Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
alles.
»Wo bleibt denn jetzt der Prinz mit seinem scheià Gaul?«, steht auf einer Postkarte an meiner Badezimmertür. Die übrigens meine Mutter da hingeklebt hat. Klar, so ein Lord Langweilig würde sich vorzüglich zu Fürstenberg-Porzellan und FliegergroÃvater-Besuch an der Kaffeetafel der Eltern machen. Und weder Vater noch Bruder â Oberstarzt und Offiziersjurist der Reserve â müssten weiterhin mit der Dienst-Schrotflinte im AnÂÂschlag für Ordnung in meinem nicht vorhandenen Liebesleben sorgen.
Nachdem ich Milosz kennengelernt habe, weià ich, dass ich was ändern muss. Nicht, weil er was für mich wäre. Nein. Dafür waren mir die Fragen zu doof und die Blicke zu selten im Gesicht. Und auf Sarahs »Linda-de- Mol«-Verkupplungsaktionen reagiere ich grundsätzlich allergisch. Aber vielleicht sollte ich mich doch einfach mal auf dieses ganze Daten einlassen, um jemanden zu finden. Milosz scheint das ja Spaà zu machen. Auch, wenn es nicht immer funktioniert â wie bei mir. Aber neugierig, wie er das so anstellt mit dem Daten, bin ich ja schon. Vielleicht sollte ich mich hin und wieder mit ihm treffen, ihn ausfragen? Reine Recherche natürlich, ist klar. Meine Nummer hat er ja jetzt, dann kann er sich ja melden. So ganz unsympathisch ist er ja auch nicht, der Milosz. Und er hat ja auch recht. Wird Zeit, dass ich mich mal wieder etwas öffne.
Ein Blick auf Finya.de â und ich entscheide mich gegen die Suche über Online-Portale. Ziemlich abartig, wie das da abläuft. »Stimmungsindikator«, Lieblingsmarken, Ranglisten der »attraktivsten Mitglieder«, Sofortsuche, »wennâs mal schnell gehen soll« und »MatchClick-Wörter«. Fehlen nur noch »So fotografiere ich mich am liebsten nackt«, PenisgröÃe und »MatchFick-Wörter«. Und das »Ein Klick = Hunderte Treffer« schreckt dann auch eher ab. Ich will keine 100 Treffer. Mir reicht einer.
Warum dann also nicht traditionell, so wie ich es mag, wie ich erzogen wurde â per Gesuch in einer Zeitung. Die gab es früher, die gibt es heute, das kann sich doch nur bewährt haben. Und ich gebe zu, neugierig, wer hinter diesen Texten steckt, war ich schon immer. Ich erinnere mich da an einen Schnipsel aus der Welt am Sonntag , den ich ein halbes Jahr mit mir herumgeschleppt habe. »Prinz möchte dich auf sein Gut in den Süden entführen« oder so ähnlich stand da geschrieben. So viel zu Lord Langweilig. Aber: Echte Prinzen gibt es nicht. Höchstens Foffis. Und nach Süddeutschland will ich auch nicht. Berlin ist die Stadt, in die ich mich verliebt habe. Fehlt nur noch jemand, mit dem ich sie einatmen kann.
Nur die Liebe zahlt
»Traummann in Spitzenposition, aus renommierter Akademiker-Familie stammend, 38, 1,92 Meter. Ein begehrter junger Mann ⦠beruflich interÂnational ausgerichtet, der gelernt hat, Verantwortung zu übernehmen â in jeder Hinsicht. Seine ÂInteressen sind breit gefächert, er pflegt einen kulÂtivierten Lebensstil, ist musikalisch, liebt Puccini und Verdi, Wandern (bis zum Gipfel) ⦠mediterrane Küche, ein stilvolles Ambiente, Sonnenaufgänge und Sport ⦠tendiert eher zu einem guten Buch als zur Disco. Sind Sie die stilvolle junge âºLadyâ¹, intelligent und begeisterungsfähig, mit ebenfalls gutem Background, dann sind Sie Ihrem Glück jetzt ganz, ganz nahe.«
Ganz nah, ja. Nur einen Afternoon Tea im Kempinski am Kuâdamm und 1500 Euro entfernt. Denn der »Traummann« hat seine Anzeige über eine internationale Ehe- und Partnervermittlungsagentur schalten lassen. Ãber eine der bekanntesten in Deutschland. In überregionalen Qualitätszeitungen grinst einem die Chefin des Ladens unter der Rubrik »Kennenlernen« mit glänzend dunkler Mähne und strahlend weiÃen BeiÃerchen entgegen.
Ich schreibe ihr eine Mail, stelle mich vor. Einen Tag später ruft sie an. Ob wir uns denn nicht mal in Ruhe zusammensetzen wollen, sie würde mich gern kennenlernen, sagt sie. Ah ja, »kennenlernen«. Machen wir. Und verabreden uns für den nächsten Sonntag im ÂFünf-Sterne-Haus nahe Berlins historischem Prachtboulevard.
Als ich die Lobby betrete, sitzt die Chefin schon parat. Im beigen Kostüm mit passendem Perlenohrringbehang nippt sie am Wasserglas und begutachtet meine Ankunft über ihre schmale Brille
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