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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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etwas unter seinem
Schreibtisch, unter seinem Fuß, über dessen Natur nachzudenken er vermieden
hat. Er schiebt seinen Stuhl zurück; es ist eine halbe Spitzmaus, ein Geschenk
von Marlinspike. Er hebt sie auf und denkt an Henry Wyatt, wie er in seiner
Zelle einen Tierkadaver isst. Er denkt an den Kardinal in voller Pracht im
Cardinal College. Er wirft die Spitzmaus ins Feuer. Der Körper zischt und
schrumpft zusammen, die Knochen verschwinden mit einem leeren kleinen Knall. Er
nimmt seine Feder und schreibt an Cranmer: Werden Sie die Oxford-Leute in Ihrer
Diözese los und setzen Sie Männer aus Cambridge ein, die wir kennen.
    Er schreibt an seinen Sohn:
Komm nach Hause und verbringe das neue Jahr mit uns.
     
    Dezember: In ihrer eisigen
Kantigkeit und mit dem blauen Licht, das hinter ihr vom Schnee reflektiert
wird, sieht Margaret Pole aus, als wäre sie aus einem Kirchenfenster gestiegen
und als fielen feine Glasscherben von ihrem Kleid; in Wirklichkeit sind diese
Splitter Diamanten. Er hat sie zu sich kommen lassen, die Gräfin, und jetzt
sieht sie ihn unter ihren schweren Lidern an, sie sieht über ihre lange
Plantagenet-Nase hinweg auf ihn herab, und ihre Begrüßung fliegt eishell in den
Raum hinaus. »Cromwell.« Nur das.
    Sie kommt sofort zur Sache.
»Die Prinzessin Mary. Warum muss sie das Haus in Essex aufgeben?«
    »Mylord Rochford möchte es
nutzen. Es ist gutes Jagdland, wissen Sie. Mary soll in den Haushalt ihrer königlichen
Schwester in Hatfield eintreten. Dort wird sie ihre eigenen Bediensteten nicht
benötigen.«
    »Ich biete an, die Kosten für
meinen Platz in ihrem Haushalt persönlich zu übernehmen. Sie können mich nicht
daran hindern, ihr zu dienen.«
    Das wollen wir mal sehen. »Ich
bin lediglich Diener der Wünsche des Königs, und Sie, nehme ich an, sind ebenso
darauf bedacht wie ich, dass sie ausgeführt werden.«
    »Das sind die Wünsche der
Konkubine. Wir glauben nicht, die Prinzessin und ich, dass es die Wünsche des
Königs sind.«
    »Sie müssen Ihren Glauben
erweitern, Madam.«
    Von ihrem Sockel sieht sie auf
ihn herab: Sie ist Clarence' Tochter, die Nichte des alten Königs Edward. Zu
ihrer Zeit knieten Männer wie er, um mit Frauen wie ihr zu sprechen. »Ich war
im Gefolge Katherines, der Königin, an dem Tag, als sie verheiratet wurde. Für
die Prinzessin bin ich eine zweite Mutter.«
    »Jesus Christus, Madam,
glauben Sie wirklich, dass sie zwei braucht? Die eine, die sie hat, wird sie
noch umbringen.«
    Sie starren sich an, über einen
Abgrund hinweg. »Lady Margaret, wenn ich Ihnen raten darf... die Loyalität
Ihrer Familie ist zweifelhaft.«
    »Das sagen Sie. Zur Strafe
trennen Sie mich von Mary. Wenn Sie wirklich Material genug haben, um mich
anzuklagen, dann schicken Sie mich doch mit Elizabeth Barton in den Tower.«
    »Das wäre gänzlich gegen die
Wünsche des Königs. Er achtet Sie, Madam. Ihre Abstammung, Ihr hohes Alter.«
    »Er hat keine Beweise.«
    »Im Juni letzten Jahres, kurz
nach der Krönung der Königin, speisten Ihr Sohn Lord Montague und Ihr Sohn
Geoffrey Pole mit Lady Mary. Kaum zwei Wochen später speiste Montague dann noch
einmal mit ihr. Ich frage mich, worüber sie gesprochen haben.«
    »Tun Sie das wirklich?«
    »Nein«, sagt er lächelnd. »Der
Junge, der den Spargel auftrug, das war mein Junge. Der Junge, der die
Aprikosen schnitt, war auch meiner. Sie sprachen über den Kaiser, über die
Invasion und wie man ihn dazu bringen könnte. Sie sehen also, Lady Margaret,
dass Ihre gesamte Familie meiner Nachsicht viel zu verdanken hat. Ich baue
darauf, dass sie es dem König mit zukünftiger Treue zurückzahlen werden.«
    Er sagt nicht: Ich
beabsichtige, Ihre Söhne gegen Ihren Unruhe stiftenden Bruder im Ausland
einzusetzen. Er sagt nicht: Ich habe Ihren Sohn Geoffrey auf meiner
Gehaltsliste. Geoffrey Pole ist ein unbeherrschter, labiler Mann. Man weiß
nicht, wohin er geht. Er hat ihm dieses Jahr vierzig Pfund gezahlt, um den
Cromwell-Weg zu gehen.
    Die Gräfin schürzt die Lippen.
»Die Prinzessin wird ihr Zuhause nicht sang- und klanglos verlassen.«
    »Mylord Norfolk beabsichtigt,
nach Beaulieu zu reiten, um sie über die veränderten Umstände zu informieren.
Sie könnte sich ihm natürlich widersetzen.«
    Er hatte dem König geraten,
Mary ihren Lebensstil als Prinzessin zu belassen und keine Abstufung vorzunehmen.
Geben Sie Marys Vetter, dem Kaiser, keinen Grund für einen Krieg.
    Henry hatte gebrüllt: »Werden
Sie zur Königin gehen und ihr

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