Mannerfreie Zone
ich ihn kurz in die Warteschleife legen kann, um mir bei Tabitha Rat zu holen, klingelt es bei ihm auf der anderen Leitung. Also bin ich einverstanden und er sagt, er würde mich noch anrufen, um Genaueres abzuklären.
Ich komme fünf Minuten zu spät. Ich trage Parfüm, habe mein Haar gefönt und meinen Körper an den richtigen Stellen enthaart. („Nur für alle Fälle. Aber deswegen solltest du dich trotzdem nicht wie eine Nutte aufführen“, ermahnte mich Tabitha.)
Das Restaurant ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe – ein trendiger, kleiner Ort im East Village voller schöner Menschen. Ich versuche, nicht zu beeindruckt zu wirken, aber Moment mal, er steht nicht an der Bar. Mist! Wenn er später kommt als ich, dann denkt er, dass ich zu früh da war. Vielleicht hat er sich ja schon hingesetzt. Ich frage die wunderschöne Frau im Kimono, ob es noch einen anderen Raum gibt, und sie zeigt hinter sich auf einen traditionellen japanischen Speiseraum, in dem man keine Schuhe tragen darf. Gott sei Dank habe ich mir bei der Pediküre die Hornhaut entfernen lassen.
Er winkt mir von einem niedrigen Tisch aus zu. Sein Hemd unterstreicht die grünen Sprenkel in seinen Augen. Bevor ich den Raum betrete, entsteht ein etwas peinlicher Moment, weil ich erst meine Schuhe ausziehen muss.
„Hey“, sage ich und knie mich an den Tisch.
„Du siehst toll aus.“ Wow! Werde ich rot?
„Danke, aber du siehst auch nicht schlecht aus.“ Er beugt sich über den Tisch und berührt mein Kinn. Ich habe körperlichen Kontakt zwar nicht so schnell erwartet, aber ich lasse es mir gerne gefallen.
„Ich habe bereits bestellt, zumindest den ersten Gang. Danach schauen wir mal, was du möchtest.“
„Großartig.“ Er schenkt mir etwas Sake ein. Ich trinke, es wärmt mich von innen. Ich schenke mir mehr ein. Er lächelt.
„Ich vertrage ziemlich viel“, sagte ich.
„Tatsächlich?“
„Ja, ich war bei Studentenpartys nie sonderlich beliebt.“ Er hat diese beunruhigende Angewohnheit, mich einfach nur lächelnd anzustarren. Ich schütte noch mehr Sake hinunter. „Was ist?“
„Du bist einfach atemberaubend.“
„Du machst mich ganz verlegen, wirklich. Erzähl mir von deiner Arbeit.“
Er beginnt, über die Leute zu sprechen, die seine Firma vertritt, und obwohl er selbst in den meisten Geschichten gar nicht vorkommt, ist es doch interessant. Er bekommt eine Menge Promotion-CDs und hat zu Hause über zweitausend.
„Ich habe einen Wechsler für dreißig CDs. Ich höre sie mir vor dem Einschlafen an.“
„Ach so, du wohnst alleine?“
„Nein, ich habe eine Mitbewohnerin. Die Exfreundin eines Freundes. Was für eine Schlampe.“ Ich kann es nicht ausstehen, wenn ein Mann eine Frau „Schlampe“ nennt. Das passiert andauernd, und ich finde es geschmacklos. Doch Zeke erschien mir das letzte Mal in meinem alkoholvernebelten Zustand als ein sensibler Mensch, also will ich ihm meine Meinung schonend beibringen, aber schon kommt das Sushi. Es sieht schön und bunt aus. Ich liebe Sushi. Zeke schenkt mir mehr Sake ein und klatscht entzückt über seine Auswahl in die Hände. Es gibt wirklich kaum etwas Erotischeres als ein Mann, der genau weiß, was man bestellen muss.
„Du fängst an.“ Das tue ich auch.
„Also, Zeke, wo kommst du her?“
Er kichert ein wenig. „Nun, im Grunde habe ich überall in Kalifornien und Maryland gelebt … Und jetzt wohne ich 12. Straße West.“ Das ist eine ziemlich angesagte Gegend, aber ich wette, dass er mit Kalifornien und so gelogen hat, bestimmt kommt er von Long Island. Egal, Hauptsache, er fragt mich nicht.
„Wo wohnst du? Und wo kommst du her? Erzähl mir alles, Eve.“
„Oh, ich bin oft bei einer Freundin in der Upper East Side. Ich weiß, schrecklich. Wir sind auf der Suche nach einer anderen Wohnung.“ Es ist höchste Zeit, das Thema zu wechseln, ich will auf gar keinen Fall zugeben, dass ich in Jersey lebe. „Wunderbar, dass du von allem doppelt bestellt hast. Ich liebe
Yellowtail
.“
Wir essen eine Weile schweigend, und inzwischen fühle ich mich so wohl, dass ich es wage, mich vollzustopfen. Ich konzentriere mich so aufs Essen, dass mir zunächst gar nicht auffällt, wie er mich anstarrt. Ich lege die Stäbchen weg und wische mir den Mund ab.
„Nein, hör nicht auf. Es ist nichts. Ich sehe dir einfach gerne beim Essen zu. Das ist sehr erotisch.“
„Vielleicht solltest du dich besser auf dein Essen konzentrieren.“
„Das wäre ja wie masturbieren.“ Ich
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