Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
Darauf reagiert der Topmanager mit der Bemerkung, auf solche rhetorischen Spielchen lasse er sich nicht ein. Wie könnte man besser auf die Argumentation des Studenten reagieren?
In einer Podiumsdiskussion geht es um die Frage, wie ethisch sich Unternehmen verhalten müssen. Der Vorstandsvorsitzende einer Bank argumentiert, dass man Unternehmen nicht jede ihrer Handlungen vorwerfen können. „Man kann“, so fährt er fort, „als Unternehmen nicht immer überblicken, zu welchen Zwecken die Teile, die man herstellt, benutzt werden. Man kann nicht immer wissen, dass die produzierten Teile beispielsweise zum Bau von Waffen genutzt werden.“ Ein pfiffiger Student steht darauf hin auf und argumentiert: „Das bedeutet ja auch, dass man den Kokabauern in Kolumbien nicht vorwerfen kann, dass sie Koka anbauen. Denn immerhin können sie ja auch nicht wissen, zu welchen Zwecken das Koka schließlich benutzt würde.“ Der Student benutzt ein Analogieargument. Darauf reagiert der Topmanager mit der Bemerkung, auf solche rhetorischen Spielchen lasse er sich nicht ein. Wie könnte man besser auf die Argumentation des Studenten reagieren?
Die Präzisionsfalle
Ein beliebtes Manöver, um sich mit einer Argumentation durchzusetzen ist, die Argumente mit statistischen Aussagen zu unterlegen. Auch hier lauert eine Falle – die Präzisionsfalle. Bei der Präzisionsfalle werden vom Manipulator Zahlenangaben, zum Beispiel Prozentangaben, eingesetzt, deren Herkunft äußerst zweifelhaft ist. Die Zahlen suggerieren Exaktheit und wissenschaftliche Fundiertheit, die aufgrund der Fragwürdigkeit der Datenerhebung gar nicht eingelöst wird. Wenn statistische Aussagen benutzt werden, die gar nicht oder nur äußerst schwer verifiziert werden können, begeht der Manipulator den Fehler der falschen Präzision. Dieses Manöver kann den Gesprächspartner leicht verleiten anzunehmen, dass die vom Manipulator aufgestellte Aussage exakt die Wirklichkeit abbildet. Tatsächlich ist die Exaktheit eine Täuschung, von der man sich nur allzu leicht irreführen lässt. Man verbindet mit der Angabe genauer Zahlen Wissenschaftlichkeit und vertraut auf ihre Autorität. Das Prestige und die Ästhetik einer präzisen Zahlenangabe verbürgen Seriosität und die Stichhaltigkeit des Arguments. Hier ein Beispiel dazu:
Beispiel
Inge, eine Unternehmensberaterin, in einem Gespräch mit dem Geschäftsführer von INTRIC: „Ich bin sicher, 80 Prozent aller Schwierigkeiten in einem Unternehmen könnten gelöst werden, wenn die Führung sich mehr auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren würde …“
Wie kommt Inge zu der Zahl von 80 Prozent? Die Zahlenangabe gaukelt eine Präzision vor, die auf keiner begründeten Basis steht, nur auf einer subjektiven, intuitiven Einschätzung. Potenziert wird der Fehler der falschen Präzision, wenn in der statistischen Aussage zusätzlich Begriffe vorkommen, die so ungenau sind, dass die statistische Aussage dadurch praktisch wertlos wird. Ein solch vager und ungenauer Ausdruck ist auch der Begriff „Schwierigkeit“ in Inges Äußerung. Was meint sie eigentlich damit? Von welcher Art Schwierigkeiten ist die Rede? Betrachten Sie folgendes Beispiel:
Beispiel
Konrad setzt Herrn Müller die Pistole auf die Brust: „Herr Müller, Sie sprechen davon, den Rechtsweg einzuschlagen. Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, dass in einem Fall wie Ihrem nur eine zehnprozentige Chance auf Erfolg besteht. Wenn Sie die Mühen bedenken, den Ärger und auch das Geld, das es Sie kosten wird, um diese Sache durchzustehen, frage ich mich, ob es nicht doch besser wäre, nach einer einvernehmlichen Lösung zu suchen.“
Konrad benutzt eine statistische Aussage, um seinen Gesprächspartner unter Druck zu setzen. Es ist völlig unklar, wie Konrad zu dieser Zahl kommt und worauf er sich damit bezieht. Aber zehn Prozent Erfolgschance hört sich doch ziemlich wenig an. Da muss man schon ein ziemlicher Hasardeur, wenn man weiter volles Risiko geht.
Wie wehrt man die Präzisionsfalle ab?
Um der Präzisionsfalle zu entgehen, sollten Sie Zahlenangaben kritisch hinterfragen und eine Begründung einfordern.
Herr Müller reagiert in dieser Weise auf Konrads Präzisionsfalle: „Sie sprachen gerade von einer zehnprozentigen Chance. Wie kommen Sie denn zu dieser Zahl?“
24. Übung: Präzisionsfallen identifizieren
Durchforsten Sie einmal die Zeitung und überprüfen Sie, wo es überall einen Fehler der falschen Präzision geben kann. Überlegen Sie: Wie
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