Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
anfangen, kann es sein, dass beim nächsten Projekt der Projektleiter auch erwartet, dass ihm ein Bonus gezahlt werde. Und wie wollen wir das dann ablehnen? Wir sollten daher keinen Bonus zahlen.“
Bei einer Präzedenzfall-Lawine wird argumentiert, dass, wenn man erst einmal einen Präzedenzfall schafft, man gezwungen ist, ähnliche Fälle gleich zu behandeln, was schlimme Folgen haben kann. Ein Präzedenzfall-Argument ist prima vista ein durchaus plausibles Argument. Es kann jedoch Fehler behaftet sein.
Die kritischen Fragen an diese Argumentform sind:
Wird wirklich ein Präzedenzfall gesetzt?
Stimmt die behauptete Folge von Ereignissen?
Ist das Endergebnis wirklich unvermeidbar?
Gibt es keine Möglichkeit sich zu schützen?
22. Übung: Auf die Präzedenzfall-Lawine reagieren (siehe Lösungsteil)
Wie könnte man auf Carls Argumentation reagieren?
Die Analogiefalle
Ein sehr wirkungsvolles Scheinargument für Manipulationen liefert die Analogiefalle. Sie basiert auf einem – wer hätte das gedacht – Analogieargument. Analogieargumente haben folgende Struktur:
Begründungsschema
Situation A ist ähnlich zu einer Situation B. In Situation A war es richtig/falsch Handlung X zu tun (oder: In Situation A war/ist Aussage X wahr/falsch), daher ist es auch in Situation B richtig/falsch X zu tun (oder: ist auch in Situation B Aussage X wahr/falsch).
Im folgenden Beispiel benutzt Carla ein solches Analogieargument.
Beispiel
Carla: „Meine Damen und Herren, eine Sache dürfte wohl klar sein: Es wird nichts bringen, wenn man versucht, die Finanzmärkte zu kontrollieren. Das Kapital lässt sich nicht vorschreiben, wohin es fließen soll. Die Regeln der Investition sind wie Naturgesetze. Auch die können wir nicht ändern. Wasser fließt nach unten, das Kapital fließt dorthin, wo es die beste Rendite gibt.“
Carla will mit ihrer Argumentation darauf hinaus, dass sich das Kapital nicht kontrollieren lässt. Dazu bringt sie einen Vergleich (eine Analogie) zwischen den Regeln der Investition und den Naturgesetzen, die sich nicht verändern lassen.
In einer Analogie werden zwei Dinge oder Situationen verschiedener Art miteinander verglichen. Bei diesem Vergleich stellt man gewisseÄhnlichkeiten zwischen den Dingen oder Situationen her. Analogieargumente sind schwache, aber durchaus brauchbare Argumente. Ihre Überzeugungskraft beruht auf der Stärke der festgestellten Analogie, also auf der Frage: Sind die Situationen, die miteinander verglichen werden in einer für das Argument relevanten Hinsicht einander tatsächlich ähnlich? In unserem Beispiel müsste man also die Frage stellen: Können Investitionsregeln sinnvoll mit Naturgesetzen verglichen werden? Hier scheinen Zweifel angebracht.
Analogieargumente sind in Händen eines Manipulators äußerst wirkungsvolle Instrumente. Ein raffinierter Manipulator stellt Vergleiche zu Dingen oder Situationen her, denen man nur zustimmen kann oder die man einfach ablehnen muss - je nach Argumentationsrichtung des Manipulators. Da man der analogen Situation zustimmt (bzw. sie ablehnt), wird man gedrängt, die Zustimmung bzw. Ablehnung auch auf die eigentliche Situation zu übertragen, die Thema der Diskussion ist. In vielen Fällen wird man schneller überrumpelt als man denkt. Wir wollen ein weiteres Beispiel anbringen:
Beispiel Teil 1
In der Nähe einer kleinen Ortschaft wurde eine neue Müllverbrennungsanlage errichtet. Diese Anlage arbeitet nach einem neuartigen Verfahren, bei dem deutlich weniger Schadstoffe anfallen. Dennoch hat sich in dem Ort eine Bürgerinitiative gebildet, die auf die Abschaltung der Anlage drängt. In einem Gasthaus treffen sich die Geschäftsleitung des Unternehmens und Vertreter der Bürgerinitiative. Der Geschäftsführer erläutert die Vorteile, insbesondere die Umweltverträglichkeit der neuen Anlage. Da meldet sich ein Vertreter der Bürgerinitiative zu Wort: „Wissen Sie, was mir an Ihrem Gedankengang überhaupt nicht gefällt, wo mir richtig unwohl wird: Damit Sie mit Ihrer Anlage produktiv arbeiten können, müssen wir doch Müll produzieren. Es kann doch gar nicht in Ihrem Interesse sein, dass Müll vermieden wird.“ Darauf erwidert der Geschäftsführer: „Aber das ist doch absurd, was Sie hier sagen. Das würde ja auf das gleiche hinauslaufen, als würden Sie fordern, wir sollten keine Kleider mehr tragen. Der Mensch hat immer Müll produziert und wird immer Müll produzieren.“
In unserem Beispiel benutzt der Geschäftsführer
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