Man lebt nur zweimal
Leute um mich herum genau. Zu gerne würde ich herausfinden, was es ausmacht, dass ausgerechnet sie in die herausragenden Positionen unserer Gesellschaft vorgestoßen sind. Es ist ja bei vielen offensichtlich, dass es nicht nur an der Qualifikation liegt. Aber was ist es dann?, frage ich mich. Was ist die ideale, wirkungsvollste Mischung aus Ellbogen, Charme und Augenwischerei?
Ich glaube, das interessiert wirklich jeden. Ich behaupte sogar, das ist ein wichtiger Motor fürs Zeitunglesen und Filme gucken. Beziehungsweise größer gesprochen: Wir Menschen sind alle Problemlöser. Und wir gucken unheimlich gerne bei anderen Menschen zu, wie die sich so durchs Leben mogeln. Einige sind besonders gut darin, andere weniger. Jeder Film, jeder Artikel, jedes Buch handelt letztlich von einer Herausforderung und einem Menschen, der sich ihr gestellt hat.
Allerdings frage ich mich: Was, wenn doch viel mehr Glück und Zufall dahintersteckt, als wir gemeinhin zu glauben geneigt sind? Wenn Bücher und Filme uns sogar fälschlicherweise dazu verleiten, immer hinter allem eine Geschichte und einen Kausalzusammenhang zu vermuten? Und die Erfolgreichen daher schon automatisch für besonders gut, tüchtig und geschickt gehalten werden?
Wer Erfolg hat, bucht das selbst natürlich sehr gerne unter den eigenen Verdiensten ab und erklärt ihn nachträglich wahlweise mit den eigenen Anstrengungen, seinen guten Genen, den cleveren Entscheidungen und besten Absichten. »Ich habe einfach immer an mich geglaubt.« Das ist so ein Satz, den viele als Erklärung akzeptieren. Deshalb laufen so wahnsinnig viele siegessichere Menschen durch die Landschaft.
Aber viele Eigenschaften, die man geneigt ist, erfolgreichen Menschen zuzuschreiben, haben sie sich vielleicht erst im Nachhinein erworben. Als sie bereits reich, mächtig und frei von allzu kleinlichen Sorgen waren. Ich glaube ihnen diese nachträglichen Erklärungen oft nicht.
Immerhin, bei erfolgreichen Sportlern ist mir eine Gemeinsamkeit aufgefallen: dass sie ein überdurchschnittlich großes Problem mit dem Verlieren haben. Wenn man zum Beispiel Aufnahmen sieht von Spitzensportlern aus ihrer Kindheit, auf Jugendturnieren zum Beispiel, dann haben die oft Weinkrämpfe bekommen, wenn sie einmal nicht auf dem Siegertreppchen standen. Sie waren schon als Jugendliche furchtbar schlechte Verlierer. Eigentlich ja eine unangenehme Eigenschaft. Aber aus diesem Manko haben sie eine Tugend gemacht, indem sie unglaublich hart trainiert haben, wahnsinnig ehrgeizig und zielorientiert waren – ob nun als Rennfahrer, Tennisspieler oder Schachweltmeister. Denn es braucht einen starken Willen, um dort hinzukommen und zehn, zwölf Stunden am Tag zu trainieren. Leute, die ganz zufrieden sind mit sich und ihrem Leben, hätten diese Motivation vermutlich gar nicht.
GLÜCK KANN MAN NICHT ERZWINGEN
Pech ist der Name, den Verlierer ihren Schwächen geben.
Michael Arndt, Autor des Films Little Miss Sunshine
Es gibt Menschen, die sind regelrecht vom Pech verfolgt. Ich hab so einen Bekannten, der setzt sich an einen Tisch mit 23 einwandfreien Stühlen und einem angesägten Stuhl. Den erwischt er. Jede Wette. Wenn der früher mitten in der Stadt eine Braut dumm angeredet hat, war das garantiert die Redakteurin, die ihn am nächsten Tag eigentlich besetzen wollte. Er hätte bei jedem Fettnäpfchen-Sackhüpfen den ersten Preis gemacht.
Ich saß mit ihm mal in einem Taxi. Es war Sylvester. Wir wollten gerade von einer Kneipe in die nächste. Er erkundigte sich nach einem Spezl von uns.
»Wo ist denn Franz eigentlich?«
Ich: »Der muss arbeiten.«
»An Sylvester?«
Ich: »Ja.«
»Welcher Idiot arbeitet denn an Sylvester?«
Okay, unser Taxifahrer hat nur streng geguckt. Aber so was kann auch nach hinten losgehen. An seiner Aussage war eigentlich nichts wirklich Schlimmes. Nur Ort und Zeit passten so gar nicht zusammen.
Zu meiner eigenen Erfolgsgeschichte muss ich sagen: Ich kann da wirklich von keinem Rezept berichten. Ich habe einfach Glück gehabt. Ich habe nie verbittert darum gekämpft, ein erfolgreicher Schauspieler zu werden. Wenn ich da überhaupt von irgendwelchen erwähnenswerten Eigenschaften sprechen sollte, würde ich sagen, dass ich schon immer eher ein ziemlich großer Faulpelz war, sehr auf Spaß aus und auf soziale Anerkennung.
Ich bin übervorsichtig damit, mir auf das Erreichte etwas einzubilden. Das heißt nicht, dass ich mich nicht trotzdem darüber freue. Und natürlich habe ich mich
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