Mannerfreie Zone
Wohnung kommen, duftet es herrlich. Der Tisch ist noch gedeckt, und wie sich herausstellt, ist am Essen nur etwas herumgepickt worden. Ich will gerade nach Roseanne rufen, als ich Geräusche aus ihrem Hochbett höre, die mich davon überzeugen, dass Roseanne
sehr
kreativ ist. Daraufhin beschließt Monica, dass sie nach Hause zu meinen Eltern will. Einerseits wäre es mir lieber, wenn wir uns vertragen würden, andererseits kann ich sie auch nicht mehr länger ertragen. Ich bringe sie zur Penn Station und umarme sie fest. Vielleicht bin ich eine schlechte Schwester – aber vergessen Sie nicht, wie ich sie gehalten habe, als sie sich übergeben musste. Das beweist doch, was für eine gute Schwester ich in Wahrheit bin.
Am Mittwoch fällt die Redaktionskonferenz aus, weil Herb Urlaub hat. Ich habe das Gefühl, als wäre ein Feiertag, und sofort wird mir klar, dass ich schon viel zu lange hier arbeite. Ich habe ein paar Weihnachtsplätzchen von Roseanne mitgebracht, und sofort versammeln sich alle um meinen Tisch und fragen, wie viel Fett und Zucker drin ist. Ich gestehe, dass ich keine Ahnung habe, vermutlich aber eine Menge von beidem drin sei. Sie futtern trotzdem alles auf.
Roseanne hat eine emotionale Krise. Sie ist glücklich (und erleichtert), dass sie endlich jemanden gefunden hat, aber Tylers geschäftlicher Aufenthalt in New York ist bereits beendet. Zwar stehen die Chancen gut, dass er in sechs Wochen wieder kommt, aber das ist eine lange Zeit, und wie es scheint, haben sich die beiden richtig ineinander verliebt. Wenn wir nur einen netten, nicht schwulen New Yorker finden würden, mit dem keine von uns beruflich zu tun hat – wir könnten ihn uns ja meinetwegen sogar teilen. Nun, das wäre doch kreativ. Wie auch immer, wir gehen bei
Veselka
, diesem ukrainischen Restaurant auf der 2. Avenue Süßkartoffel-Piroggen essen. Offenbar geht es Roseanne danach etwas besser.
Tabitha ist die ganze Woche bis nach Neujahr in Paris. Zum Glück macht
Big C
jedes Jahr an Weihnachten Urlaub, so dass Tabitha ebenfalls ein paar Tage frei nehmen konnte.
Im Dezember ist wirklich wenig los, die meiste Zeit surfe ich im Internet. Vielleicht sollte ich meine eigene Homepage über das Leben in New York ins Netz stellen, womöglich würde Prescott das ja finanzieren. Luftschlösser. Ich werde keine guten Vorsätze fassen, aber ich schwöre, dass das nächste Jahr besser wird. Nächstes Jahr werde ich etwas tun, was mir Spaß macht. Das Telefon klingelt.
„Eve Vitali.“
„Eve, hier ist Sherman Mussey, Rob Kings Assistent. Rob hat mir gesagt, dass er Ihren Vorschlag durchgesehen hat und ihn sehr gut findet.“
„Er hat was durchgesehen?“
„Ihren Vorschlag. Er ist heute ziemlich beschäftigt, aber er würde Sie gerne morgen Abend gegen neun zu einem späten Abendessen treffen.“
„Soll das ein Witz sein?“
„Ein was? Ist dort nicht Eve Vitali?“ Der Typ scheint ehrlich verwirrt zu sein. Will Rob King durch seinen Assistenten ein Date mit mir vereinbaren?
„Also, äh, Sherman, haben Sie meinen Vorschlag gelesen?“
„Nein, ehrlich gesagt nicht, aber Rob scheint ziemlich begeistert davon zu sein.“
„Danke.“ Einen Augenblick lang glaube ich fast, dass ich tatsächlich einen Vorschlag gemacht habe. „Kann ich Rob direkt anrufen?“
„Nun, er geht zwar selbst ans Telefon, aber heute hat er den ganzen Tag lang Konferenzen.“
„Und seine Mailbox?“
„Ich checke seine Nachrichten immer, für den Fall, dass es dringend ist, dann kann ich ihn suchen und benachrichtigen.“
„Ihn benachrichtigen, ja? Wie sieht’s mit E-Mail aus?“
„Tut mir Leid, das ist das gleiche.“ Er nennt mir das Restaurant und fragt mich, ob er mir einen Wagen zu meiner Wohnung schicken lassen soll. Ich weise den Wagen höflich zurück.
Das glaubt doch keiner. Ich glaube es nicht. Ich kann nicht glauben, dass ich mit Rob King ausgehen werde und sein Assistent das arrangiert hat. Tabitha besteht darauf, zu mir zu kommen, um mir bei der Wahl meiner Klamotten zu helfen. Sie ist fassungslos, dass ich den Wagen abgelehnt habe. Sie und Roseanne überlegen sich, uns beim Essen heimlich zu beobachten, aber das rede ich ihnen umgehend aus. Ich will die beiden nicht in der Nähe des Restaurants sehen.
Tabitha schminkt mich. Ich bitte sie, sich zurückzuhalten, aber sie mischt den braunen Lidschatten mit schimmerndem Gelb. Ich trage schwarze Hosen und ein graues asiatisches Hemd. Vielleicht kriege ich es ja doch hin.
Rob hat ein
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