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Man lebt nur zweimal

Man lebt nur zweimal

Titel: Man lebt nur zweimal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Lauterbach
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ich war trotzdem extrem entspannt, tiefenentspannt, wie man heute sagen würde. Das hing damit zusammen, dass ich nur zwei Stunden geschlafen hatte und eigentlich immer noch besoffen war. Jedenfalls freute ich mich auf den ersten Wodka des Tages, den ich mir auch gleich bestellte, nachdem ich den Regisseur und seine Begleitung begrüßt hatte.
    »Bin’n bisschen unterhopft gerade«, grinste ich entschuldigend und versuchte, den beiden nicht zu nahe zu kommen. Vermutlich roch ich aus dem Mund, als hätte ich zum Frühstück eine Windel gefressen. Dabei frönte ich nur meiner alten Gewohnheit, auf die Frage: »Haben Sie schon gefrühstückt?«, mit: »Ich bitte Sie, doch nicht auf nüchternen Magen!« zu antworten.
    Dann erst entschuldigte ich mich brav für meine Verspätung und murmelte etwas von Stau und so.
    Ich nahm einen kräftigen Schluck Wodka. Sah ich da so etwas wie Unwillen in seinen Augen? Hatte ich mich etwa schlecht eingeführt?
    »Tja, Herr Lauterbach, ich dachte mir, wir lernen uns mal kennen.«
    »Klar«, sagte ich und lächelte ihn an. Ich wollte jetzt Pluspunkte sammeln, deswegen setzte ich ein »unbedingt« nach, bevor ich wieder an meinem Longdrink nippte. Er sah seine Begleitung an, von der ich schon wieder vergessen hatte, wer sie überhaupt war, und lächelte ebenfalls. Aber in seinem Lächeln lag etwas Verkrampftes. Oh oh, Heiner, das läuft hier gar nicht gut, dachte ich mir noch, da musste ich plötzlich schmunzeln. Mir war ein Witz eingefallen, den ich in der Nacht in einer der zahllosen Kneipen gehört hatte. Der würde ganz gut in die Runde passen und helfen, die Situation ein wenig aufzulockern.
    »Was sagt ihre Frau nach dem vierten Orgasmus?«, fragte ich den Regisseur, den ich vor drei Minuten kennengelernt hatte.
    »Wie bitte?«
    Nun bin ich für meine Spontanität und Lockerheit bekannt und damit auch durchweg gut gefahren. Und gerade hier im Extra-Blöd, unter Künstlern, da konnte man doch schon mal einen raushauen. Deswegen wiederholte ich meine Frage einfach etwas lauter:
    »Ich wollte wissen, was Ihre Frau nach dem vierten Orgasmus sagt!«
    Man kennt das ja aus mittelmäßigen Filmen. Gerade wenn der Mensch seine Frage lauter wiederholt, wird zufällig alles still im Lokal. Aber mein geliebter 1. F.C. Köln soll nie mehr aufsteigen, wenn nicht just in diesem Augenblick alles verstummte und mich erwartungsvoll anguckte. Mich und meinen Regisseur. Meinem künftigen Regisseur. Vielleicht.
    Wir Schauspieler arbeiten ja gerne mit Kunstpausen. Während mich alle anstarrten, inklusive meines Regisseurs (sah ich nun etwas Ungläubiges in seinem Blick?), drohte sich diese Kunstpause zum Rohrkrepierer zu entwickeln. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich die Sache zu Ende bringen sollte. Die Pointe war gut, ohne Frage, aber nicht unbedingt für alle Ohren im Saal bestimmt. Zumal sie mein Gegenüber nicht gerade ins beste Licht rückte. Unter vier Augen hätte er den Scherz sicher lustig gefunden. Aber so?! Ich suchte verzweifelt nach einer Alternative. Doch wie nur konnte ich den Witz noch heil nach Hause bringen?
    »Was sagt Ihre Frau nach dem vierten Orgasmus?« Darauf zu antworten »Ist nicht so wichtig?«, wäre einer humoristischen Bankrotterklärung gleichgekommen. Unmöglich vor Publikum. Ich beendete diesen kleinen Witz also wie vorgesehen und sagte:
    »Danke, Heiner!« Dazu lachte ich zu laut und schlug dem Regisseur auf die Schulter (zu fest), sodass ihm sein Tomatensaft Pikant übers Händchen schwappte.
    Ich glaube, ich muss den weiteren Verlauf dieses Treffens nicht beschreiben. Ich wollte eigentlich auch nur verdeutlichen, auf welch unterschiedliche Art und Weise man Einfluss auf Besetzungen nehmen kann. Manchmal hat es gar nichts mit dem Film zu tun.
    Mitunter sind es auch die Kollegen, die einen aus der Produktion kicken. Zumindest versuchen sie es manchmal. Ich habe da ausnahmsweise strenge Prinzipien. Ich habe noch nie gesagt: »Mit dem oder der spiele ich nicht.« Ich muss aber einräumen, dass ich schon mal beteiligt war an der Umbesetzung einer meiner Filmpartnerinnen. Also, streng genommen war es keine Umbesetzung, denn sie war für die Rolle lediglich im Gespräch gewesen, aber noch nicht fest besetzt.
    Damals ging es um eine große Produktion in Afrika. Ich war für die männliche Hauptrolle vorgesehen. Ich las das Drehbuch und nahm die Rolle an. Sicherheitshalber erkundigte ich mich, wer für die weibliche Hauptrolle im Gespräch war und staunte nicht schlecht,

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