Management - von den Besten lernen
lassen? “ 118
Nicht nur für Albert Ballin stand diese Frage im Vordergrund, auch Georg von Siemens, Gründer der Deutschen Bank und Vetter des Unternehmensgründers Werner von Siemens, stellte die Frage, ob er einem Menschen vertrauen könne, in den Mittelpunkt. Und auch bei Peter F. Drucker nimmt das Thema eine ganz zentrale Stellung ein. So schilderte er einen Beratungsauftrag, im Laufe dessen er regelmäßig mit dem Topmanagement eines Unternehmens, das großen Bedarf an Managern für die Führung der Geschäfte in Russland, Estland, China, Thailand und anderen Ländern hatte, über Fragen des Managementpersonals diskutierte: „… und die Schlüsselfrage ist am Ende immer : Kann ich ihr oder ihm als Person vertrauen? Wird sie oder er schlechte Nachrichten verkünden? Wenn Dinge nicht gut laufen, wird sie/er die Bücher frisieren? Die ultimative Frage lautet: Wird sie oder er zu mir kommen und sagen, das Beste sei, sie oder ihn entweder zu entlassen oder die Niederlassung zu schließen? Kann ich ihm oder ihr vertrauen, dass sie/er im Interesse des Unternehmens die Geschäfte führt? “ 119
Dass Jakob Fugger auf der Suche nach Menschen sein musste, denen er vertraute, steht außer Frage, da dies in höchstem Maße in seinem eigenen Interesse war. Dass er selbst allerdings kein Musterbeispiel für Vertrauenswürdigkeit war, zeigt die 1519 mit über 850 000 Dukaten an Bestechungsgeldern finanzierte Wahl Karls V. zum Kaiser.
Vor dem Hintergrund des alten Managementgrundsatzes, dass sich die Mitarbeiter am Vorbild ihres Chefs orientieren , war sein eigenes Verhalten vielleicht nicht ganz unschuldig daran, dass auch er selbst immer wieder von seinen Faktoren – wie man die Personen nannte, welche die Handelsniederlassungen leiteten – hintergangen wurde; sein erfolgreicher Faktor in Rom, Johannes Zink, ist eines von vielen Beispielen. Als das Verhalten von Zink in Rom gar zu undurchsichtig wurde, stellte Fugger ihm einen Assistenten und Aufpasser zur Seite, den Nürnberger Engelhard Schauer. Es dauerte allerdings nur ein paar Jahre und Schauer hatte sich seinerseits am Vorbild seines Vorgesetzten orientiert und wirtschaftete bald selbst mehr in die eigene Tasche als in die seines Arbeitgebers.
2. Das „kleine schwarze Büchlein“
Ein hochwirksames, leider viel zu wenig verwendetes Vorgehen im Zusammenhang mit Personalentscheidungen besteht darin, systematisch auf kritische Vorfälle , auf „Critical Incidents“ 120 , zu achten, diese zu notieren und vor allem dann diese Erkenntnisse im Rahmen von Personalentscheidungen zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen darf mit einigem Recht als eines der wirklich noch bestehenden Geheimnisse wirksamer Führungskräfte bezeichnet werden, denn es wird höchst selten verwendet. Ihm liegt die Beobachtung zugrunde, dass verhängnisvolle und folgenschwere Ereignisse, die durch menschliches Versagen verursacht werden, Vorboten haben. Kleine Beinahe-Unfälle, Beinahe-Kollisionen und Beinahe-Vorfälle, die üblicherweise nicht ernst genommen, vielleicht noch nicht einmal registriert werden, weil „alles noch mal gut gegangen ist“. Diese Beinahe-Ereignisse sind aber wichtige Informationsquellen, das Verhalten in kritischen Situationen frühzeitig und vorausschauend zu erkennen.
Wirksame Führungskräfte nutzen deshalb ein „ kleines schwarzes Büchlein “, um diese kritischen Vorfälle systematisch zu notieren. Isoliert betrachtet sind sie kaum von Belang, über die Jahre ergibt sich allerdings ein recht zuverlässiges Bild über die Persönlichkeit und den Charakter eines Menschen.
In das Büchlein notieren die erfolgreichen Entscheider in Personalfragen aber noch zwei weitere wesentliche Dinge: Sie achten auf die Ergebnisse , die diese Menschen im Laufe des Lebens erlangt haben, und sie berücksichtigen die Art, wie diese Menschen mit ihren Fehlern umgegangen sind. Zu gegebener Zeit haben diese wirksamen Führungskräfte dann eine solide Grundlage, auf der sie ihre Personalentscheidung treffen können.
Damit man allerdings zuverlässige Schlüsse über die Personen ziehen kann, muss man ihnen schwierige Aufgaben stellen. Man muss ihnen „große Jobs“, das heißt Stellen mit anspruchsvollen Assignments übergeben, an denen sie ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und ihre Stärken unter Beweis stellen können. Wichtig ist, dass es sich um echte Aufgaben handelt, die zunehmend größer und anspruchsvoller werden, Aufgaben aus der Realität und nicht Aufgaben aus
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