Zu vielen dieser Leute habe ich keinen Kontakt mehr. Denn die sind immer noch so heftig am Saufen und Drogen nehmen, dass sie entweder schon mit einem Fuß im Grab stehen, gerade auf eine freie Spenderleber warten oder ich mit denen nicht losziehen könnte, ohne mich wahlweise zu langweilen oder mich in arge Rückfallgefahr zu begeben.
FREUNDSCHAFTEN
Was Männer betrifft, war ich früher hoffnungslos romantisch. Ich weiß nicht, ob das an den ganzen Kinderfilmen und Karl May-Büchern liegt, die mich als Jugendlichen verdorben haben. Aber als junger Mann dachte ich immer: Eine Männerfreundschaft, das ist etwas ganz Großes, da hält man zusammen und geht gemeinsam durch dick und dünn, und nur Weltkriege oder Weltraummissionen könnten einen dann noch trennen.
Mit Frauen bin ich nie so richtig eng befreundet gewesen. Zu vielen Frauen ist man ja nur höflich und nett, weil man sie rumkriegen will, zumindest in einem gewissen Alter. Früher war mein Motto: »Mit Frauen wird nur geredet, wenn man was von ihnen will.« Ein Freundschaftsangebot hatte also mehr oder weniger immer einen Hintergedanken.
Bei Männern waren die Gedanken reiner, aufrichtiger. Mit Männern konnte man schließlich Fußball spielen, saufen und zocken. Habe ich das schon mal erwähnt?
Doch von diesen romantischen Vorstellungen habe ich mich inzwischen verabschiedet. Mit einem meiner Lieblings-Zitatgeber, Sir Peter Ustinov, gesprochen: Freunde sind nicht die Menschen, die man am meisten achtet und schätzt, sondern die, die zuerst dagewesen sind. Schlimmer ist nur die Verwandtschaft, die kann man sich gar nicht aussuchen, die wird einem einfach vor die Nase gesetzt. Aber das ist eine andere Geschichte.
Über Freundschaften weiß man längst, dass sie im Grunde aus Zufälligkeiten entstehen, nicht aus schicksalshaften Begegnungen zweier Seelenverwandter: Studenten zum Beispiel, das haben Wissenschaftler mal rekonstruiert, sind meist mit denen gut befreundet, die auf dem gleichen Flur im Wohnheim ihr Zimmer hatten oder in der gleichen Stuhlreihe saßen im Einführungskurs.
Ja, und wenn ich genauer hingucke, muss ich sagen: Es ist nicht alles Gold, was da so glänzt im eigenen Freundeskreis. Die haben teilweise ganz schön handfeste charakterliche Makel. Na ja, jedenfalls sind sie weit davon entfernt, perfekt zu sein. Wenn man sich seine Freunde wirklich frei aussuchen könnte, würde man sich vielleicht doch andere nehmen. Da würde man sich einen einwandfreien Charakter wünschen anstatt eines Jammerlappens,
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