Man lebt nur zweimal
als ich den Namen hörte. Es handelte sich um eine große Kollegin, die ich sehr mochte, ja, fast verehrte. Schon meine Mutter schätzte diese Schauspielerin sehr. Und damit nähern wir uns dem Problem. Die Sache hatte nämlich einen Haken: Sie sollte meine Geliebte spielen. Obwohl sie zwanzig Jahre älter war als ich.
Das ist ja mitunter so eine Sache mit dem Alter. Von einer anderen Kollegin zum Beispiel weiß ich, dass sie vor dreißig Jahren noch 25 Jahre älter war als ich. Und heute ist sie nur noch 18 Jahre älter. Zauberei? Oder es liegt an meinem Lebenswandel?
Jedenfalls sah ich bereits den ARD Zuschauer vor der Glotze sitzen und die folgende Unterhaltung führen. (Während sie strickte und er in die gesalzenen Erdnüsse griff, um später mehr Durst für sein Bierchen zu haben.)
Sie: »Och kuk ma, dä Lautenbacher mit dä Dingsda.«
Er: »Na und?« (In Gedanken schon beim Bierchen.)
Sie: »Dat sin Geliebte.«
Er: »Na und?« (Macht jetzt sein Bierchen auf.)
Sie: »Hab ga nich gewusst, dat die im selben Alter sin.«
Er: »Da kannste ma sehn.« (Endlich trinkt er.)
Es wurde im Drehbuch vom Autor zwar erwähnt, dass der Protagonist eine Vorliebe für reifere Damen hat, aber diese Information wurde dem Fernsehzuschauer vorenthalten. Deshalb schrieb ich der Produktion einen Brief, der sinngemäß so ging:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zunächst einmal möchte ich mich für Ihr Vertrauen bedanken. Ich würde gerne die Herausforderung annehmen und den Part des Soundso in Ihrer Produktion Soundso übernehmen. Ehrlich gesagt sehe ich hingegen die Herausforderung, die Ihre weibliche Besetzung für mich bedeuten würde, als fast unüberwindbare Klippe. Ich darf das Vorangegangene kurz zusammenfassen?!
In der vorletzten Produktion spielte die übrigens von mir sehr verehrte Kollegin meine Stiefmutter. Im letzten Film gab sie meine Schwester. Nunmehr soll sie meine Geliebte sein. Allein schon aus Angst, Sie könnten sie in Ihrer nächsten Produktion als meine Tochter besetzen, muss ich an dieser Stelle starke Bedenken anmelden und Sie bitten, Ihr Vorhaben noch einmal zu überdenken.
Was soll ich sagen – meinem Einspruch wurde stattgegeben. Aber stolz bin ich nicht darauf.
SELBER PRODUZIEREN
You can’t control an independant boy.
Sting
Dass ich neuerdings vermehrt in sogenannten Independent-Filmen mitmache oder Filme gar selbst produziere, hat gleich eine ganze Handvoll an Gründen. Bei dem Kinofilm Reality XL , der 2011 in die Kinos kam, habe ich das vor allem getan, weil ich an den Film geglaubt habe und ihn mit dem Freund und Regisseur Tom Bohn unbedingt realisieren wollte.
Ich glaube nicht, dass ich durch das Produzieren furchtbar reich werde. Aber ich kann auch die Klagen vieler Kreativer nicht mehr hören, die herumjammern, dass es keine guten Filme mehr gibt. Und dann unternehmen sie nichts dagegen.
Daher habe ich beschlossen: Gut, ich stelle mich dem Wettbewerb. Wenn ich von der Qualität eines Drehbuches überzeugt bin, an den Erfolg eines Films glaube, dann bin ich bereit, ein gewisses Risiko zu tragen.
Ich bezeichne diese Produktionen aber nicht als Low-Budget-Filme. Ich würde sie lieber als preiswert bezeichnen. Es wird beim Film so viel Geld zum Fenster rausgeworfen, für Dinge, die man vor der Kamera nicht sieht, dass einem ganz schlecht werden könnte. In teuren Produktionen werden manchmal Scharen von Komparsen von Cateringzügen versorgt, die ganze Straßenschluchten einnehmen, obwohl diese Leute an dem Tag gar nicht gebraucht werden. Oder die Szene wird später herausgeschnitten. Für winzig kleine Rollen werden teure Markenklamotten eingekauft und jeder Kleindarsteller hat sein eigenes Wohnmobil. Ich könnte ein eigenes Buch darüber schreiben, wie beim Film Geld verschwendet wird.
Allein deswegen macht es schon Spaß, einen Independent-Film zu produzieren. Man spürt eine größere Verantwortung für das, was man tut. Man rückt näher zusammen und kämpft, pathetisch ausgedrückt, Seite an Seite gegen die Film-Oligarchen. Man versucht den verzerrten Wettbewerb durch erhöhten Einsatz und Leidenschaft wettzumachen.
Independent heißt ja unabhängig, eigenständig und eigenverantwortlich. Eigentlich drei Fremdwörter im Filmgeschäft. Normalerweise tritt man nach unten und buckelt nach oben. Ich drücke das jetzt sehr drastisch aus – natürlich gibt es auch viele Filmschaffende, die weder buckeln noch treten. Was ich damit meine, ist: Umso größer der Apparat ist, je höher
Weitere Kostenlose Bücher