Mann mit Grill sucht Frau mit Kohle
mitgeschickt hat â nach den Zeilen dürfte er doch ein paar von sich zu Hause hängen haben. Oder im Büro. Mit Porsche vor Grand Canyon zum Beispiel. Gut â ist fies, ihm das zu unterstellen. Und: In seiner nächsten Mail schickt er eins mit.
Ich öffne den Anhang. Kein Porsche, kein Grand Canyon. Dafür eine Jacht, darauf: Christoph, in Lederjacke. Zwinkernd. Und Hand im Schritt. Schön, dass er ein Foto gefunden hat. Kann er sich gleich rahmen lassen.
Ich bin Dein Vater, Luke
Mitten in die Mailflut hinein landet auÃerdem ein dicker Umschlag von der Zeit in meinem Briefkasten. Ich gehe von einer satten Rechnung aus â und freue mich ziemlich, dass es keine ist. Sondern Post. Antworten auf die Anzeige. In Briefform. Wegen meiner brasilianischen BriefÂfreundin darf ich mich dann ab sofort auch nicht mehr altmodisch fühlen.
Ich öffne den ersten Brief. Mit Füller geschrieben! »Hallo! 61 Jahre alt, 1,90 m groÃ, ledig, Nichtraucher, von Beruf Anästhesist â das bin ich. Du möchtest mich kennenlernen, weil du die Vorteile unseres Altersunterschiedes siehst? Das ist gut. Ich sehe sie auch«, schreibt Volker.
Auf dem Foto vom nächsten Brief sitzt ein geschätzt Mittsechziger auf einer Holzbank im Schrebergartenhäuschen. Er trägt ein kariertes Hemd und über den Scheitel gelegtes kupferbraunes Resthaar. Hinter ihm steht eine Engelsfigur im Fenster. Seine Schrift erinnert mich sofort an die Briefe von meiner GroÃmutter, wie platzausfüllend geschwungen sie schreibt und wie sie zusätzlich liebevoll Sticker an den Rand klebt. »Liebe Lebensfrohe, adäquater 50er, Akademiker, schlank und gepflegt, mit allen geforderten Eigenschaften, würde sich über einen Anruf zum Kaffee o.ä. freuen. Zusätzlich bin ich noch optimistisch (âºdenk positiv oder gar nichtâ¹), umfassend und allgemein gebildet, aber ganz natürlich geblieben. Bitte überzeugen Sie sich, ich habe ein schönes Geschenk vorbereitet. GruÃ, H. Kastritz«
Geschenke von Fremden darf ich auch gar nicht annehmen.
Die schnelle Sorte
Ein Superfoto hat Elias aus Kitzbühel geschickt. »Dein Text gefällt mir. Bin 38, schlank, dunkelblond und nicht schüchtern. Würde mich über eine Antwort sehr freuen â bitte auch âºmit Bildâ¹Â«, schreibt Elias, der mir mit männlich-kantigem Gesicht, dunklen Augen, entschiedenem Blick und etwas längeren Haaren entgegenschaut. Typ: Andy Garcia. Da muss ich natürlich antworten. Will ja nicht die Verwandtschaftskündigung von Tante Karin riskieren. Ich schicke ein Bild zurück. Und Mister Garcia schreibt: »Bist eingeladen zu mir in die Berge â setz dich in den Flieger, ich zahl dir ab Tegel.« Ãhm, liebste Tante, entschuldige â aber prostituieren wollte ich mich auch für Andy nicht.
»Darmkrebs verhindern â dem Leben zuliebe«, steht auf einem anderen Umschlag. Also, auf dem Stempel neben der Briefmarke. Die mich mit ihrem Motiv, dem Kreidefelsen-Gemälde von Caspar David Friedrich, dann doch in die richtige Stimmung für einen romantischen Brief versetzt. »Hallo du. Deine Annonce finde ich interessant, ich bin Peter, 48, groÃ, schlank, Autor, SternÂzeichen Steinbock, suche Freundin für Kaffee trinken, Kuchen essen, gute Gespräche, spazieren gehen und guten Sex am besten auch. Schreib mir doch zurück.« Ein begnadeter Essayist. Wie er den Bogen von Kaffee und Kuchen zu Sex geschlagen hat, das war schon gekonnt.
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Auf einem anderen Brief steht nur die Chiffrenummer meiner Anzeige. Hat der Verfasser den Brief etwa perÂsönlich zur Zeit gebracht? Oder sucht da jemand aus dem Verlag? »Sehr geehrte Dame, mit dem Text Ihrer Anzeige dokumentieren Sie, dass Sie von Herzen den Wunsch nach einem aufrichtigen, seriösen und erfolgÂreichen Herrn haben, der Ihnen ein adäquates Pendant in Ihrem weiteren Leben sein sollte. Sicherlich haben Sie es aus der Resonanz auf Ihre Anzeige ja schon selbst erÂÂfahren müssen, dass sich auf Eigenanzeigen von Damen Ihres Status allzu oft Männer melden, die den Kriterien anspruchsvoller Damen mit Niveau nicht entsprechen.« Ach. Aber es wird noch besser. »Sei es, dass ein bestimmter Typus Mann nur das permanente oberflächÂliche Abenteuer sucht.« Ich muss an Kitzbühel-Andy denken. »Sei es, dass von Stand, Bildung,
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