Man lebt nur zweimal
ist die Chance, die Verantwortung zu delegieren. Aber umso weniger kann man auch wirklich selbst entscheiden. Immer gibt es noch eine höhere Instanz mit allerletzter Entscheidungsgewalt, bis hin zum Mutterkonzern in den USA . Das sind dann Menschen, die über dich und deine Arbeit urteilen, die du noch nie gesehen hast, die dich noch nie gesehen haben und die dich wohl auch nicht sehen wollen. Höchstens noch auf der Leinwand, in einer ihrer unzähligen Produktionen, in die sie mal kurz reinschauen, ohne den Film zu mögen, oder auch nur zu verstehen. Wie gesagt, dass muss nicht zwingend so sein – ist aber oft so.
Unabhängig zu sein ist so ziemlich der größte Luxus, den man sich beim Film vorstellen kann. Gleichzeitig ist es natürlich ein Fluch, kein Geld zu haben. Denn andererseits ist nichts so wichtig wie Geld. Alles kostet Geld beim Film. Mich wundert zum Beispiel, wie die Leute klaglos akzeptieren, dass ein Mensch für einen einzigen Film so viel Geld bekommt wie eine ostdeutsche Kleinstadt im ganzen Leben nicht. Die amerikanischen Top-Gehälter halte ich für maßlos übertrieben. Die Schere zwischen den Großverdienern und den normalen Schauspielern geht immer weiter auseinander. Viele von ihnen können gar nicht mehr leben von ihrer Arbeit, sodass sie gezwungen sind, andere Jobs anzunehmen. Jeder zweite Taxifahrer in L.A. ist Schauspieler.
Andererseits finde ich schon, dass die Arbeit eines Schauspielers einen gewissen Wert darstellt. Der sollte proportional zu seinem Können stehen. Ein bisschen mit seinem Alter, seiner Erfahrung und natürlich in Grenzen auch mit seinem Bekanntheitsgrad zu tun haben. Wenn die Produzenten versuchen, uns immer weiter zu drücken, dann sage ich schon mal: »Sie zahlen hier die Summe meines Lebens. Das beinhaltet unter anderem, dass ich zehn Jahre im Kellertheater für 50 Mark am Abend Martin Walser gespielt habe.«
Ich weiß nicht warum, aber das Martin Walser-Argument zieht erfahrungsgemäß am besten. Vielleicht ahnt gleich jeder, wie hart das für mich gewesen sein muss. Ich wette, wenn ich exakt den gleichen Satz mit Agatha Christie oder Schiller wiederholen würde, mein Jahresgehalt würde mindestens um 20 Prozent einbrechen.
Wenn man als Produzent sein Geld also vernünftig einsetzt, ist es auch zu sehen. In Form von hoher Qualität. Wenn man eine Million Euro zur Verfügung hat, um ein Drehbuch schreiben zu lassen und das vernünftig anstellt, dann wird man das später im Film bemerken. Man wird dann zwar nicht merken, dass hier vier gut bezahlte Autoren ein Jahr lang dran gearbeitet haben, aber man wird aus dem Kino kommen und sagen: eine tolle Geschichte und gute Dialoge.
Die ideale Form des Filmeproduzierens wäre also? Na?
Richtig – unabhängig und mit viel Geld im Rücken. Doch das gibt es leider nicht.
STALINGRAD
Von einem echten Krieg handelte der russische Film Stalingrad , in dem ich im Sommer 2012 mitgespielt habe. Wie der Name nahelegt, spielt er vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs in Russland. Verantwortlich für den Film war Fjodor Bondartschuk. Ich gebe zu, den Namen konnte ich mir auch erst am letzten Drehtag merken. Und jetzt musste ich ihn für das Buch noch einmal nachschlagen – dabei ist Bondartschuk in Russland so bekannt wie bei uns Bernd Eichinger. Er ist ein guter Freund von Putin und außerdem Sohn des berühmten sowjetischen Schauspielers, Regisseurs und Oscar-Preisträgers Sergej Bondartschuk.
So ein moderner Film über Stalingrad kommt natürlich nicht ohne ein handfestes Kriegsgemetzel aus. So hatte das Team schon im Herbst das Vorjahres mit dem Drehen der Schlachtszenen begonnen, die zudem, wie der ganze Film, in 3D-Technik aufgenommen wurden. Sie haben uns erste Ausschnitte davon gezeigt – sie sehen wirklich gewaltig aus. In den Schlachtszenen wirken über 900 Darsteller mit, und allein der detailgetreue Nachbau des historischen Stalingrads in einem Vorort von St. Petersburg hat gut vier Millionen Dollar gekostet. Das Ganze hat sechs Monate gedauert und es waren 400 Menschen beteiligt. Sie haben die zerbombte Stadt wieder auferstehen lassen, mit riesigen, historischen Gebäuden und einem kompletten Marktplatz, – wie Stalingrad damals halt ausgesehen hat. Insgesamt hat der Film ein Budget von dreißig Millionen Dollar. Das ist beachtlich, gerade in einem Land wie Russland, das zwar über eine steinreiche Oligarchie verfügt, in dem aber große Teile der Bevölkerung in Armut leben.
Vergleichsweise haben Filme
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