Manipulationen abwehren(TaschenGuide)
verspricht, sondern lediglich um eine neue, kurzlebige Modeerscheinung. Dieses Reizwort dominiert das gesamte Argument. Wenn jemand auch nur ansatzweise in eine ähnliche Richtung denkt wie Egon, wird er die zentrale Behauptung sofort unterschreiben. Im Grunde wird durch die Verwendung von negativen Ausdrücken jede Argumentation unterbunden.
Auch im folgenden Fall wird versucht, durch einen emotional gefärbten Ausdruck den eigenen Standpunkt zu untermauern:
Beispiel
Rudi zu seinen Arbeitskollegen: „Es bringt doch nichts, wenn wir schon wieder eine neue Arbeitsgruppe bilden. Da findet doch nur nutzloses Palaver statt.“
Ist das ein gutes Argument gegen die Einrichtung einer Arbeitsgruppe? Dass in solchen Arbeitsgruppen nur nutzloses Palaver stattfindet, ist der einzige Grund, den Rudi anführt. Aber das ist reine Polemik. Wenn Rudis Kollegen Arbeitsgruppen auf ähnliche Weise einschätzen, wird er jedoch dankbare Anhänger finden.
Wörter besitzen „Überzeugungsenergie“, die sich auf das gesamte Argument übertragen kann. Achten Sie daher darauf, ob in einem Argument Ausdrücke vorkommen, die allein aufgrund ihrer polemischen Kraft eine Konklusion zu stützen versuchen.
Abwehr
Entweder Sie stellen eine kluge Frage, durch die Sie den Gesprächspartner wieder auf eine sachliche Schiene lenken, (Frage an Rudi: „Was könnte man tun, um ‚nutzloses Palaver’, wie Sie sagen, zu verhindern?“) oder Sie weisen darauf hin, dass der von Ihrem Gesprächspartner benutzte Ausdruck auf die Situation nicht zutrifft. (Reaktion auf Rudi: „Sie haben völlig recht. Es sollte verhindert werden, dass in Arbeitsgruppen ineffektiv diskutiert wird. Das aber können wir ohne Weiteres erreichen, wenn wir …“)
Die Strohmanntaktik
Bei der Strohmanntaktik geschieht Folgendes: Dem Gesprächspartner wird ein fiktiver Standpunkt unterstellt, oder sein Standpunkt wird verzerrt oder übertrieben. Der fiktive oder veränderte Standpunkt ist dann ein leichter Gegner, der vom Manipulator mühelos niedergestreckt werden kann.
Vor allem in Pro-und-Kontra-Diskussionen werden Strohmänner gebaut. Dabei entsteht diese Taktik oft nicht einmal absichtlich. In vielen Fällen kommt es dazu, weil man den Standpunkt des Gesprächspartners entweder nicht genau begriffen oder dem Gesprächspartner nicht richtig zugehört hat. Besonders erfolgreich ist dieses Manöver dann, wenn der Gesprächspartner, dem ein bestimmter Standpunkt unterstellt wird, nicht anwesend ist.
Es gibt eine sehr raffinierte Variante, dem Gesprächspartner einen fiktiven Standpunkt anzudichten: Der Manipulator trägt eine gegenteilige Ansicht sehr betont und dezidiert vor. Indem er die Behauptungen gezielt unterstreicht, hört es sich so an, als würde der Gesprächspartner das Gegenteil vertreten.
Beispiel
Politiker A: „Ich finde, wir brauchen mehr Mut, schwierige Fragen offen zu diskutieren.“
Politiker B: „Meine Kollegen und ich stehen da mehr auf dem Standpunkt, dass es oberste Priorität sein muss, wieder einen klaren Konsens in unserer Gesellschaft herzustellen.“
Wenn der Gesprächspartner (Politiker A) nicht schnell genug erklärt, dass auch für ihn die Herstellung eines Konsenses oberste Priorität hat, dann kann es sein, dass man ihm stillschweigend die gegenteilige Meinung unterschiebt.
Neben der Konstruktion eines fiktiven Standpunkts sind Übertreibungen, Vereinfachungen, Verallgemeinerungen, das Weglassen von Einschränkungen und Nuancen weitere Beispiele für die Strohmanntaktik. Eine Klage, die man in diesem Zusammenhang oft hört, ist, dass eine Äußerung aus dem Kontext gerissen wurde. Das kann selbst dann passieren, wenn jemand wörtlich zitiert wird. Die isolierte Äußerung kann Implikationen haben, die im Gesamtzusammenhang nicht aufgetreten wären. Betrachten Sie zur Illustration folgenden Fall:
Beispiel
Hubert, ein bekannter Schauspieler, wird zu dem Gerücht befragt, er und seine Filmpartnerin hätten ein Verhältnis: „Sicher wäre die Vorstellung einer Affäre mit Nadja einfach ein Traum für viele Männer. Aber ich kann Ihnen versichern: Es gibt keine private Beziehung zwischen mir und Nadja.“
Am nächsten Tag steht in der Zeitung: „Hubert: ‚Affäre mit Nadja einfach ein Traum.’“
Eine Meinung kann man leicht dadurch verallgemeinern und verfälschen, dass man qualifizierende Ausdrücke wie „einige“ oder „ein paar“ oder „manchmal“ weglässt, um den Eindruck zu erwecken, der Standpunkt beziehe sich auf
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